Wirbelsturm
erklären sich bereit, das ganze Tier zu kaufen, halten sich aber dann nicht an die Abmachung, nehmen nur das Steak und überlassen dem Partner den restlichen Kadaver.« Er drückte seine halbgerauchte Zigarette aus und zündete die nächste an. »Hier in diesem Büro hat kurz vor dem Tod von Kasusaka-san eine Sitzung des gesamten Vorstands stattgefunden, bei dem Yoshi Gyokotomo, der Vorsitzende des Syndikats, persönlich anwesend war. Kasusaka-san machte alle darauf aufmerksam, daß die iranische bürokratische Verschleppungstaktik und die Schikanen die Fertigstellung verzögern und zu einer wesentlichen Kostenüberschreitung führen würden. Ich habe es mit eigenen Ohren gehört, aber die iranischen Partner überstimmten ihn, erklärten dem Vorsitzenden, daß alles wieder in Ordnung gebracht würde, daß Kasusaka-san weder den Iran noch die Art, wie man im Iran solche Angelegenheiten regelt, verstehe.« Watanabe starrte auf das Ende seiner Zigarette. »Kasusaka-san hat seine Warnung Gyokotomo-sama gegenüber vertraulich wiederholt, ihn gebeten, sich in acht zu nehmen und ihm einen schriftlichen, detaillierten Bericht überreicht.«
Kasigis Gesicht wurde undurchdringlich. »Waren Sie bei diesem Gespräch anwesend?«
»Nein, aber er hat mir erzählt, was er gesagt hat, und daß Gyokotomo-sama den Bericht entgegengenommen und erklärt habe, er würde ihn persönlich auf höchster Ebene in Teheran und in Japan zur Sprache bringen. Aber es ist nichts geschehen, Kasigi-san. Nichts.«
»Wo ist die Kopie des Berichts?«
»Es gibt keine. Am nächsten Tag hat Gyokotomo vor seiner Abreise nach Teheran befohlen, daß alle Kopien vernichtet werden.« Er hob wieder die Schultern. »Chefingenieur Kasusaka und ich waren und sind dafür verantwortlich, daß die Raffinerie gebaut wird, ganz gleich, welche Probleme sich dabei stellen, aber wir dürfen uns in die Angelegenheiten des Konsortiums nicht einmischen.« Watanabe zündete wieder an der halbgerauchten Zigarette die nächste an, inhalierte tief, drückte die erste aus. Lieber hätte er den Aschenbecher, den Schreibtisch, das Gebäude und die ganze Anlage in die Luft gejagt – und dazu diesen Eindringling Kasigi, der es wagte, ihn zu verhören, der von nichts eine Ahnung, nie im Iran gearbeitet hatte und seine Position in der Gesellschaft nur der Verwandtschaft mit den Todas verdankte. »Im Gegensatz zu Chefingenieur Kasusaka«, fügte er unendlich sanft hinzu, »habe ich Kopien aller meiner Berichte aufbewahrt.«
»So ka ?« Kasigi bemühte sich, sachlich zu klingen.
»Ja«, sagte Watanabe. Und Kopien dieser Kopien an einem sehr sicheren Ort, dachte er grimmig, während er einen dicken Ordner aus seiner Aktentasche zog und auf den Tisch legte. Nur für den Fall, daß du mich für deine Fehler verantwortlich machen willst. »Wenn Sie wünschen, können Sie sie gern lesen.«
»Danke.« Kasigi mußte sich beherrschen, um nicht sofort nach der Akte zu greifen.
Watanabe strich sich müde über die Stirn. Er hatte sich beinahe die ganze Nacht auf diese Besprechung vorbereitet. »Sobald wieder normale Zustände eingekehrt sind, wird die Arbeit rasch voranschreiten. Wir haben 80 Prozent der Anlage fertiggestellt. Ich bin sicher, daß wir die Produktion pünktlich aufnehmen können – das steht in allen meinen Berichten. Außerdem habe ich ihnen den Verlauf der Sitzung, in der Kasusaka-san mit den Partnern zusammengekommen ist, sowie sein Gespräch mit Gyokotomo-sama geschildert.«
»Was für eine Lösung schlagen Sie Iran-Toda vor?«
»Es wird erst eine geben, wenn die Lage sich wieder normalisiert hat.«
»Sie ist bereits normal, Sie haben doch die Rundfunkmeldung gehört.«
»Ich habe sie gehört, Kasigi-san, aber für mich bedeutet normal, daß die Regierung Bazargan alles in der Hand hat.«
»Das wird innerhalb weniger Tage der Fall sein. Ihre Lösung?«
»Sehr einfach: Wir suchen neue Partner, die kooperieren, sorgen für die erforderliche Finanzierung, und in einem Jahr, nicht einmal in einem Jahr, beginnen wir mit der Produktion.«
»Können wir die Partner wechseln?«
Watanabes Stimme wurde genauso hart wie sein Mund. »Die alten Partner waren alle vom Vorstand bestellt oder genehmigt, daher waren sie Leute des Schahs, daher sind sie verdächtig und sogenannte Feinde des Volkes. Seit Khomeinis Rückkehr haben wir keinen von ihnen gesehen und von keinem etwas gehört. Angeblich sind sie alle geflüchtet, aber …« Watanabe zuckte mit den Achseln. »Ich
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