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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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heraussprang, um sich halb zu verbeugen. »Guten Abend, Exzellenz«, rief er. »Friede sei mit Ihnen. Ich entschuldige mich, daß der Fremde …«
    Mit einem »Guten Abend« schnitt Qeschemi ihm das Wort ab, drehte das Licht ab und wandte sich Scragger zu.
    »Salaam, Agha Qeschemi«, sagte Scragger, während seine Augen sich langsam an das Halbdunkel gewöhnten. Der Mann mit den scharfgeschnittenen Gesichtszügen musterte ihn; seine Uniformjacke war aufgeknöpft, und der Revolver steckte lose in seinem Halfter.
    »Salaam, Captain.«
    »Tut mir leid, Agha, so spät am Abend zu kommen«, sagte Scragger langsam und verbindlich, denn er wußte, daß Qeschemi genauso schlecht Englisch verstand wie er Persisch. » Loftan, gozar nameh. Loftan « – bitte, brauchen Reisepässe. Bitte.
    Der Sergeant brummte überrascht und deutete dann mit der Hand nach der Stadt. »Reisepässe auf Revier, Captain.«
    »Ja. Aber leider kein Schlüssel. Kein Schlüssel«, wiederholte er.
    »Ah. Ja. Verstehe. Kein Schlüssel. Morgen. Morgen Sie bekommen.«
    »Wäre es möglich, heute abend? Bitte. Jetzt?« Scragger fühlte die forschenden Blicke.
    »Warum heute abend?«
    »Wegen Personalaustausch. Fliegen nach Schiras. Personalaustausch.«
    »Wann?«
    Scragger wußte, daß das Ganze ein Glücksspiel war. »Samstag. Wenn ich habe Schlüssel, ich gehe auf Revier und komme gleich wieder.«
    Qeschemi schüttelte den Kopf. »Morgen.« Dann richtete er in scharfem Ton das Wort an Ali Pasch, der sich sogleich verneigte, ihm überschwenglich dankte und sich für die Ruhestörung entschuldigte. »Seine Exzellenz sagt, Sie können sie morgen haben. Wir … wir sollten jetzt besser gehen.«
    Scragger zwang sich zu einem Lächeln. » Mamnoon am, Agha – danke, Exzellenz. Mamnoon am, Agha Qeschemi. Ich komme nach dem ersten Morgengebet.« Scragger streckte ihm die Hand entgegen, und Qeschemi schüttelte sie. Jeder spürte die Kraft des anderen. Dann stieg Scragger in seinen Wagen und fuhr davon.
    Nachdenklich schloß Qeschemi die Tür und verriegelte sie.
    Im Sommer war der Innenhof mit den hohen Mauern, dem Spalierwein und der kleinen Fontäne kühl und einladend. Jetzt war er eintönig und grau. Qeschemi überquerte ihn, öffnete die gegenüberliegende Tür, die ins Wohnzimmer führte, in dem ein Holzfeuer für ein wenig Wärme sorgte, und schloß sie hinter sich. Vom Obergeschoß rief seine Frau: »Wer war es denn?«
    »Nichts, nichts Wichtiges. Ein Fremder vom Stützpunkt. Der Alte. Er wollte ihre Pässe.«
    »So spät am Abend? Allah schütze uns. Immer wenn es an der Tür klopft, erwarte ich neuen Verdruß – gemeine hezbollahis oder diese abscheulichen Linken.« Qeschemi nickte zerstreut und hörte kaum hin. »Wozu ist er gekommen? Diese Fremden haben so schlechte Manieren! Wozu braucht er so spät abends noch die Pässe? Hast du sie ihm gegeben?«
    »Sie sind in unserem Safe eingeschlossen. Sonst habe ich den Schlüssel immer bei mir, aber er wurde verlegt. Wie geht es der Kleinen?«
    »Sie hat immer noch Fieber. Bring uns heißes Wasser, das wird helfen. Gib ein wenig Honig dazu.« Er stellte den Kessel aufs Feuer und seufzte, als er sie weiter murren hörte: »Reisepässe um diese späte Stunde! Warum können sie nicht bis Samstag warten? So ungezogen und gedankenlos. Du sagtest, der Schlüssel wurde verlegt?«
    »Ja. Wahrscheinlich hat ihn diese Karikatur von einem Polizisten, dieser Lafti, und hat vergessen ihn zurückzulegen. Wie es Allah gefällt.«
    »Sag mal, Mohammed: Wozu würde der Fremde so spät am Abend noch Reisepässe brauchen?«
    »Ich weiß es nicht. Aber es ist merkwürdig. Sehr merkwürdig.«

58
    Flughafen Bandar-e Delam: 19 Uhr 49. Rudolf Lutz stand auf der Veranda seines Wohnwagens unter dem Dachfuß und blickte in den dichten Regen hinaus. »Scheiße«, murmelte er. Die Tür hinter ihm war offen, und die schweren Tropfen sprühten im Licht. Das Tonbandgerät spielte leise Mozart. Die Tür des benachbarten Wohnwagens, des Bürotrailers, öffnete sich, und er sah Pop Kelly mit einem aufgespannten Regenschirm herauskommen und durch die Pfützen auf ihn zu patschen. Keiner achtete auf den Iraner in der Dunkelheit. Irgendwo auf der Basis fauchte und jaulte ein Kater. »Hallo, Pop, komm rein. Hast du's?«
    »Ja, es war kein Problem.« Kelly schüttelte den Regen ab. Drinnen im Trailer war es sauber, warm und behaglich. Auf dem Herd stand eine Kaffeekanne. »Kaffee?«
    »Danke. Ich bediene mich selbst.« Kelly reichte ihm

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