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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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warten, bevor es irgendwo einen Platz gab. Nur Lastwagen blieben manchmal stehen, gegen Bezahlung.
    Ein solcher tuckerte an ihnen vorbei und verlangsamte das Tempo, als der Fahrer mit Azadeh auf gleicher Höhe war. »Warum denn zu Fuß gehen, wenn die, die müde sind, mit Allahs und Cyrus' Hilfe fahren können?« rief der Fahrer mit einem lüsternen Seitenblick nach ihr und stieß seinen Gefährten in die Rippen. Sie hatten schon seit einiger Zeit das Wiegen ihrer Hüften, das auch der Tschador nicht verbergen konnte, beobachtet. »Warum sollte eine Blume Allahs zu Fuß gehen, wenn sie es auf einem Lastwagen oder auf dem Teppich eines Mannes bequem haben könnte?«
    Sie sah erbost zu ihm hoch, stieß einen deftigen Fluch aus und rief zu Ross zurück: »Hör mal, Mann, dieser aussätzige Hundesohn hat es gewagt, mich zu beleidigen, und hat unzüchtige Reden gegen Allahs Gesetze geführt …« Ross stand schon neben ihr, und der Fahrer blickte in den Lauf seines Karabiners.
    »Exzellenz … ich habe nur gefragt, ob Sie … ob Sie beide mitfahren wollen …«, stieß der Fahrer angstvoll hervor. »Hinten ist Platz … wenn Seine Exzellenz mir die Ehre geben …«
    Der offene Lastwagen war zur Hälfte mit Alteisen beladen, aber das war immer noch besser, als zu Fuß zu gehen. »Und wohin geht die Fahrt?«
    »Nach Qazvin, Exzellenz. Würden Sie uns die Ehre erweisen?«
    Der Lastwagen blieb zwar nicht stehen, aber für Ross war es leicht, Azadeh über die Ladeklappe hinaufzuheben. Ihre Beine zitterten, sie war durchfroren und sehr nervös. Er nahm sie in seine Arme und hielt sie kurz fest.
    »O Johnny, wenn du nicht gewesen wärst.« Sie spürte seine Wärme.
    »Ist ja schon gut.« Qazvin? Das ist doch auf dem Weg nach Teheran? Natürlich!
    »Nach zwei oder drei Kilometern kommt die Abzweigung zum Stützpunkt«, sagte sie und erschauerte vor Kälte. »Rechts.«
    Ach ja, der Stützpunkt. Und Erikki. Noch wichtiger: Was ist mit Gueng? Vergiß diese Frau und denk mal scharf nach. Was willst du tun?
    »Wie ist denn das Terrain da oben?« fragte er sie.
    »Es ist ziemlich eben. Jetzt kommt bald unser Dorf, Abu-Mard, und dann wird das Gelände flach, eine Art bewaldetes Plateau. Von dort steigt die Hauptstraße weiter zum Paß hinauf.«
    »Wir könnten also nach dem Dorf absteigen und um den Wald herumgehen, um umgesehen zum Stützpunkt zu kommen. Wäre das möglich?«
    »Ja. Ich kenne die Gegend gut. Ich … ich habe in der Dorfschule unterrichtet und bin oft mit den Kindern spazierengegangen. Ich kenne die Wege.« Wieder zitterte sie.
    »Wenn du dich duckst, bist du vor dem Wind geschützt. Dann wird dir gleich wärmer sein.«
    Der alte Laster kämpfte sich die Steigung hinauf. Ross hielt Azadeh im Arm, und allmählich hörte sie auf zu zittern. Über der Heckklappe sah er einen Personenwagen näherkommen, der sie schnell überholte, gefolgt von einem Halbkettenfahrzeug in Tarnbemalung. Der Fahrer des Personenwagens hielt die Hand auf der Hupe. Der Laster hatte jedoch keinen Platz, um nach rechts auszuweichen, und so schwenkte der Personenwagen auf die Gegenfahrbahn und brauste weiter. Hoffentlich brecht ihr euch alle Knochen! dachte Ross, verärgert über den Lärm und die unglaubliche Dummheit. Da sah er, daß der Personenwagen voll bewaffneter Männer war. Auch auf der Ladefläche des Halbkettenfahrzeugs standen Bewaffnete und hielten sich an eisernen Pfosten fest. Während letzteres vorbeisauste, bekam er flüchtig einen menschlichen Körper zu sehen, der zwischen den Beinen der Männer lag. Zuerst dachte er, es wäre der Alte, den er unter den Lastwagen gestoßen hatte. Doch der war es nicht. Es war Gueng. Die Reste der Uniform waren nicht zu verkennen und auch nicht das kookri, das einer der Bewaffneten im Gürtel stecken hatte.
    »Was ist los, Johnny?«
    Er kauerte neben ihr, fühlte weder sie noch sonst etwas, nur daß er jetzt auch den zweiten seiner Gefährten verloren hatte. Seine Augen füllten sich mit Tränen.
    »Was ist denn, Johnny? Was hast du?«
    »Nichts. Es ist nur der Wind.« Er wischte sich die Tränen aus den Augen, kniete nieder und blickte geradeaus. Die Straße schlängelte sich in immer neuen Kurven den Berg hinauf, verschwand und erschien dann wieder. Jetzt konnte er schon das Dorf ausmachen. Dahinter wurde die Gegend flach, wie sie gesagt hatte. Der Personenwagen und das Halbkettenfahrzeug brausten durch das Dorf. Ross nahm sein Fernglas aus der Tasche und richtete es auf den Personenwagen.

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