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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Dienerschaft stündlich zu berichten wußte: Noch mehr Generäle waren erschossen worden. Es gab viele neue Verhaftungen. Die aufgebrachte Menge hatte die Gefängnisse gestürmt. Westliche Hotels waren angezündet oder geschlossen worden. Bazargan hatte die Regierung übernommen, im Süden standen die Mudjaheddin in offener Rebellion, im Norden die Kurden. Aserbeidschan hatte seine Unabhängigkeit erklärt, die Nomadenstämme der Kaschkai und Bachtiaren das Joch Teherans abgeworfen. Alle hatten die Waffen niedergelegt, keiner hatte sie niedergelegt. Ministerpräsident Bachtiar war gefangen und erschossen worden oder in die Berge oder in die Türkei oder nach Amerika geflüchtet. Präsident Carter hatte Khomeinis Regierung anerkannt. Sowjetische Truppen sammelten sich an der Grenze, um einzumarschieren. Breschnew war auf dem Weg nach Teheran, um Khomeini zu beglückwünschen. Von amerikanischen Truppen unterstützt, war der Schah in Kurdistan gelandet; nein, er war im Exil gestorben. Dann waren sie zum Lunch bei Scharazads Eltern im Hause Bakravan nahe dem Basar, aber erst nachdem Scharazad darauf bestand, sie müsse den Tschador anziehen, obwohl sie den Tschador haßte und alles, was er symbolisierte. In dem großen Haus gab es noch mehr Gerüchte, aber positive, also keine Angst und absolute Zuversicht. Es herrschte Überfluß wie immer und wie in ihrem Elternhaus eine lächelnde Dienerschaft. Allah sei für den Sieg gedankt! Jetzt, da der Basar wieder geöffnet und alle ausländischen Banken geschlossen seien, hatte Jared Bakravan ihnen gutgelaunt auseinandergesetzt, werde das Geschäft wieder florieren so wie vor den gottlosen Gesetzen, die der Schah erlassen hatte.
    Nach dem Essen waren sie in Scharazads Wohnung zurückgekehrt. Zu Fuß. Im Tschador. Alles ging zunächst problemlos, die Männer verhielten sich respektvoll. Im Basar drängten sich die Menschen, aber es gab erschreckend wenig zu kaufen, obwohl jeder Händler von einem Überangebot von Waren zu berichten wußte, die nur darauf warteten, mit Lastwagen oder Zügen angeliefert oder auf dem Luftweg eingeflogen zu werden; in den Häfen stauten sich angeblich die Frachter, die mit Gütern aller Art beladen waren. Tausende drängten sich auf den Straßen mit Khomeinis Namen auf den Lippen; es waren fast nur bewaffnete Männer, alte Leute waren kaum unterwegs. Statt der Polizei regelten in einigen Bezirken hezbollahis pedantisch und ungeübt den Verkehr, oder sie standen mit finsterer Miene herum. Zwei von Soldaten gelenkte Panzer rumpelten vorbei, vollgepackt mit Revolutionswächtern und Zivilisten, die den jubelnden Fußgängern zuwinkten.
    Dennoch waren alle unter dem Anstrich des Entzückens verkrampft und nervös, vor allem Scharazad und Azadeh hinter ihren Schleiern. Einmal, als sie um eine Ecke bogen, sahen sie plötzlich eine Gruppe Jugendlicher, die eine dunkelhaarige, westlich gekleidete Frau umringten. Sie verhöhnten und beschimpften sie und machten dabei obszöne Gesten. Mehrere entblößten sich vor ihr. Die Frau war Mitte 30 und dezent gekleidet, sie hatte lange Beine und das dunkle Haar unter einem kleinen Hut versteckt. Ein Mann, offensichtlich ein Ausländer, drängte sich durch die Menge, um ihr zu Hilfe zu kommen, und schrie, daß sie Engländerin sei und daß man sie in Frieden lassen solle.
    Aber die Burschen beachteten ihn nicht, stießen ihn zur Seite und belästigten nach wie vor die Frau. Sie war vor Schreck wie gelähmt.
    Für Scharazad und Azadeh gab es keine Möglichkeit mehr, der Menge auszuweichen, die schnell anwuchs und sie einschloß; sie waren also gezwungen zuzusehen. Schließlich kam ein Mullah und ersuchte die Menge weiterzugehen. Die beiden Ausländer forderte er dringend auf, sich an die islamischen Bräuche zu halten. Als Azadeh und Scharazad endlich wieder daheim waren, fühlten sie sich todmüde und beschmutzt.
    Müßig beobachtete Azadeh nun in der Wanne, wie die Luftblasen platzten. Dann setzte sie sich einen Augenblick auf und verstrich den Schaum auf ihren Brüsten und Schultern. »Ist es nicht sonderbar, Scharazad, aber heute war ich froh, daß ich den Tschador anhatte – diese Männer waren so schrecklich.«
    »Männer auf der Straße sind immer schrecklich, liebste Azadeh.« Scharazad öffnete die Augen und betrachtete ihre Freundin, die golden glitzernde Haut, die stolzen Brustwarzen. »Du bist so schön, liebste Azadeh.«
    »O danke, aber die Schöne bist du.« Azadeh legte ihre Hand auf den Bauch ihrer

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