Wirbelsturm
Ecke. Dann schaltete er den Funk ein und nahm das Mikrophon zur Hand.
»Kowiss ruft anfliegende Helis aus Bandar-e Delam, können Sie mich hören?« Lochart wartete und wiederholte den Ruf. Dann: »Tower. Hier Stützpunkt, können Sie mich hören?«
Nach einer Pause antwortete eine müde Stimme mit starkem Akzent: »Ja, wir hören Sie.«
»Wir erwarten vier einfliegende Helis, die nur mit UHF ausgerüstet sind. Ich steige jetzt auf und werde versuchen, Sichtkontakt mit ihnen aufzunehmen. Wir stellen den Sendebetrieb ein, bis ich wieder zurück bin. Okay?«
»Okay.«
Lochart schaltete ab. »Und was machen wir mit ihm?« Beide musterten Pavoud, der auf seinem Stuhl förmlich zusammenzuschrumpfen schien. »Ich muß ihn umbringen«, sagte Wazari, »das ist die einzige Möglichkeit.«
»Nein«, widersprach Lochart. »Pavoud, Sie nehmen sich den Rest des Tages frei. Sie gehen jetzt hinunter, sagen den anderen, daß Sie sich nicht wohl fühlen und nach Hause gehen. Von hier aus können wir Sie sehen und hören. Wenn Sie uns verraten, haben Sie sich selbst und alle auf dieser Liste verraten.«
»Schwören Sie … schwören Sie, daß Sie mit niemandem … mit niemandem sprechen werden?«
»Gehen Sie nach Hause. Es hängt alles von Ihnen ab. Los, gehen Sie.« Pavoud schwankte die Stiege hinunter. Als sie ihn ein wenig später auf seinem Fahrrad die Straße hinunterfahren sahen, war ihnen beiden ein wenig leichter.
»Wir hätten ihn töten sollen, Captain. Ich hätte es getan.«
»Auf diese Weise sind wir genauso sicher und … na ja, mit seinem Tod hätten wir kein Problem gelöst.«
Auf dem Hochfrequenzkanal wieder das bohrende: »Kowiss, hier ist Bandar-e Delam, hören Sie?«
»Sie sollten diese Bastarde nicht weiter senden lassen, Captain. Der Tower wird ihre Funksprüche früher oder später auffangen, so ungeübt und untüchtig diese Burschen auch sein mögen.«
Lochart dachte angestrengt nach. »Sergeant, melden Sie sich kurz auf Hochfrequenz, spielen Sie einen Funktechniker, der stocksauer ist, weil man ihm den Feiertag verdorben hat. Sagen Sie Ihnen auf Persisch, sie sollen sich aus unserem Kanal heraushalten, bis alles repariert ist, daß Lochart, dieser Verrückte aufgestiegen ist, um diese vier Helis über UHF zu finden, okay?«
»Kapiert!« Wazari befolgte die Anweisungen genau. Nachdem er abgeschaltet hatte, blickte er zu Lochart auf. »Vertrauen Sie mir jetzt?«
»Ja!« Lochart streckte ihm die Hand entgegen. »Danke für Ihre Hilfe.«
Er entfernte zunächst den Hochfrequenz-Steuerquarz, verstümmelte ihn und setzte ihn wieder ein; dann nahm er den UHF-Unterbrecher heraus und steckte ihn in die Tasche. »Kommen Sie.«
Unten im Büro blieb er kurz stehen. »Ich steige auf«, teilte er den drei Angestellten mit, die ihn ganz komisch anstarrten. Sie sagten nichts, aber Lochart hatte das Gefühl, als wüßten sie etwas. Dann wandte er sich an Wazari: »Bis morgen, Sergeant.«
»Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, daß ich gehe. Ich habe scheußliche Kopfschmerzen.«
»Schon recht.« Lochart trödelte noch eine Weile im Büro herum, um Wazari genügend Zeit zu geben, so zu tun, als schlendere er davon, während er in Wahrheit um den Hangar herumlief und sich an Bord schlich. »Sobald Sie das Büro verlassen haben, sind Sie sich selbst überlassen«, hatte Lochart ihm gesagt. »Ich werde in der Kabine nicht nachschauen. Ich fliege einfach los.«
»Allah steh uns beiden bei, Captain.«
63
Internationaler Flughafen Bahrain: 11 Uhr 28. Jean-Luc Sessone und Matthias Delarne standen neben einem Kombi nahe dem Hubschrauberlandeplatz und beobachteten die einfliegende 212. Sie schirmten die Augen gegen die Sonne ab, konnten aber den Piloten noch nicht erkennen. Matthias war ein kleingewachsener, stämmiger Mann mit dunklem, welligem Haar und nur einer Gesichtshälfte, die andere war durch Brandnarben entstellt: Nicht weit von Algier war er aus einer brennenden Maschine ›ausgestiegen‹.
»Es ist Sandor.« Sessone winkte und bedeutete dem Piloten, mit Seitenwind zu landen. Kaum hatten die Kufen den Boden berührt, stürzte sich Matthias, ohne sich um Sandor zu kümmern, der ihm etwas zurief, unter den Rotoren auf die linke Cockpittür. Er hatte einen großen Malerpinsel und eine Dose mit schnell trocknender weißer Flugzeugfarbe bei sich, die er mit Windeseile über die iranische Registriernummer knapp unterhalb des Türfensters klatschte. Jean-Luc arbeitete mit einer Schablone, die sie vorbereitet
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