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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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fliehen wollte.«
    Die Bürger hörten aufmerksam und kritisch zu und warteten. Alle wollten die Antwort auf die letzte Frage wissen: Was soll mit dem letzten Zeugen, dem Ungläubigen im Schulhaus, geschehen?
    Nitchak Khan strich sich über den Bart. Das half immer, wenn er schwierige Entscheidungen zu treffen hatte.
    »Es werden noch mehr hezbollahis kommen, magnetisch angezogen von den Flugmaschinen. Fremde stellen sie her, und Fremde fliegen sie zum Nutzen der Fremden, die das Öl aus unserem Land holen, zum Nutzen der uns feindlich gesinnten Teheraner und der Steuereinnehmer. Gäbe es keine Ölfelder, gäbe es auch keine Fremden und damit auch keine hezbollahis. Das ganze Land ist reich an Öl, unsere Bohranlagen sind jedoch schwer zu erreichen. Warum muß genau hier Öl gefördert werden?«
    Alle gaben ihm recht. Bedächtig paffte er seine Zigarette. Die Menschen betrachteten ihn vertrauensvoll. Er war ihr Vorsteher, der sie 18 Jahre lang durch gute und schlechte Zeiten geführt hatte. »Wenn sich also diese Fremden entschließen könnten, abzureisen«, fuhr er fort, »bezweifle ich sehr, ob andere Fremde herkommen wollen, um die Anlagen wieder instandzusetzen, die doch gewiß sehr rasch verfallen, ja sogar von Banditen beschädigt und geplündert werden. Man würde uns also in Frieden lassen. Ohne unseren guten Willen läuft nichts in unseren Bergen. Wir Kaschkai wollen frei sein und in Frieden und gemäß unseren alten Bräuchen leben. Darum müssen die Fremden fort – freiwillig. Und rasch. Das gleiche gilt für die Bohranlagen und alles, was fremde Hände errichtet haben.« Sorgfältig trat er seine Zigarette im Schnee aus. »Laßt uns anfangen! Brennen wir die Schule nieder!«
    Die Dorfbewohner gehorchten sogleich. Ein wenig Benzin und Brennholz genügten. Die Menschen warteten. Aber der Ungläubige kam nicht zum Vorschein, und auch als sie später Schutt und Asche durchsuchten, fanden sie keine Spur von ihm.

32
    In der Nähe von Täbris: 11 Uhr 49. Erikki Yokkonen steuerte die 206 über den letzten Paß vor der Stadt. Nogger Lane saß neben ihm, Azadeh hinten. Sie trug eine dicke Fliegerjacke über ihrem Schianzug, aber in ihrer Reisetasche hatte sie einen Tschador. »Sicherheitshalber«, hatte sie gesagt. Erikki hatte auch ihr Kopfhörer besorgt.
    »Täbris 1, können Sie mich hören?« wiederholte er. Sie warteten. Keine Antwort, obwohl sie sich bereits im Frequenzbereich befanden. »Könnte unbesetzt sein oder auch eine Falle wie bei Charlie.«
    »Am besten, du siehst dich gut um, bevor du landest«, meinte Nogger, der sich unbehaglich fühlte.
    Der Himmel war klar, die Temperatur unter dem Nullpunkt, und auf den Bergen lag Schnee. Über Anweisung der Flugsicherung Teheran hatten sie ohne Schwierigkeiten bei einem Depot der IranOil in Bandar-e Ayatollah, dem früheren Bandar-e Pahlavi, aufgetankt. »Seit Khomeini die Dinge im Griff hat, ist die Flugsicherung zuvorkommend und der Flughafen wieder offen«, hatte Erikki gesagt und versucht, die Niedergeschlagenheit zu verjagen, die auf ihnen allen lastete.
    Azadeh war immer noch völlig verstört von der Nachricht über Emir Paknouris Hinrichtung wegen ›Verbrechen gegen den Islam‹ und der noch furchtbareren Nachrichten über Scharazads Vater. »Das ist Mord!« hatte sie entsetzt hervorgestoßen. »Welche Verbrechen könnte er begangen haben, wo er doch seit Jahren Khomeini und die Mullahs unterstützt hat?«
    Keiner wußte eine Antwort darauf. Die Familie war aufgefordert worden, die Leiche abzuholen, und trauerte nun um den Toten. Scharazad, wie wahnsinnig vor Kummer, hatte ihr Haus sogar vor Azadeh und Erikki verschlossen. Azadeh wollte Teheran nicht verlassen, aber Erikki hatte eine zweite Botschaft von ihrem Vater erhalten: ›Ich wünsche, meine Tochter dringend in Täbris zu sehen‹.
    Und nun waren sie fast schon daheim.
    Es war einmal ein Daheim, dachte Erikki. Jetzt bin ich nicht mehr so sicher. Nahe Qazvin hatte er die Stelle überflogen, wo seinem Range-Rover das Benzin ausgegangen war, und wo Pettikin und Rákóczy Azadeh und ihn vor der aufgebrachten Menge gerettet hatten. Der Range-Rover war nicht mehr da. Dann flogen sie über den elenden Ort, wo die Straßensperre gewesen und er den feistgesichtigen Mudjaheddin zerquetscht hatte, der ihre Papiere genommen hatte. Ein Wahnsinn, hierher zurückzukommen, dachte Erikki. »Mac hat recht«, hatte Azadeh ihn dringend gebeten. »Geh du nach Al Schargas. Laß Nogger mich nach Täbris und

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