Wirbelsturm
gegangen, zu Picknicks und sogar ins Kino! Das Leben mit ihrem Mann hatte ihr einst hübsches Gesicht gezeichnet. Wie es Allah gefällt, aber es ist ungerecht, dachte sie zornig, einfach ungerecht. Wir werden verhungern. Wer wird schon die Frau eines toten Mullahs unterstützen?
Ali, ihr ältester Sohn, ein kleiner Junge von sechs Jahren, hockte vor der Tür dieser einfachen Hütte neben der Moschee und verfolgte aufmerksam jede Bewegung seines Vaters. Eingehüllt in eine alte Kommißdecke, schliefen seine kleinen Brüder, zwei und drei Jahre alt, auf der Strohmatte auf dem Lehmboden. In der Hütte befanden sich ein grober Holztisch mit zwei Bänken, ein paar Schüsseln und Töpfe, die große Matratze und eine kleine aus alten Teppichen. Eine Öllampe. Weißgetünchte Lehmwände. Ein Wasserhahn, der manchmal funktionierte. Fliegen und Insekten. Und in einer Nische, Mekka zugewandt, ein abgegriffener Koran.
Es war noch früh, der Tag noch frostig und bewölkt. Hussain hatte bereits zum Morgengebet in die Moschee gerufen und dann sein Gewehr sorgfältig gereinigt und geölt. Jetzt ist es so gut wie neu, dachte er befriedigt, bereit, noch mehr von Allahs Werk zu tun. Die AK 47 ist sehr viel besser als die M 14; einfacher, robuster und genauso treffsicher aus der Nähe! Diese dummen Amerikaner! Da produzieren sie ein Infanteriegewehr, das furchtbar kompliziert ist und treffsicher bis zu 1.000 Metern, aber gekämpft wird meistens aus der Nähe, höchstens bis 300 Meter Entfernung. Die AK 47 könnte man den ganzen Tag durch den Schlamm ziehen, und trotzdem würde sie noch ihre Aufgabe erfüllen: töten. Tod allen Feinden Allahs!
In Kowiss hatte es schon Zusammenstöße gegeben zwischen hezbollahis und den marxistischen Islamiten und anderen Linken, und noch mehr in Gach Saran, einer nahegelegenen Stadt im Nordwesten mit einer Ölraffinerie. Gestern, nach Einbruch der Dunkelheit, hatte er seine hezbollahis gegen eines der konspirativen Häuser der Tudeh geführt. Die Zusammenkunft war von einem Mitglied in der Hoffnung auf Gnade verraten worden. Aber es würde keine Gnade geben. Der Kampf war kurz und blutig gewesen. Elf Tote. Bis jetzt waren die Tudeh noch nicht in voller Stärke auf den Plan getreten, aber für morgen nachmittag hatte man eine Massendemonstration angekündigt zur Unterstützung einer Tudeh-Kundgebung in Teheran. Die Konfrontation war bereits vorprogrammiert. Beide Seiten wußten das. Viele werden sterben, dachte er grimmig.
»Hier«, sagte sie und reichte ihm den heißen, süßen, schwarzen Kaffee, den einzigen Luxus, den er sich gönnte – außer an Freitagen und an anderen Feiertagen und natürlich im heiligen Monat Ramadan, in dem er gern auf den Kaffee verzichtete.
»Ich danke dir, Fatima«, sagte er höflich. Nachdem er hier Mullah geworden war, hatten seine Eltern sie für ihn ausgesucht. Sein Mentor, der Ayatollah Isfahani, hatte ihm aufgetragen, sie zu heiraten, und er hatte gehorcht.
Die Ehe hatte ihn nicht von seinem Weg abgebracht, obwohl er es von Zeit zu Zeit genoß, mit ihr zu schlafen. Aber seinen Frieden fand er dabei nicht. Ich werde meinen Frieden erst im Paradies finden, erst dann, und das wird bald sein. Dem Himmel sei Dank, daß mir der Name des Imam Hussain, des Herrn der Märtyrer, gegeben wurde, des zweiten Sohnes des Imam Ali, dem vor 1.300 Jahren bei der Schlacht von Karbala das große Martyrium zuteil wurde. Wir werden ihn nie vergessen, dachte Hussain. Erregt durchlebte er noch einmal die Schmerzen des Aschura, des zehnten Tages des Muhrarram. Nur wenige Wochen lag der Jahrestag jenes Martyriums zurück, der Schiiten heiligster Trauertag. Noch wies sein Körper die Spuren auf. Wie schon in den vergangenen zwei Jahren war er wieder in Qom gewesen, um mit 10.000 anderen Iranern an den Aschura-Prozessionen, den Reinigungsprozessionen, teilzunehmen. Sie hatten sich gepeitscht, um sich an das göttliche Martyrium zu erinnern, hatten sich mit Peitschen und Ketten und scharfen Haken gezüchtigt.
Er hatte viele Wochen gebraucht, um zu genesen, um ohne Schmerzen aufstehen zu können. Wie es Allah gefällt, dachte er stolz. Der Schmerz bedeutet nichts, diese Welt bedeutet nichts. Ich habe Peschadi auf der Luftwaffenbasis gestellt, habe die Basis übernommen und Peschadi in Ketten nach Isfahan gebracht, wie man es mir befohlen hat. Und jetzt, heute, gehe ich zuerst noch einmal zur Basis, um die Fremden zu überprüfen und sie an die Kandare zu nehmen, sie und diesen Sunniten
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