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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Freundin und streichelte sie. »Meine kleine Mama.«
    »Oh, ich hoffe es so sehr!« Scharazad seufzte, schloß wieder die Augen und gab sich der wohligen Wärme hin. »Ich kann mir kaum vorstellen, Mutter zu werden. Noch drei Tage, und ich weiß es sicher. Wann wollt ihr euch Kinder anschaffen?«
    »In ein, zwei Jahren.« Mit ruhiger Stimme wiederholte Azadeh die Lüge, die sie schon so oft aufgetischt hatte. Sie war ständig in Angst, sie könnte unfruchtbar sein. Es war immer der gleiche Alptraum, der sie peinigte. Hatte jene Abtreibung damals ihr die Möglichkeit genommen, Kinder zu bekommen? Zwar hatte sich der deutsche Arzt bemüht, ihre Befürchtungen zu zerstreuen, aber … Wie hatte ich nur so dumm sein können?
    Ganz einfach. Ich war verliebt. Ich war so schrecklich verliebt. Nein, nicht in Erikki, für den ich gern mein Leben opfern würde. Mit Erikki ist alles wahr und endgültig und leidenschaftlich und sicher. Mit meinem blauäugigen Johnny war es wie ein Traum. Wo bist du jetzt, was machst du immer? Wen hast du geheiratet? Wie viele Herzen hast du gebrochen, so wie du meines gebrochen hast, Liebling? In jenem Sommer hatte er in Rougemont gewohnt, dem Ort in der Nähe des Pensionats, in dem sie war, um Deutsch und Französisch zu lernen. Scharazad war schon in den Ferien, als sie den jungen Engländer kennengelernt hatte. Auf der Terrasse eines Hotels hatte sie sich von der Sonne braten lassen, während sie die herrliche Aussicht auf Gstaad genossen. Er war neunzehn, sie seit drei Tagen siebzehn, und den ganzen Sommer über wanderten sie durch das Oberland, durch die Wälder und hinauf in die Berge; sie schwammen in den Seen, spielten über den Wolken und liebten sich.
    »Tut mir leid«, sagte er dann im Herbst, »ich muß an die Universität zurück, aber zu Weihnachten bin ich wieder da.« Er kam nicht zurück. Und lange vor Weihnachten wußte sie, daß sie schwanger war. Kummer und Sorge suchten sie heim, wo sie doch eigentlich glücklich hätte sein sollen. Sie hatte entsetzliche Angst, man würde es im Pensionat erfahren, denn dann hätte man ihre Eltern benachrichtigt. In der Schweiz erschien ihr eine Abtreibung zu riskant, und so ging sie über die Grenze nach Deutschland, wo sie einen verständnisvollen Arzt fand. Keine Schmerzen, keine Unannehmlichkeiten, nur das kleine Problem, genügend Geld aufzutreiben. Immer noch liebte sie ihren Johnny. Am Ende des Schuljahrs ging sie dann heim nach Teheran. Irgendwie hatte es die Stiefmutter herausgefunden, wahrscheinlich war ihre Schwester Najoud die Verräterin; schließlich ist sie es gewesen, die ihr das Geld geliehen hatte. Dann erfuhr es auch der Vater.
    Wie einen aufgespießten Schmetterling hatte man sie gehalten, ein Jahr lang. Dann kamen Verzeihung und Frieden – eine Art Frieden. Sie hatte gebeten, an die Universität in Teheran gehen zu dürfen. »Ich erlaube es, vorausgesetzt, du schwörst bei Allah: keine Affären, bedingungsloser Gehorsam, und du heiratest nur, wen ich auswähle«, hatte der Khan gefordert.
    Die Beste ihres Jahrgangs war sie gewesen. Dann hatte sie gebeten, in das Iranische Unterrichtskorps eintreten zu dürfen; ihr war alles recht, wenn sie nur aus dem väterlichen Palast entfliehen konnte. »Ich stimme zu, daß du Lehrerin wirst, aber nur auf unserem Land. Wir haben hier genug Dörfer, um die du dich kümmern kannst.«
    Viele Männer in Teheran wollten sie heiraten, aber ihr Vater, der sich ihrer schämte, wies alle ab. Und dann war Erikki gekommen.
    »Und wenn dieser Fremde, dieser arme Schlucker, dieser ordinäre, ungehobelte, Geister anbetende Kerl, der kein Wort Persisch oder Türkisch spricht, der nichts von unseren Bräuchen, unserer Geschichte weiß oder wie man sich in kultivierter Gesellschaft benimmt, dessen einzige Talente darin bestehen, riesige Mengen von Wodka in sich hineinzugießen und einen Hubschrauber zu fliegen – wenn der herausfindet, daß du keine Jungfrau mehr bist, daß du besudelt und vielleicht für immer verdorben bist?«
    »Ich habe es ihm schon gesagt«, gestand sie unter Tränen. »Und auch, daß ich ohne deine Erlaubnis nicht heiraten kann.«
    Dann dieser Überfall auf den Palast, bei dem ihr Vater beinahe getötet worden wäre – oh, wie oft hatte sie ihn sich schon tot gewünscht! –, und Erikki, der wie ein Racheengel aus den alten Geschichtenbüchern auftauchte. Heiratserlaubnis, wieder ein Wunder. Erikkis Verständnis, ein Wunder mehr.
    Aber ich habe immer noch kein Kind. Der

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