Wirbelsturm
die finnische Fahne gesehen?«
»Nein, das war Ali – wie hast du ihn genannt? Rekowsky?«
»Rákóczy.«
»Er hat sie erkannt. Tut mir leid.« Pettikin warf Erikki einen Blick zu. »Was will er von dir?«
»Das weiß ich nicht, aber er will mich bestimmt für die Sowjets einspannen.« Erikki stieß eine Verwünschung aus. »Wir verdanken ihm also unser Leben?«
»Ja«, gab Pettikin zu. »Allein hätte ich es nicht geschafft.« Er sah sich um. Rákóczy war hellwach, Azadeh döste vor sich hin. Er wandte sich wieder nach vorn: »Azadeh scheint in Ordnung zu sein.«
»Nein, Charlie«, widersprach Erikki. »Der heutige Tag war für sie schrecklich. Sie hat gesagt, daß sie Dorfbewohnern körperlich noch nie so nahe war. Heute hat sie das wahre Gesicht des Irans, die Realität ihres Volkes kennengelernt – und man hat sie gezwungen, den Tschador anzulegen.« Er fröstelte wieder. »Sie haben ihre Seele vergewaltigt. Damit hat sich für sie, für uns, alles geändert Sie wird sich zwischen ihrer Familie und mir entscheiden müssen: der Iran oder das Exil. Sie wollen uns nicht hier haben. Es ist an der Zeit, Charlie, daß wir alle von hier verschwinden.«
»Nein, du irrst dich. Vielleicht ist es für dich und Azadeh anders, aber sie brauchen immer noch Erdöl, und deshalb auch Helis. Wir haben noch ein paar gute Jahre vor uns. Die Nachfolgeverträge von Guerney und …« Er verstummte, weil ihm jemand auf die Schulter klopfte, und sah sich um. Er konnte nicht hören, was Rákóczy sagte, deshalb nahm er die Kopfhörer ab. Azadeh war aufgewacht. »Was ist?«
»Benützen Sie den Funk nicht, Captain! Und machen Sie sich bereit, am Stadtrand an einer Stelle zu landen, die ich Ihnen angebe.«
»Ich brauche eine Landeerlaubnis.«
»Seien Sie nicht komisch! Eine Landeerlaubnis von wem? Die dort unten sind viel zu beschäftigt. Der Internationale Flugplatz von Teheran wird belagert, genau wie Doschan Tappeh und Galeg Morghi. Hören Sie auf mich, und landen Sie, nachdem Sie mich abgesetzt haben, auf dem kleinen Flugplatz Rudrama.«
»Ich muß mich melden. Das Militär besteht darauf.«
Rákóczy lachte spöttisch. »Das Militär? Und was wollen Sie melden? Daß Sie in der Nähe von Qazvin ohne Erlaubnis gelandet sind, sich an der Ermordung von fünf oder sechs Zivilisten beteiligt und zwei Fremde mitgenommen haben, die auf der Flucht waren – auf der Flucht vor wem? Vor dem Volk.«
Pettikin wandte sich entschlossen ab und wollte den Sender einschalten, aber Rákóczy lehnte sich vor und schüttelte ihn grob. »Wachen Sie auf! Es gibt kein Militär mehr. Die Generäle haben Khomeini den Sieg zugestanden. Das Militär existiert nicht mehr – die Generäle haben nachgegeben.«
Sie starrten ihn verständnislos an. Der Hubschrauber schwankte, und Pettikin korrigierte hastig. »Wovon reden Sie eigentlich?«
»Gestern abend haben die Generäle alle Truppen in die Kasernen zurückbeordert. Die Truppen aller Waffengattungen. Sie haben sich Khomeini und seiner Revolution gebeugt. Zwischen Khomeini und der Volksmacht steht keine Armee und keine Polizei mehr – das Volk hat gesiegt.«
»Das ist doch nicht möglich«, sagte Pettikin.
»Nein«, stimmte Azadeh verängstigt zu. »Mein Vater hätte es gewußt.«
»Abdullah der Große?« fragte Rákóczy höhnisch. »Er weiß es inzwischen – falls er noch am Leben ist.«
»Das ist nicht wahr.«
»Es wäre möglich, Azadeh«, mischte Erikki sich ein. »Das würde erklären, warum wir weder Polizei noch Truppen gesehen haben, und warum die Leute sich so feindselig verhalten haben.«
»Das würden die Generäle nie tun«, widersprach sie schwach, dann wandte sie sich an Rákóczy: »Es wäre doch für die Generäle und für Tausende andere reiner Selbstmord. Sagen Sie die Wahrheit, bei Allah!«
»Der Iran befindet sich in den Händen von Khomeini, seinen Mullahs und seinen Wächtern der Revolution.«
»Das ist eine Lüge.«
»Wenn es wahr ist, dann ist es aus mit Bachtiar«, stellte Pettikin fest.
»Dieser Schwächling hat nie richtig angefangen.« Rákóczy lachte. »Ayatollah Khomeini hat den Generälen heillose Angst eingejagt, und jetzt wird er ihnen obendrein noch die Kehle durchschneiden.«
»Dann wäre der Krieg zu Ende.«
»Ja, der Krieg«, bemerkte Rákóczy dunkel. »Für einige.«
Erikki forderte ihn heraus: »Und wenn Ihre Informationen stimmen, dann ist er auch für Sie zu Ende – für die Tudeh und die Marxisten. Khomeini wird Sie alle
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