Wirbelsturm
der Khan, und alle, vor allem aber Lochart, waren zufrieden. Um sich jedoch Zeit zum überlegen zu verschaffen, ob zwei Wochen nicht zu lange seien, fügte er hinzu: »Ich werde einen Boten losschicken und um eine Frist von zwei Wochen bitten lassen.«
Lochart erhob sich und dankte dem Khan überschwenglich. Zwei Wochen würden McIver genügen. Draußen schmeckte die Luft wie Wein. Dankbar füllte er mit ihr seine Lungen. Er war zufrieden mit der Art, wie er die heikle Verhandlung geführt hatte. »Salaam, Nitchak Khan, Friede sei mit Ihnen!«
»Und mit Ihnen.«
Gegenüber stand die Moschee, daneben die verbrannte Schule. Auf der anderen Seite erhob sich Nitchak Khans zweigeschossiges Haus, und in der Tür standen seine Frau, zwei seiner Kinder und noch ein paar Dorfbewohnerinnen, alle bunt gekleidet.
»Warum wurde die Schule niedergebrannt, Kalandar?«
»Ich hörte einen vom Komitee sagen: ›Wir sollten alles Fremde zerstören. Wir werden den Stützpunkt zerstören und alles, was er enthält. Wir brauchen keine Fremden hier, wir wollen keine Fremden.‹«
Lochart wurde das Herz schwer. Das ist es, was die meisten von euch glauben, wenn nicht gar alle, dachte er. Und das, obwohl viele von uns sich bemühen, ein Teil des Landes zu sein, eure Sprache zu sprechen, akzeptiert zu werden – vergeblich. Warum bleiben wir? Warum bemühen wir uns? Vielleicht aus dem gleichen Grund, der schon Alexander den Großen zum Bleiben veranlaßte, so daß er und Tausende seiner Offiziere in einer mächtigen Zeremonie Iranerinnen heirateten. Ein geheimer Zauber scheint in ihnen zu stecken, in ihnen und in ihrem Land, ein Zauber, dem auch ich verfallen bin.
Die Dorfbewohnerinnen, die um Nitchak Khans Gemahlin herumstanden, brachen plötzlich in schallendes Gelächter aus; offenbar hatte sie eine witzige Bemerkung gemacht.
»Es ist schön, wenn die Frauen glücklich sind, nicht wahr? Es ist Allahs Geschenk an die Männer«, bemerkte der Khan aufgeräumt, und Lochart nickte. Ein Geschenk Gottes, wie Scharazad es für mich ist, dachte er, und noch einmal stieg das Entsetzen der vergangenen Nacht in ihm auf, seine Angst, sie verloren zu haben an Wahnsinn und Bekümmernis. Er erinnerte sich, wie er sie geschlagen hatte, wo er doch nur ihr Glück ersehnte in dieser Welt und in der nächsten, wenn es sie gab.
»Es war mein Glück, daß Allah sie zu einem so guten Schützen gemacht hat, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Lochart, und hätte sich gleich darauf die Zunge abbeißen mögen. Er verwünschte sich, weil er seine Gedanken hatte schweifen lassen. Er sah die tückischen Augen auf sich gerichtet und fügte rasch hinzu: »Schütze? Ihre Gattin ist ein guter Schütze? Bitte verzeihen Sie mir, Exzellenz, ich habe Sie nicht ganz verstanden. Sie meinen mit einem Gewehr?«
Der alte Mann sagte nichts, sah ihn nur an und nickte nachdenklich. Lochart musterte den Platz und fragte sich, ob dies eine überlegte Falle gewesen war. »Ich habe gehört, daß viele Kaschkai-Frauen mit einem Gewehr umgehen können. Wie es scheint, hat Allah Euch mit vielen Segnungen bedacht.«
Nach einer kleinen Weile sagte Nitchak Khan: »Ich werde Sie morgen wissen lassen, wieviel Zeit das Komitee Ihnen zugesteht. Friede sei mit Ihnen.«
Auf dem Rückweg zum Stützpunkt legte sich Lochart noch einmal die Frage vor: Bin ich in eine Falle gestolpert? Wenn ihn nur der Stolz auf seine Frau zu dieser Bemerkung bewogen hat, dann sind wir vielleicht sicher – auch Scot. Jedenfalls haben wir jetzt Zeit gewonnen. Aber vielleicht gilt das nicht für Scot.
Die Sonne hatte den Teil des Plateaus, den Lochart überquerte, verlassen, und die Temperatur war rasch wieder unter den Nullpunkt gesunken. Die Kälte half ihm, seine Gedanken zu ordnen, aber nicht, seine Besorgnis zu zerstreuen oder seine Müdigkeit zu überwinden.
Eine Woche, zwei Wochen, oder nur ein paar Tage, viel Zeit ist das nicht, dachte er. In Teheran hat mir McIver von den Ausfuhrgenehmigungen für drei 212 erzählt. »… Nach Al Schargas, um dort repariert zu werden. Ich schicke eine von den deinen, eine von hier und eine aus Kowiss – und ab nach Nigeria! Aber behalte das um Himmels willen für dich. Hier sind die Papiere, sie sind für den nächsten Mittwoch ausgestellt. Ich finde, du solltest unbedingt mitfliegen und das Land verlassen, solange du noch kannst. Du bleibst in Al Schargas, dort gibt es genügend Piloten, welche die 212 weiterfliegen können.«
Er kam aus dem Wald und sah den
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