Wirbelsturm
daß Ayre keine Schuld daran trug, wußte er auch, daß er ein Blutbad angerichtet haben würde, wenn Ayre ihm nicht gehorcht und den Mullah sowie den Verräter Peschadi nicht zur Gerichtsverhandlung geflogen hätte. Ich habe den Soldaten, den Peschadi ermordet hat, nicht vergessen, auch nicht alle anderen Soldaten, die ermordet wurden, als Peschadi uns zurückschlug und Hunderte starben, darunter mein Bruder und meine beiden besten Freunde. Ich habe keinen von ihnen vergessen.
Er gewann seine Selbstbeherrschung wieder und erinnerte sich an die Wichtigkeit seiner Aufgabe. »In Ordnung. Lassen wir es dabei bewenden.«
Er stand auf. Müde war er jetzt, aber auch stolz darauf, wie er sie untergekriegt hatte, und überzeugt, daß er die Fremden dazu bringen würde, sich ordentlich zu benehmen und zu arbeiten, bis man sie auswies. Es dauert nicht mehr lange, dachte er. Es wird mir nicht schwerfallen, den Langzeitplan der Partner in Kraft treten zu lassen. Ich bin Valiks Meinung. Wir haben genügend iranische Piloten und brauchen keine Fremden. Ich darf diese Operation leiten, denn zum Glück war Valik im geheimen immer ein Anhänger Khomeinis. Bald werde ich ein großes Haus in Teheran besitzen, und meine beiden Söhne werden dort die Universität besuchen.
»Ich bin morgen früh um neun wieder hier.« Er schloß die Tür nicht, als er hinausging.
»Verdammt«, murmelte Ayre. Dann fiel ihm etwas ein, und er ging ins Vorzimmer. Pavoud und die übrigen standen an den Fenstern. »Pavoud!«
»Ja, Exzellenz?«
Das Gesicht des Mannes war aschgrau und sah viel älter aus als sonst. »Wußten Sie, daß die Generäle aufgegeben haben?«
»Nein, Exzellenz.« Pavoud war daran gewöhnt zu lügen. Im Moment beschäftigten ihn andere Sorgen. Verzweifelt versuchte er sich zu erinnern, ob er in den letzten drei Jahren einen Fehler begangen, sich Esvandiari gegenüber verraten hatte. Es wäre ihm nicht im Traum eingefallen, daß der Mann im geheimen ein Revolutionswächter war. »Es gab zwar Gerüchte über ihre Kapitulation, aber Sie wissen ja, wieviel geredet wird.«
»Ja, da haben Sie recht.«
»Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich setze?« Pavoud, der sich plötzlich uralt fühlte, tastete nach einem Stuhl. Er schlief seit einer Woche schlecht, und der drei Kilometer lange Marsch von dem kleinen Haus in Kowiss, in dem er mit der Familie seines Bruders lebte, war ihm an diesem Morgen schwerer gefallen als sonst. Natürlich hatten alle Bewohner von Kowiss gewußt, daß die Generäle zu Kreuz gekrochen waren. Die Nachricht kam aus der Moschee, der Mullah Hussain verkündete sie und behauptete, daß er es durch einen geheimen Funkspruch aus Khomeinis Hauptquartier in Teheran erfahren hatte. Also mußte es wahr sein.
Ihr Tudeh-Führer hatte sofort eine Versammlung einberufen, auf der sie alle verblüfft über die Feigheit der Generäle diskutierten. »Das beweist nur den schlechten Einfluß der Amerikaner. Die haben sie verraten und dazu gebracht, daß sie aufgeben und sich damit selbst umbringen. Denn natürlich werden sie alle sterben, sei es durch uns oder durch diesen Wahnsinnigen Khomeini.«
Alle waren fest entschlossen gewesen, hatten aber zugleich Angst vor dem bevorstehenden Kampf gegen die Eiferer und die Mullahs gehabt. Pavoud atmete erleichtert auf, als ihnen der Führer den Auftrag gab, in Deckung zu bleiben und zu warten, bis der Befehl zur allgemeinen Erhebung eintraf. »Es ist ungeheuer wichtig, Genosse Pavoud, daß du mit den ausländischen Piloten auf der Basis ein gutes Einvernehmen herstellst. Wir werden sie und ihre Helikopter brauchen, oder zumindest verhindern müssen, daß die Feinde des Volkes sie benützen. Wir sollten uns jetzt ruhig verhalten, warten und Geduld haben. Wenn wir dann gegen Khomeini auf die Straße gehen, werden unsere Freunde und Verbündeten im Norden mit ihren Streitkräften die Grenze überschreiten …«
Pavoud merkte, daß Ayre ihn beobachtete. »In Ordnung, Captain, nur macht mir das alles Sorgen … diese neue Ära.«
»Sie tun einfach, was Esvandiari befiehlt.« Ayre überlegte kurz. »Ich gehe jetzt in den Tower und teile der Zentrale mit, was sich ereignet hat. Geht es Ihnen bestimmt gut?«
»Ja, ganz bestimmt, danke.«
Ayre runzelte die Stirn, ging dann jedoch durch den Korridor und die Treppe hinauf. Die überraschende Veränderung Esvandiaris, der jahrelang liebenswürdig und freundlich gewesen war, hatte ihn aus der Fassung gebracht. Zum ersten Mal hatte er das
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