Wirbelsturm
Gefühl, daß es im Iran keine Zukunft mehr für sie gab.
Zu seiner Überraschung war der Tower-Raum leer. Seit der Meuterei am Sonntag hatte sich hier ständig ein Posten aufgehalten. Major Changiz hatte ihm mitgeteilt, daß er nur während des Tages und auch dann nur das absolut Notwendige senden dürfe. Bei dieser Gelegenheit erkundigte sich Ayre nach dem Funker Massil und erfuhr, daß er noch verhört wurde – wegen seiner Zugehörigkeit zur PLO und seiner Aktivitäten.
Einen Tag später hatte Changiz Ayre mitgeteilt, daß Massil gestanden habe und erschossen worden sei. Der arme Teufel, dachte Ayre, als er die Tür hinter sich zuzog und den Sender einschaltete. Massil verhielt sich uns gegenüber immer loyal. Er war so froh, daß er hier arbeiten konnte.
Ayre wartete, bis das Hochfrequenzgerät und die anderen Apparate warm wurden. Ihr Summen beruhigte ihn etwas, und das Flackern der roten und grünen Lämpchen gab ihm das Gefühl, von der Welt nicht mehr ganz so abgeschnitten zu sein.
Er griff nach dem Sendeschalter und hoffte, daß McIver oder jemand anderer am Apparat sitzen würde. Da bemerkte er, daß er aus Gewohnheit auch das Radar eingeschaltet hatte. Er beugte sich hinüber, um es abzustellen, aber in diesem Augenblick erschien am äußeren Rand – in der Zwanzig-Meilen-Zone – ein kleiner Impuls im Nordwesten, kaum sichtbar, da der Empfang wegen der Berge gestört war. Ayre beobachtete ihn genau und gelangte zu dem Schluß, daß es sich um einen Helikopter handeln mußte. Er überprüfte, ob alle Empfangsfrequenzen eingeschaltet waren. Als er wieder auf den Schirm blickte, verschwand das Signal. Ayre wartete. Es tauchte nicht mehr auf. Entweder ist die Maschine gelandet, abgeschossen worden, oder sie schleicht sich unterhalb des Radarnetzes durch, dachte er.
Die Zeit verging. Keine Veränderung, nur die kreisende, dicke, weiße Linie des Abtaststrahls. Keine Spur des Signals.
Er schaltete den Kurzwellensender ein, hob schon das Mikrophon an die Lippen, zögerte aber dann und schaltete wieder ab. Wozu soll ich die Jungs im Tower der Basis darauf aufmerksam machen, dachte er. Falls dort überhaupt jemand am Gerät sitzt. Er zeichnete mit einem weichen roten Fettstift den vermutlichen Kurs ein, falls die Maschine landen wollte. Die Minuten vergingen. Er hätte auf den Nahbereich umschalten können, unterließ es aber für den Fall, daß das Signal von keinem einfliegenden Hubschrauber stammte, sondern von einem, der ihr Gebiet nur überquerte.
Jetzt müßte sie noch acht bis zehn Kilometer entfernt sein, überlegte er. Ayre griff nach dem Feldstecher und begann den Himmel abzusuchen. Als er leichte Schritte auf der Treppe vernahm, schaltete er das Radar aus. »Captain Ayre?« Ein junger Iraner in Luftwaffenuniform, mit dem üblichen US-Karabiner in der Hand, stand vor ihm.
»Ja.«
»Ich bin Sergeant Wazari, Ihr neuer Fluglotse.« Der Mann lehnte den Karabiner an die Wand, und sie schüttelten sich die Hände. »Ich bin bei der amerikanischen Luftwaffe drei Jahre lang ausgebildet worden und habe sogar sechs Monate am Van-Nuys-Flughafen gearbeitet.« Er musterte die Einrichtung. »Einen netten Laden haben Sie hier.«
»Ja, ja, … äh, danke.« Nervös nestelte Ayre an der Umhängeschnur des Feldstechers herum. Es dauerte etwas, bis er das Fernglas endlich weglegen konnte. »Was ist denn da los am Van-Nuys-Flughafen?«
»Das ist ein klitzekleiner Landestreifen im San-Fernando-Valley bei Los Angeles, aber einer der verkehrsreichsten Flugplätze der Vereinigten Staaten. Er wird hauptsächlich von Privatfliegern benützt, die noch naß hinter den Ohren sind. Meistens kreisen 20 auf einmal über dem Flugplatz, davon acht im Landeanflug.« Er lachte. »Zum Lernen großartig, aber nach sechs Monaten dreht man durch.«
Ayre lächelte gezwungen. Er mußte sich überwinden, nicht weiter den Himmel abzusuchen. »Hier ist es ziemlich ruhig, auch wenn alles normal ist. Wie Sie wissen, gibt es zur Zeit keine Abflüge – ich fürchte, Sie werden hier nichts zu tun haben.«
»Das weiß ich. Ich wollte mich nur mal umsehen.« Er zog eine Liste aus der Tasche und reichte sie Ayre. »Um acht Uhr früh haben Sie drei Flüge für die umliegenden Bohrtürme, stimmt das?« Er griff automatisch nach einem Lappen, wischte den roten Streifen vom Radarschirm und fuhr damit auch noch über die Schreibtische. Der rote Fettstift wurde zu den übrigen gelegt. Ayre betrachtete die Liste. »Hat Esvandiari diese
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