Wirbelsturm
sein konnten, die HBC kapern zu lassen! Immer wieder habe ich über diese Nachlässigkeit Klage geführt. Keine Posten, keine Nachtwächter! Eine Million Dollar Schaden! Unersetzlich! Ich werde gegen die Luftwaffe wegen Fahrlässigkeit Klage erheben, weil …«
»Es war nicht unsere Schuld«, warf der Major zornig ein, aber McIver achtete nicht auf ihn, setzte seine Attacke fort und ließ ihm keine Chance. Das gleiche tat Lochart, der McIvers Tiraden in treffende iranische Worte und Redewendungen kleidete, die einem noch vernichtenderen Angriff auf die Unfähigkeit der Luftwaffe gleichkamen.
»… unglaubliche Nachlässigkeit – fast möchte ich von gezielter Niedertracht und geheimem Einverständnis mit anderen Offizieren sprechen. Vor der Nase angeblicher Gesetzeshüter schleicht sich da ein unbekannter Amerikaner in unseren Hangar, schnappt sich eine Maschine, bekommt Starterlaubnis und kann ungehindert dem großen iranischen Staat enormen Schaden zufügen. Unverzeihlich! Natürlich war es Verrat, vorausgeplant von ›unbekannten Personen im Offiziersrang‹, und ich muß darauf bestehen …«
»Wie können Sie es wagen, die …«
»Natürlich muß ein geheimes Einverständnis mit Offizieren der Luftwaffe bestanden haben! Wer beaufsichtigt denn die Basis? Wer schickt denn Informationen durch den Äther? Wer sitzt im Tower? Wir weisen der Luftwaffe die volle Verantwortung zu, und ich werde meine Beschwerde auf höchster Ebene der IranOil vorbringen und Wiedergutmachung fordern. Und nächste Woche … nächste Woche werde ich in aller Demut beim illustren Islamischen Revolutionären Komitee und dem Imam, Allah schütze ihn, persönlich um Entschädigung nachsuchen. Und jetzt, Exzellenz, wenn Sie uns entschuldigen wollen, werden wir uns um unsere Geschäfte kümmern. Friede sei mit Ihnen!«
Von Lochart gefolgt, ging McIver zur Tür.
»Warten Sie!« rief der Mullah.
»Ja, Exzellenz?«
»Wie erklären Sie es sich, daß der Verräter Valik ganz zufällig ein Teilhaber Ihrer Gesellschaft und Verwandter des Schah-Gefolgsmanns und Wucherers Bakravan war? Als er mit diesem Hubschrauber in Isfahan ankam, nahm er dort andere Verräter auf, einer davon war General Seladi, ebenfalls ein Verwandter von Jared Bakravan und Schwiegervater eines Ihrer dienstältesten Piloten?«
Mit ausgedörrter Kehle übersetzte Lochart diese verhängnisvollen Worte, aber McIver ging ohne Zögern zum Gegenangriff über: »Ich habe General Valik nicht in unseren Aufsichtsrat berufen. Den damals geltenden Gesetzen entsprechend wurde er von hochgestellten Iranern in die Vorstandsetage gehievt. Wir haben uns nicht um iranische Partner bemüht; sie wurden uns aufgedrängt. Das alles hat nichts mit mir zu tun. Und was den Rest angeht – Inscha'Allah, Allahs Wille!« Mit klopfendem Herzen öffnete er, von Lochart gefolgt, die Tür und stolzierte hinaus.
»Wir haben uns heute nicht zum letztenmal gesehen!« rief ihm der Major nach.
In der Nähe der Universität: 18 Uhr 07. Sie lagen nebeneinander auf Teppichen vor dem Holzfeuer, das hell den gemütlichen Raum erleuchtete. Scharazad und Ibrahim Kyabi. Sie berührten sich nicht, blickten nur ins Feuer und lauschten gedankenverloren der schönen modernen Musik, die aus dem Kassettengerät kam.
»Du Geschenk des Universums«, murmelte er. »Du mit den rubinroten Lippen, Atem wie Wein, Zunge des Himmels …«
»O Ibrahim!« Sie lachte. »Was ist denn mit dieser Himmelszunge?«
Er stützte sich auf einen Ellbogen, blickte auf sie hinab und dankte dem Geschick, das ihm erlaubt hatte, sie vor dem wahnsinnigen Eiferer bei der Frauendemonstration zu retten, dem gleichen Geschick, das ihn bald nach Kowiss führen würde, um dort den Mord an seinem Vater zu rächen. »Ich habe aus dem ›Rob ā'iā t‹ zitiert«, antwortete er lächelnd.
»Ich glaube dir kein Wort. Das hast du dir nur so ausgedacht.« Sie erwiderte sein Lächeln, wandte ihre Augen aber dann vor dem Feuer seines Blickes ab, um wieder in die Glutasche zu blicken.
Nach dem ersten Protestmarsch vor sechs Tagen hatten sie bis spät abends miteinander gesprochen, hatten über die Revolution geredet, Gemeinsamkeiten in der Ermordung ihres und seines Vaters gefunden. Beide waren sie Kinder der Einsamkeit. Ihre Mütter verstanden sie nicht, die sich mit Tränenfluten und Inscha'Allah- Ausrufen begnügten und von Rache nichts wissen wollten. Gleich ihrem Vaterland war auch ihrer beider Leben auf den Kopf gestellt: Ibrahim war kein
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