Wirbelsturm
standen in den kleinen Augen in seinem schwammigen Gesicht. »Das Essen ist schrecklich, das Gefängnis ist schrecklich … und ich habe Magengeschwüre, und dieser Hundesohn von einem Beamten, er will nicht verstehen, daß ich Schonkost brauche …«
Auf der anderen Seite entstand eine Bewegung, und die Tür sprang auf. Ein halbes Dutzend hezbollahis betraten den Raum und bahnten sich mit ihren Gewehren einen Weg durch die Menschen. Hinter ihnen umringten weitere Wächter einen Luftwaffenoffizier. Mit erhobenem Haupt, die Arme auf den Rücken gebunden, die Uniform in Fetzen, schritt er stolz durch den Saal. Bakravan stockte der Atem. Es war Oberst Peschadi, der Kommandant der Luftwaffenbasis Kowiss – ebenfalls ein Vetter.
Auch andere erkannten den Oberst. Sein siegreicher Feldzug gegen Dhofar im südlichen Oman war damals in aller Munde gewesen. »Ist das nicht der Held von Dhofar?« fragte einer ungläubig.
»Ja, das ist er.«
»Allah schütze uns. Wenn sie schon einen Mann wie ihn verhaften …« Ungeduldig stieß einer der Wächter Peschadi in den Rücken, um ihn zur Eile anzutreiben. Sogleich wollte der Oberst zurückschlagen, wobei seine Handschellen ihn aber behinderten. »Du Hundesohn!« brüllte er wütend. »Ich gehe, so schnell ich kann. Verbrennen soll dein Vater!« Der hezbollahi fluchte zurück und stieß ihm den Kolben seines Gewehrs in den Magen. Der Oberst verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Er stieß noch immer Verwünschungen gegen seine Schergen aus, als sie ihn brutal hochrissen und hinaus auf den Platz zwischen den Mauern zerrten. Er stieß Verwünschungen gegen Khomeini und die falschen Mullahs aus und rief schließlich: »Lang lebe der Schah! Es gibt nur einen Allah und …« Kugeln brachten ihn zum Schweigen. Im Wartesaal herrschte gespenstische Stille. Einige wimmerten. Ein Greis erbrach sich. Andere flüsterten miteinander, viele begannen zu beten, und Bakravan war nun sicher, daß er von einem Alptraum geplagt wurde. Die stinkende Luft war kalt, aber ihm kam es vor, als stecke er in einem Ofen und müsse ersticken. Sterbe ich? fragte er sich hilflos und riß sich den Hemdkragen auf. Dann berührte ihn jemand, und er schlug die Augen auf. Einen Augenblick lang wußte er nicht, wo er war. Er lag auf dem Boden, und der kleine Mann beugte sich besorgt über ihn. »Geht es Ihnen wieder besser?«
»Ja, ja, ich denke schon.«
»Sie haben das Bewußtsein verloren, Exzellenz. Geht es Ihnen wirklich besser?«
Hände halfen ihm auf seinen Platz. Mit matter Stimme dankte er ihnen. »Wissen Sie«, flüsterte ihm der Mann mit den Magengeschwüren zu, »das ist wie die Französische Revolution, Guillotine und Terror. Aber wie kann das unter Ayatollah Khomeini passieren, das ist es, was ich nicht begreife.«
»Er weiß es nicht«, erklärte der kleine Mann verängstigt. »Er kann es gar nicht wissen. Ist er denn nicht ein Mann Allahs, fromm und der gelehrteste aller Ayatollahs?«
Bleierne Müdigkeit überkam ihn. Er lehnte sich an die Wand und döste vor sich hin.
Einige Zeit später rüttelte ihn eine derbe Hand wach. »Bakravan, du bist dran! Komm!«
»Ja, ja«, murmelte er und kam schwankend auf die Beine. Er erkannte Yusuf, den Anführer der hezbollahis, die gestern in den Basar gekommen waren. Er taumelte ihm nach, in einen Gang hinaus, Stufen hinauf, durch einen anderen ungeheizten Gang, vorbei an Wächtern und anderen, die ihn seltsam anstarrten. »Wohin bringen Sie mich?«
»Spar deine Kräfte, du wirst sie noch brauchen.«
Yusuf blieb vor einer Tür stehen, öffnete sie und schob ihn hinein. Der Raum war klein und vollgestopft mit Männern. In der Mitte stand ein Schreibtisch mit einem Mullah und vier jungen Männern an seiner Seite. Auf dem Schreibtisch lagen Papiere und ein großer Koran. An den Wänden lümmelten einige hezbollahis.
»Jared Bakravan, der Bazaari, der Geldverleiher«, meldete Yusuf. Der Mullah blickte von der Liste auf, die er studiert hatte. »Ach, Bakravan. Salaam.«
»Salaam, Exzellenz«, erwiderte Bakravan mit schwacher Stimme. Der Mullah war etwa 40 Jahre alt. Er hatte schwarze Augen und einen schwarzen Bart, trug einen weißen Turban und eine abgewetzte Robe. Die Männer neben ihm waren ungefähr 20 Jahre alt, unrasiert oder bärtig und ärmlich gekleidet. »Wie … wie kann ich Ihnen helfen?« fragte Bakravan, bemüht, ruhig zu erscheinen.
»Ich bin Ali'allah Uwari, vom Islamischen Revolutionären Komitee als Richter eingesetzt, und
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