Wirbelsturm
kann es nicht überprüfen, wenn ich keinen Fernschreiber, kein Telefon, keine Transportmittel besitze. Ich bezweifle, daß die Haltung der ›neuen‹ Partner anders sein wird.«
Kasigi nickte und blickte wieder zum Fenster hinaus, ohne etwas wahrzunehmen. Es ist leicht, Iraner, Tote, Geheimsitzungen und vernichtete Berichte für alles verantwortlich zu machen. Vorsitzender Yoshi Gyokotomo hat nie ein Zusammentreffen mit Kasusaka oder einen schriftlichen Bericht erwähnt. Warum sollte Gyokotomo ein so wichtiges Schriftstück unterschlagen? Es ist lächerlich, weil er und seine eigene Firma genauso gefährdet sind wie wir. Warum? Wenn Watanabe die Wahrheit spricht und seine Berichte dies beweisen, warum?
Während Watanabe Kasigi beobachtete, versteinerte sich dessen Miene, weil er die Antwort gefunden hatte: Die ungeheure Kostenüberschreitung und das Versagen der Leitung des Iran-Toda-Komplexes in Verbindung mit dem katastrophalen weltweiten Preisverfall bei Schiffsfrachten würde Hiro Toda persönlich das Genick brechen und uns für eine Übernahme reif machen. Übernahme durch wen? Natürlich durch Yoshi Gyokotomo, durch diesen Emporkömmling, diesen ehemaligen Bauern, der uns haßt, weil wir edle Nachkommen von Samurais sind.
Dann hatte Kasigi das Gefühl, als würde sein Gehirn explodieren. Natürlich von Yoshi Gyokotomo, den auch noch unsere Erzfeinde, die Mitsuwari Industries, unterstützen und ermutigen. Gyokotomo wird zwar hier ein Vermögen verlieren, aber MITI wird ihm helfen, seinen Anteil am Verlust zu verschmerzen. Sie werden die richtigen Hände schmieren, die Firma aufteilen und ihr mit gütiger Erlaubnis das richtige Management verpassen. Und mit den Todas werden ihre Verwandten, die Kasigis und die Kayamas, abserviert. Ich könnte genausogut tot sein.
Soll jetzt ausgerechnet ich die entsetzlichen Neuigkeiten nach Hause bringen? Watanabes Berichte werden nichts beweisen, denn Gyokotomo wird natürlich alles abstreiten, mich vernichten, weil ich ihn beschuldige, und laut hinausposaunen, daß Watanabes Berichte die jahrelange schlechte Führung durch Hiro Toda schlüssig beweisen. Ich komme also auf jeden Fall in Schwierigkeiten. Ob mich Hiro Toda absichtlich in diese ausweglose Situation manövriert hat? Vielleicht will er mich durch einen seiner Brüder oder Neffen ersetzen …
In diesem Augenblick klopfte es, und die Tür flog auf. Watanabes junger Assistent stürzte verzweifelt herein und entschuldigte sich wortreich.
»Was ist geschehen?« unterbrach ihn Watanabe.
»Ein Komitee trifft ein, Watanabe-san, Kasigi-sama. Sehen Sie!« Der kreidebleiche junge Mann zeigte auf die Fenster an der Vorderfront des Gebäudes. Kasigi erreichte sie als erster. Vor dem Haupttor stand ein Lastwagen voller Revolutionäre, dem andere Lastautos und Personenwagen folgten. Bewaffnete sprangen heraus und blieben in Gruppen stehen.
Scragger näherte sich ihnen, blieb kurz stehen und ging dann weiter auf das Haupttor zu, wurde jedoch zur Seite gewunken, als ein großer Mercedes vorfuhr. Ihm entstieg ein kräftiger Mann in schwarzem Gewand, der einen schwarzen Turban trug und einen weißen Bart hatte. Ein wesentlich jüngerer Mann in hellem Anzug und offenem Hemd begleitete ihn. Beide trugen Brillen. Watanabe sog scharf die Luft ein.
»Wer ist das?« fragte Kasigi.
»Das weiß ich nicht, aber ein Ayatollah bedeutet immer Unannehmlichkeiten. Mullahs tragen weiße, Ayatollahs schwarze Turbane.« Die von einem halben Dutzend Wächtern umgebenen Männer betraten das Gebäude. »Bringen Sie sie hierher, Takeo, aber ehrerbietig!« Der junge Mann rannte davon. »Wir haben bis jetzt nur einmal von einem Ayatollah Besuch gehabt, und zwar vergangenes Jahr nach dem Brand in Abadan. Er hat unser iranisches Personal zusammengerufen, ihnen drei Minuten lang einen Vortrag gehalten und ihnen dann in Khomeinis Namen befohlen zu streiken. Damit haben unsere Schwierigkeiten angefangen. Nur wir Ausländer haben seither weitergemacht, so gut es ging.«
»Und was jetzt?« fragte Kasigi.
Watanabe zuckte mit den Achseln, trat zu einem Tisch, ergriff ein gerahmtes Foto von Khomeini, das Kasigi nicht bemerkt hatte, und hängte es an die Wand. »Nur aus Höflichkeit«, meinte er mit spöttischem Lächeln. »Setzen wir uns! Sie erwarten von uns Förmlichkeit. Bitte, setzen Sie sich ans Kopfende!«
»Nein, Watanabe-san, Sie sind hier der Chef, ich bin nur ein Besucher, bitte.«
»Wie Sie wünschen.« Watanabe setzte sich an seinen
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