Wirbelsturm
Stützpunkt vor sich. Neben einer 212 warteten Scot und Jean-Luc auf ihn.
Ich werde Scot auf jeden Fall beim Überführungsflug einsetzen, dachte Lochart. Nachdem diese Entscheidung getroffen war, wurde ihm etwas leichter. Aber die große Frage ist doch: Räumen wir oder nicht? Um das zu entscheiden, mußt du beurteilen, wie weit du Nitchak Khan trauen kannst. Sehr weit nicht.
38
Zentrale des Inneren Sicherheitsrates: 18 Uhr 42. Es waren erst 23 Stunden seit Rákóczys Gefangennahme vergangen, aber schon hatten sie seinen Willen gebrochen, und er gab lallend die dritte Bewußtseinsstufe preis – die Wahrheit. Die ersten zwei Stufen waren aus Teilwahrheiten bestehende Legenden, wie sie von allen Berufsagenten eingeübt und wieder eingeübt werden, bis sie tief im Unterbewußtsein sitzen – in der Hoffnung, daß diese Teilwahrheiten die Vernehmer davon abhalten, noch tiefer zu bohren, weil sie glauben machen, daß bereits die ganze Wahrheit zutage gefördert wurde. Zu Rákóczys Pech aber waren seine Vernehmer Profis und sehr begierig, noch tiefer zu bohren. Ihr Problem dabei bestand lediglich darin, zu verhindern, daß er noch vorher an den Folterungen starb. Sein Problem hingegen war, wie er es anstellen sollte, schnell zu sterben.
Als er am Vorabend geschnappt worden war, hatte er sofort versucht, in die Spitze seines Kragens zu beißen, wo die Giftphiole eingenäht war – eine oft geübte scheinbare Reflexbewegung. Aber seine Häscher waren ihm zuvorgekommen und hatten ihm den Kopf nach hinten gerissen, während sie ihn chloroformierten. Dann hatten sie ihn sorgfältig entkleidet, seinen Mund nach einem Giftzahn und seinen After nach einer Kapsel untersucht.
Er hatte Schläge und bewußtseinsverändernde Drogen erwartet.
»Wenn sie Ihnen die verabreichen, sind Sie erledigt, Hauptmann Mzytryk«, hatte sein Lehrer gesagt. »Da können Sie dann nicht viel mehr tun, als alles daransetzen zu sterben, bevor Sie Geheimnisse verraten. Vergessen Sie nicht, daß wir Sie rächen werden. Es kann 50 Jahre dauern, aber wir kriegen die, die Sie verraten haben.«
Nicht erwartet hatte er das Ausmaß der Qualen, die sie ihm zugefügt, oder die unbeschreiblichen Dinge, die sie mit ihm gemacht hatten: Elektroden an seinen Eingeweiden, in den Ohren, der Nase, dem Mund, dem Mastdarm, auf seinen Hoden und Augäpfeln; dazu Drogen, um ihn einzuschläfern, ihn zu wecken, so daß nur Minuten zwischen Schlafen und Wachen, Wachen und Schlafen blieben, bis er jede Orientierung verloren hatte, bis alles von oben nach unten und von innen nach außen gekehrt war.
»Um Himmels willen, Haschemi«, hatte Robert Armstrong gesagt, »warum gibst du ihm nicht diese Wahrheitsdrogen? Du hast doch welche, nicht wahr? Wozu dieser ganze Scheiß?«
Oberst Haschemi Fazir hatte die Schultern gehoben. »Ein bißchen Grausamkeit ist gut für die Seele. Bei Allah, du hast die Akten gesehen, du hast gesehen, was der KGB mit einigen von den Unseren gemacht hat und mit solchen, die nicht einmal Spione waren.«
»Das ist keine Entschuldigung.«
»Wir brauchen seine Informationen schnell. Ich habe keine Zeit für deine verdrehten Moralbegriffe, Robert. Wenn du nicht bleiben willst, dann geh!« Armstrong war geblieben. Er hatte sich Watte in die Ohren gestopft, um die Schreie nicht hören zu müssen. Brutalität war ihm zuwider. Er wußte, daß er an Rákóczys Statt schon längst gestorben wäre.
Durch den Einwegspiegel beobachtete er die zwei Männer, die Rákóczy wieder in der Mangel hatten. Irgendwie tat er ihm leid. Schließlich war Rákóczy ein Profi wie er, ein tapferer Mann, der sich bis jetzt außerordentlich gut gehalten hatte. Plötzlich verstummten die Schreie, und Rákóczy lag regungslos da. Haschemi sprach in das Mikrophon, das mit den Kopfhörern der Männer unten in der Kammer verbunden war. »Ist er tot? Ich habe euch Idioten doch gesagt, ihr sollt vorsichtig sein.«
Der Angesprochene war Arzt. Ärgerlich hob er Rákóczys Lid und betrachtete seine Augen. Dann hörte er mit einem Stethoskop die Herztätigkeit ab. »Er lebt, Herr Oberst. Er … wir können weitermachen.«
»Gib ihm fünf Minuten, dann weck ihn! Und bringt ihn nicht um, bevor ich es sage.« Haschemi schaltete das Mikrophon aus und wandte sich mit leuchtenden Augen an Armstrong. »Er ist der beste, den wir je in die Finger bekommen haben, stimmt's? Er ist eine wahre Fundgrube.«
Rákóczy hatte seine zwei Legenden längst ausgespuckt, und dann seinen richtigen Namen
Weitere Kostenlose Bücher