Wirbelsturm
du die Papiere?«
»Von einem Mann namens Ali. Ich habe ihn nie zuvor …«
»Halt!« Scharf wie ein Rasiermesser durchschnitt das Wort die Stille, obwohl es leise ausgesprochen worden war. »Wenn du uns noch einmal anlügst, schnipple ich dir deine wunderhübsche Brustwarze ab und zwinge dich, sie zu fressen, Sayada Bertolin. Diese eine Lüge, sozusagen ein Versuch, ist dir verziehen. Tu es nie wieder! Sprich weiter!«
Angst strömte durch ihre Adern. »Der Name des Mannes ist Abdullah ben Ali Siba; er ist heute morgen mit mir in das alte Mietshaus bei der Universität gegangen. Er führte mich in eine Wohnung, und dort suchten wir, wie man es mir aufgetragen hatte.«
»Wer hat es dir aufgetragen?«
»Die Stimme. Die Stimme am Telefon. Ich kenne nur die Stimme des Mannes. Von Zeit zu Zeit ruft er mich an und erteilt mir besondere Aufträge.«
»Wie erkennst du ihn?«
»An seiner Stimme natürlich, und dann haben wir auch noch einen Code.« Bis auf die Stiefel war sie fertig angezogen. Der Revolver mit dem Schalldämpfer war immer noch auf sie gerichtet. »Der Code besteht darin, daß er während der ersten paar Worte des Gesprächs irgendwie den Vortag erwähnt.«
»Weiter.«
»Wir suchten unter den Fußbodendielen und fanden dort auch das Material: Briefe, Akten und ein paar Bücher. Ich stopfte alles in meine Tasche und ging in den Französischen Club. Aber weil mir der Henkel riß, ließ ich die Hälfte dort und kam hierher.«
»Wo hast du diesen Dimitri Yazernow getroffen?«
»Ich habe ihn nie getroffen. Mir wurde nur aufgetragen, mit Abdullah in diese Wohnung zu gehen, mich zu vergewissern, daß uns niemand folgt, die Papiere zu suchen und sie Teymour zu übergeben.«
»Warum gerade Teymour?«
»Ich habe nicht gefragt. Ich frage nie.«
»Sehr klug. Was … womit hat sich Teymour beschäftigt?«
»Das weiß ich nicht genau, nur … Er war Iraner und wurde als Iraner von der PLO ausgebildet, mehr weiß ich nicht.«
Sie zwang sich, weder auf das Bett noch auf diesen Mann zu sehen, der so viel wußte. Nach der Art der Fragen konnte es sich um Agenten der SAVAMA, des KGB, der CIA, der MI 6, Israelis, Syriens, Jordaniens, ja sogar um eine Extremistengruppe der PLO handeln, die Arafat nicht als ihren Führer anerkannte. Sie alle würden den Inhalt des Safes des Amerikanischen Botschafters in ihren Besitz bringen wollen.
»Wann kommt dein Liebhaber, der Franzose, zurück?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete sie prompt und ließ sich ihre Überraschung anmerken.
»Wo ist er jetzt?«
»Auf seinem Stützpunkt im Zagros-Gebirge. Auf Zagros 3.«
»Wo ist Lochart?«
»Auch auf Zagros 3, soviel ich weiß.«
»Wann kommt er in diese Wohnung zurück?«
»Ich glaube nicht, daß er jemals wieder hierher zurückkommt.«
»Und nach Teheran?«
So sehr sie sich dagegen wehrte, ihre Augen verirrten sich Richtung Bett. Ihr Blick fiel auf Teymour. Ihr Magen empörte sich, sie tastete sich nach der Toilette und erbrach sich. Der Mann beobachtete sie teilnahmslos. Er war den Anblick von Körpern gewöhnt, die ähnlich elementar auf Terror reagierten. Dennoch hielt er sie mit seinem Revolver auch weiterhin in Schach.
Sie spülte sich den Mund und bemühte sich, gegen die Übelkeit anzukämpfen. Und sie verwünschte Teymour, weil er so dumm gewesen war, die anderen wegzuschicken. Idiotisch! hätte sie herausschreien mögen, so idiotisch, wenn man von Feinden zur Rechten, zur Linken, ja überall umgeben ist. Als ob es mich schon jemals gestört hätte, in Gegenwart anderer mit einem Mann zu schlafen, solange die Tür zu ist.
Sie lehnte sich an das Waschbecken und betrachtete ihre Feinde.
»Zuerst fahren wir in den Französischen Club«, sagte der Mann. »Dort holst du den Rest des Materials und gibst ihn mir. Klar?«
»Ja.«
»Von nun an wirst du für uns arbeiten. Geheim. Einverstanden?«
»Habe ich eine andere Wahl?«
»Natürlich. Du kannst sterben. Auf eine häßliche Art.« Die Lippen des Mannes wurden noch dünner, und seine Augen glitzerten tückisch. »Und wenn du tot bist, suchen wir ein Kind namens Yassar Bialik.«
Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht.
»Gut, gut! Du erinnerst dich also an deinen Sohn, der bei der Familie deines Onkels in der Straße der Blumenhändler in Beirut wohnt?« Der Mann starrte sie an. »Du erinnerst dich?«
»Ja, natürlich«, stammelte sie. Unmöglich, dachte sie, wie können sie das von meinem kleinen Yassar wissen, wo nicht einmal mein Mann …
»Was geschah mit
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