Wirbelsturm
Freitag.«
»Ist ja allerhand«, versetzte Talbot bewundernd. »Herzlichen Glückwunsch! Wie haben Sie es nur geschafft, diesen Schweinehunde Kia so unter Druck zu setzen, daß er Ihnen die Genehmigung erteilt hat? Sie müssen ihm den Zutritt zur königlichen Loge in Ascot auf Lebenszeit versprochen haben.«
»Nein, nein, nein, das nicht. Wir haben beschlossen, gar nicht erst um eine Genehmigung anzusuchen. Wäre ja nur eine Zeitverschwendung gewesen.« Er stand auf. »Also, auf bald!«
Talbot brachte den Mund nicht mehr zu. »Keine … Genehmigungen?«
»Nein. Sie wissen ja selbst, wie das laufen würde: Sie schnappen sich unsere Vögel, verstaatlichen sie und übernehmen den Laden. Sie können es nennen, wie Sie wollen, aber unter diesen Umständen haben wir keine Chance, Ausfluggenehmigungen zu erhalten – also fliege ich einfach los. Am Freitag machen wir uns aus dem Staub.«
»Ach, du grüne Neune!« Talbot schüttelte energisch den Kopf. »Das ist verdammt riskant!«
»Es gibt keine Alternative. Also, Mr. Talbot, das wär's. Einen schönen Tag noch wünsche ich. Andy wollte Sie warnen. Damit Sie tun können, was Sie wollen.«
»Und was zum Teufel wäre das?« explodierte Talbot.
»Woher soll ich das wissen?« McIver war ebenso wütend. »Sie sind doch dazu da, die Interessen Ihrer Landsleute zu wahren.«
»Aber Sie …«
»Ich lasse mich nicht einfach ausschalten, und mehr ist dazu nicht zu sagen.«
Talbots Finger trommelten nervös. »Jetzt brauche ich dringend eine Tasse Tee.« Er drückte auf den Knopf der Sprechanlage. »Zwei Tassen vom besten, Celia.« Seine Finger hörten auf zu trommeln und er lächelte McIver an. »Ich bin so froh, daß Sie mir nichts erzählt haben, alter Freund.«
»Ich auch.«
»Seien Sie versichert, sollte ich jemals hören, daß Sie im Kittchen sitzen – bei trocken Brot, wie man so sagt –, es wird mir ein Vergnügen sein, Sie im Auftrag der Regierung Ihrer Majestät zu besuchen und alles daran zu setzen, Sie vor den Folgen Ihres Fehltritts zu bewahren.« Er zog die Brauen hoch. »Schwerer Diebstahl! Du meine Güte! Aber ich wünsche Ihnen trotzdem viel Glück.«
In Azadehs Wohnung: 8 Uhr 10. Die alte Dienerin trug das schwere Frühstückstablett den Gang hinunter – vier weiche Eier, Toast, Butter und Marmelade, zwei Kaffeetassen aus kostbarem Porzellan, eine dampfende Kaffeekanne und Servietten aus feinster ägyptischer Baumwolle. Sie stellte das Tablett nieder und klopfte.
»Herein.«
»Guten Morgen, Gnädigste. Salaam.«
»Salaam«, gab Scharazad teilnahmslos zurück. Sie lag aufgestützt auf die vielen Kissen des Polsterbettes, und ihr Gesicht war von Tränen verquollen. Die Badezimmertür war halb offen, man hörte das Wasser laufen. »Du kannst es hier aufs Bett stellen.«
»Ja, Gnädigste.« Die alte Frau gehorchte. Mit einem Seitenblick zum Badezimmer verließ sie stumm den Raum.
»Frühstück, Tommy!« rief Scharazad und bemühte sich, heiter zu klingen. Da keine Antwort kam, zuckte sie mit den Achseln. Sie schniefte ein wenig und blickte auf, da Lochart ins Schlafzimmer kam. Er war rasiert und trug seine Winteruniform – Stiefel, Hose, Hemd und dicken Pullover. »Kaffee?« fragte sie mit zaghaftem Lächeln. Sie konnte sein starres Gesicht nicht ausstehen.
»Gleich«, sagte er, nicht eben begeistert. »Danke.«
»Ich habe alles so bestellt, wie du es gern hast.«
»Sieht gut aus. Du brauchst nicht auf mich zu warten.« Er ging zur Kommode hinüber und fing an, seine Krawatte zu binden.
»Es ist wirklich sehr nett von Azadeh, uns ihre Wohnung zur Verfügung zu stellen, solange sie fort ist, nicht wahr?« fragte sie ihn. »Ich finde es hier viel netter als daheim.«
»Das hast du damals nicht gesagt.«
»O Tommy, natürlich hast du recht! Aber bitte, laß uns nicht streiten!«
»Nein. Ich habe schon alles gesagt, und du auch.« Ja, das habe ich, dachte er bekümmert, weil er wußte, daß ihr ebenso beklommen zumute war wie ihm und er außerstande war, etwas dagegen zu tun. Als Meschang ihn vor ihr und Zarah herausgefordert hatte, war das der Anfang eines Alptraums gewesen, der immer noch andauerte, sie auseinanderriß und an den Rand des Wahnsinns trieb. Zwei Tage und zwei Nächte immer wieder Tränen, sein leeres Versprechen: »Keine Sorge, wir schaffen das schon, Scharazad«, und nichtssagende Gespräche über ihre Zukunft. Was für eine Zukunft? fragte er sein Spiegelbild.
»Da ist dein Kaffee, Liebling.«
Er nahm die Tasse mit
Weitere Kostenlose Bücher