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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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öffneten und schlossen sich wieder. Aus dem Inneren kam eine Gewehrsalve. Die hezbollahis gähnten und räkelten sich.
    Mit Sonnenaufgang riefen die Muezzins von den Minaretten zum Gebet. Meist wurden die auf Tonband aufgenommenen Stimmen von Lautsprechern übertragen. Wo immer ihre Rufe gehört wurden, unterbrachen die Rechtgläubigen, was immer sie gerade taten, wandten sich gen Mekka und knieten zum ersten Gebet nieder.
    Ein Stück die Straße hinunter hatte Jared Bakravan den Wagen halten lassen. Zusammen mit seinem Fahrer und den anderen kniete er nieder und betete. Er hatte einen Großteil der Nacht damit verbracht, sich mit seinen Freunden in Verbindung zu setzen. Die Nachricht von Paknouris rechtswidriger Verhaftung und seiner eigenen rechtswidrigen Vorladung hatte sich wie ein Lauffeuer im Basar verbreitet. Alle waren empört, aber es fand sich keiner, der die aufgebrachte Menge zu einem Protest, einem Streik oder zur Schließung des Basars vereint hätte. An Ratschlägen fehlte es nicht: Er solle hei Khomeini persönlich protestieren oder bei Ministerpräsident Bazargan; er solle nicht vor Gericht erscheinen; er solle erscheinen, aber sich weigern, Fragen zu beantworten; er solle erscheinen und einige Fragen beantworten; er solle erscheinen und alle beantworten. Wie es Allah gefällt. Aber keiner erbot sich, ihn zu begleiten, nicht einmal sein guter Freund, der bedeutendste Rechtsanwalt Teherans, der alle Eide schwor, es wäre wichtiger, bei den Richtern des Obersten Gerichtshofs zu intervenieren. Nur seine Frau, sein Sohn und seine drei Töchter waren mitgekommen und beteten jetzt auf ihren eigenen Gebetsteppichen hinter ihm.
    Schwankend erhob er sich, nachdem er sein Gebet beendet hatte. Sogleich begann der Fahrer, die Gebetsteppiche wieder einzusammeln. Jared fröstelte. Er hatte sich sorgfältig angekleidet und trug einen dicken Mantel und einen Anzug, aber keinen Schmuck. »Von hier gehe ich zu Fuß«, sagte er.
    »Nein, Jared«, erwiderte seine Frau mit tränenerstickter Stimme, ohne auf das Gewehrfeuer in der Ferne zu achten. »Es ist besser, so anzukommen, wie das von einer bedeutenden Persönlichkeit erwartet wird. Bist du nicht der angesehenste Bazaari in Teheran? Zu Fuß zu gehen wäre mit deiner Position unvereinbar.«
    »Ja, du hast recht.« Er setzte sich in den Fond des Wagens. Es war ein großer blauer Mercedes, neu und gut gepflegt. Seine Frau, eine füllige Matrone, deren teure Frisur unter einem Tschador verhüllt war, der auch ihren langen braunen Nerz bedeckte, setzte sich neben ihn und ergriff seinen Arm; die Tränen zogen schwarze Streifen durch ihr Make-up. Auch ihr Sohn Meschang hatte Tränen in den Augen. Seine Töchter, unter ihnen auch Scharazad, trugen alle den Tschador. »Ja, ja, du hast recht. Allahs Fluch auf die Revolutionäre!«
    »Mach dir keine Sorgen, Vater«, sagte Scharazad. »Allah wird dich schützen. Die revolutionären Richter folgen den Befehlen des Imam, und der Imam den Befehlen Allahs.« Sie klang so zuversichtlich, sah aber dabei so niedergeschlagen aus, daß er zu sagen vergaß, sie solle Khomeini nicht als ›Imam‹ bezeichnen.
    »Ja«, antwortete er, »es ist natürlich alles ein Irrtum.«
    »Ali Kia hat mir auf den Koran geschworen, Ministerpräsident Bazargan würde mit dem ganzen Unsinn aufräumen«, bemerkte seine Frau. »Er hat mir geschworen, gestern abend noch zu ihm zu gehen. Die entsprechenden Anweisungen sind vermutlich schon im … dort angelangt.«
    Er selbst hatte Ali Kia unmißverständlich wissen lassen, daß es ohne Paknouri kein Darlehen geben könne. Sollte er selbst in Schwierigkeiten kommen, würde der ganze Basar revoltieren, und man würde alle Zahlungen einstellen – an Khomeini, an die Mullahs und an Ali Kia persönlich. »Ali wird mich nicht enttäuschen«, sagte er grimmig. »Das wird er nicht wagen. Ich weiß zuviel über sie alle.«
    Der Wagen hielt vor dem Haupttor. Jared Bakravan nahm seinen ganzen Mut zusammen. »Es wird nicht lange dauern.«
    »Allah schütze dich. Wir warten hier.« Seine Frau küßte ihn, die anderen folgten ihrem Beispiel, es gab noch mehr Tränen, und schließlich stand er vor den hezbollahis. »Salaam«, sagte er, »ich bin als Zeuge vor das Gericht von Mullah Ali'allah Uwari geladen.«
    Der Anführer der Wächter nahm das Papier entgegen, warf einen Blick darauf – obwohl er es verkehrt herum hielt – und gab es dann einem anderen, der lesen konnte. »Der ist vom Basar«, sagte der, »Jared

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