Wirbelsturm
entlassen zu werden. Statt dessen entließ Hakim Khan alle Wächter bis auf einen, den er an der Tür postierte, wo er außer Hörweite war. Dann winkte er die beiden Männer näher heran. »Jetzt wollen wir wieder Englisch sprechen. Was wollen Sie wirklich von mir?« sagte er leise.
Haschemi seufzte. Er war sicher, daß Hakim Khan das bereits wußte, und noch sicherer, daß er in ihm einen würdigen Gegner fand – oder auch einen Verbündeten. »Ihre Unterstützung in zwei Belangen, Hoheit. Ihr Einfluß in Aserbeidschan könnte uns sehr helfen, feindlich gesinnte Elemente, die sich gegen den Staat erhoben haben, niederzuschlagen.«
»Und der zweite?«
Er hatte den Unterton von Ungeduld gehört und konnte seine Belustigung kaum verbergen. »Der zweite Punkt ist ein wenig delikat. Es geht um einen Russen namens Pjotr Oleg Mzytryk, einen Bekannten Ihres Vaters, der seit Jahren immer hierher gekommen ist – wie auch Abdullah Khan seine Datscha in Tiflis besucht hat. Während sich Mzytryk als Freund Abdullah Khans und Aserbeidschans ausgab, ist er in Wirklichkeit ein ranghoher KGB-Offizier und uns sehr feindlich gesinnt.«
»98 von 100 Sowjets, die in den Iran kommen, sind Mitglieder des KGB und uns daher feindlich gesinnt. Die anderen 2 sind vom GRU, und somit auch Feinde. Als Khan sah sich mein Vater genötigt, mit allen möglichen Feinden Umgang zu pflegen« – wieder das zynische Lächeln, das Haschemi jetzt schon kannte – »mit allen möglichen Freunden und allem, was dazwischen liegt. Also?«
»Wir würden ihn sehr gern interviewen.« Haschemi wartete auf eine Reaktion, aber es kam keine, und seine Bewunderung für den jungen Mann nahm weiter zu. »Vor seinem Tod erklärte sich Abdullah Khan bereit, uns zu helfen. Von ihm erfuhren wir, daß der Mann am vergangenen Freitag und dann wieder Dienstag heimlich über die Grenze kommen wollte. Beide Male ist er jedoch nicht erschienen.«
»Wie sollte er ins Land kommen?«
Haschemi berichtete ihm die Einzelheiten. »Wir nehmen an, daß er sich mit Ihnen in Verbindung setzen wird. Könnten Sie es uns wohl wissen lassen, wenn es soweit ist? Inoffiziell?«
Hakim Khan kam zu dem Schluß, daß es an der Zeit war, diesen Feind aus Teheran und seinen britischen Lakaien in die Schranken zu weisen. Bin ich denn so naiv, daß ich nicht weiß, was hier gespielt wird? »Und was ist für mich drin?« fragte er frei heraus.
Haschemi reagierte ebenso offen. »Was wollen Sie?«
»Erstens: Alle ranghohen SAVAMA- und Polizeioffiziere sind sofort zu suspendieren und – von mir – zu überprüfen. Alle zukünftigen Berufungen müssen von mir genehmigt werden.«
Brennende Röte schoß Haschemi ins Gesicht. Nicht einmal Abdullah Khan war so weit gegangen. »Und zweitens?« fragte er trocken.
Hakim Khan lachte. »Gut, sehr gut, Agha. ›Zweitens‹ wird bis morgen oder übermorgen warten, ebenso ›drittens‹ und vielleicht auch ›viertens‹. Was aber Ihr erstes Anliegen betrifft: Bringen Sie mir morgen eine genaue Aufstellung von den Dingen, die ich tun könnte, um den Kampfhandlungen von Aserbeidschan ein Ende zu setzen – und Vorschläge, wie Sie, wenn Sie die Macht hätten, wie Sie …«, er überlegte kurz, »vorgehen würden, um uns vor äußeren und inneren Feinden zu schützen.« Er wandte sich Armstrong zu. »Sie sind Fachmann auf welchen gewissen Gebieten, die für mich von Belang sein könnten?«
»Nun ja, Hoheit, ich war im Sonderdezernat und verstehe ein wenig von Spionage und Spionageabwehr. Natürlich ist ein guter Nachrichtendienst, ich meine vertrauliche Informationen, für einen Mann in Ihrer Position von großer Bedeutung. Wenn Sie es wünschen, könnte ich vielleicht – zusammen mit Agha Fazir – Wege vorschlagen, um diese Situation für Sie zu verbessern.«
»Eine gute Idee, Mr. Armstrong. Bitte legen Sie mir Ihre Vorschläge schriftlich vor – so bald wie möglich.«
»Werde ich gerne tun.« Armstrong beschloß, vabanque zu spielen. »Mzytryk könnte Ihnen sehr rasch mit Antworten auf sehr interessante Fragen dienen, Fragen in Verbindung mit ›inneren und äußeren Feinden‹, wie Sie es ausgedrückt haben – insbesondere dann, wenn Agha Fazir Gelegenheit hätte, sich, äh, privat mit ihm zu unterhalten.« Neben sich sah er Haschemi nervös von einem Fuß auf den anderen treten. Ich wette meinen Kopf, daß du mehr weißt, als du dir anmerken läßt, Hakim, mein Junge, und ich nehme an, daß du in all den Jahren in der Verbannung
Weitere Kostenlose Bücher