Wirbelsturm
Iran.«
»Es hat sich von Anfang an um ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Iran gehandelt.«
»Mit dem Schah, nicht mit dem iranischen Volk«, erwiderte Muzadeh. Hinter ihm begannen die jungen Revolutionswächter zu murmeln.
»Das stimmt, Mr. Muzadeh.« Watanabe ließ sich nicht einschüchtern, er hatte in den letzten Monaten zu viele derartige Auseinandersetzungen erlebt. »Aber wir sind Japaner. Iran-Toda wird von japanischen Arbeitern mit größtmöglicher Unterstützung durch iranische Arbeiter erbaut und zur Gänze mit japanischem Geld finanziert …«
»Das hat nicht …«
»Ja, das wissen wir«, übertönte die Stimme des Ayatollahs den anderen, »und Sie sind im Iran willkommen. Die Japaner sind nicht wie die gemeinen Amerikaner oder die hinterhältigen Briten. Aber jetzt müssen wir neue Abkommen für die künftigen Operationen treffen. Unsere Leute werden hierbleiben und Fragen stellen. Bitte, arbeiten Sie mit ihnen zusammen! Sie haben nichts zu befürchten. Wir sind genauso wie Sie daran interessiert, daß die Anlage in Betrieb geht. Ich heiße Ischmael Ahwazi und bin der Ayatollah dieses Gebiets.« Er stand auf. »Wir kommen in vier Tagen wieder.«
»Wir haben andere Befehle«, begann Muzadeh auf Persisch. Aber der Ayatollah war bereits gegangen. Muzadeh stand auf und verließ mit seinen Männern ebenfalls den Raum.
Als sie endlich allein waren, zog Kasigi sein Einstecktuch heraus und wischte sich die Stirn ab. Takeo war sprachlos. Watanabe wühlte in seinen Taschen nach Zigaretten, aber die Packung war leer. Takeo kam zu sich, lief zu einer Schublade, fand eine Packung, öffnete sie und bot sie Watanabe an.
»Danke, Takeo.« Watanabe setzte sich. »Sie können jetzt gehen.« Er sah Kasigi an. »Es geht also wieder los.«
»Ja.« Kasigi nickte. »Das ist die beste Nachricht, die wir bekommen konnten.«
Watanabe blickte ihn an.
»Was ist?« fragte Kasigi.
»Ich habe nicht gemeint, daß die Arbeit wieder losgeht, Kasigi-san«, antwortete der Chefingenieur mit Nachdruck. »Der neue Vorstand wird nicht besser sein als der alte, sondern schlechter. Bei den bisherigen Partnern hat das unvermeidliche Pischkesch alle Türen geöffnet, und man wußte, woran man war. Aber bei diesen Fanatikern, diesen Dilettanten?« Watanabe fuhr sich gereizt mit der Hand durch das Haar.
»Der Ayatollah hat also gelogen?« Kasigis gute Laune war wie weggeblasen.
»Nein. Dieser arme Irre glaubt, was er sagt, aber es wird nichts geschehen. Die Polizei und die SAVAK haben Abadan und dieses Gebiet noch in der Hand – die Einwohner bestehen hauptsächlich aus Arabern, also Sunniten, keinen schiitischen Iranern. Ich meine, daß das Morden weitergehen wird.« Watanabe schilderte die Auseinandersetzung, welche die beiden Männer auf Persisch geführt hatten. »Es wird jetzt schlimmer werden, weil beide Gruppierungen die Macht anstreben.«
»Diese Barbaren wollen Khomeini nicht gehorchen? Wollen die Waffen nicht abliefern?«
»Die Linken, zu denen Muzadeh offensichtlich gehört, werden mit Hilfe der Sowjets den Kampf fortsetzen, denn die Russen haben am Iran schon immer Interesse – nicht wegen des Öls, sondern wegen der Straße von Hormus. Denn wenn sie die Meerenge beherrschen, haben sie den Westen in der Hand – und Japan. Von mir aus können der Westen, die USA und die übrige Welt zum Teufel gehen, aber wir müssen einen Krieg beginnen, wenn die Straße für unsere Schiffe gesperrt wird.«
»Natürlich bin ich Ihrer Meinung.« Auch Kasigi war gereizt. »Wir alle wissen das. Natürlich bedeutet es Krieg – solange wir vom Öl abhängig sind.«
»Ja.« Watanabe lächelte grimmig. »Zehn Jahre, nicht mehr.«
»Ja.« Beide Männer wußten um die ungeheuren Anstrengungen Japans, die in offenen und geheimen Forschungsprojekten unternommen wurden, um alternative Energiequellen zu entwickeln, durch die Japan autark werden würde. Das nationale Projekt. Die neuen Energiequellen: die Sonne und das Meer. »Zehn Jahre, nur zehn Jahre.« Kasigi war selbstsicher. »Wir brauchen zehn Jahre Frieden und freien Zugang zum US-Markt, dann …«
Ein Feuerstoß vor dem Gebäude unterbrach ihn. Einen Augenblick lang rührte sich keiner der beiden, dann rannten sie zum Fenster. Vier Stockwerke unter ihnen standen der Ayatollah und Muzadeh auf der Treppe. Vor ihnen zielte ein einzelner Mann in der Mitte eines Halbkreises von Bewaffneten mit einer automatischen Waffe auf sie. Die übrigen Revolutionswächter befanden sich bei
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