Wirbelsturm
hat eine schwere Woche hinter sich.« Er ging ihnen voran die Marmortreppe hinauf. »Die Flugelektronik ist im Eimer, ich brauche unbedingt einen Mechaniker. Wie Sie wissen, ist unser Stützpunkt geschlossen, und ich habe versucht, Teheran zu benachrichtigen, aber das Telefon funktioniert wieder einmal nicht.«
»Vielleicht kann ich Ihnen einen Mechaniker vom Luftwaffenstützpunkt besorgen, morgen oder übermorgen.«
»Könnten Sie das wirklich, Herr Oberst?« Erikki lächelte Haschemi dankbar an. »Damit wäre mir sehr gedient. Und ich würde auch Treibstoff brauchen, eine volle Ladung. Wäre das möglich?«
»Können Sie zum Flugplatz hinunterfliegen?«
»Das würde ich nicht riskieren, selbst wenn ich sie starten könnte – es wäre zu gefährlich.« Der Finne schüttelte den Kopf. »Der Mechaniker muß herkommen.« Er führte sie einen Gang entlang und öffnete die Tür zu dem kleinen Salon im Erdgeschoß, den Abdullah Khan für nichtislamische Gäste eingerichtet hatte und den man den Europäischen Salon nannte. An der Bar erklärte Erikki: »Ich nehme einen Wodka.«
»Das gleiche für mich«, sagte Armstrong. Haschemi entschied sich für eine Limonade. »Nach Sonnenuntergang nehme ich auch einen Wodka.« Noch waren die Muezzins nicht verstummt. »Prost!« Erikki stieß mit Armstrong an, tat höflich das gleiche mit Haschemi und leerte sein Gläschen mit einem Zug. Er schenkte sich nach. »Bedienen Sie sich, Superintendent!« Als sie einen Wagen hörten, sahen alle aus dem Fenster. Es war der Rolls. »Entschuldigen Sie mich bitte! Ich möchte Hakim Khan nur sagen, daß Sie da sind.« Erikki ging hinaus und begrüßte Azadeh und ihren Bruder auf der Treppe. »Was sagen die Röntgenaufnahmen?«
»Nichts, was auf eine Knochenverletzung hindeuten könnte, bei uns beiden.« Azadeh war glücklich, ihr Gesicht sorgenfrei.
»Das ist ja wunderbar!« Erikkis Freude war aufrichtig. »Ich bin so froh! Du hast Besucher, Hakim, den Oberst und Superintendent Armstrong. Sie sind im Europäischen Salon.« Erikki sah, wie müde Hakim war. »Soll ich ihnen sagen, daß sie morgen wiederkommen sollen?«
»Nein, nein, danke. Azadeh, würdest du die Herren bitten, sich fünf Minuten zu gedulden? Bis dahin sollen sie es sich bequem machen. Wir sehen uns dann beim Abendessen.« Hakim beobachtete, wie seine Schwester Erikki berührte, wie sie dabei lächelte und dann ging. Wie glücklich sie doch sind, daß sie einander so lieben – und wie traurig für sie. »Erikki, Ahmed ist tot. Ich wollte es ihr noch nicht sagen.«
Trauer überkam Erikki. »Es ist meine Schuld, daß er tot ist. Dieser Bayazid, er schoß einfach drauflos.«
»Es war Allahs Wille. Komm, wir wollen ein wenig miteinander reden!« Hakim ging den Flur hinunter zum großen Saal, wobei er sich immer mehr auf seine Krücken stützte. Die Leibwächter blieben außer Hörweite an der Tür stehen. Hakim bestellte Tee, ging zu einer Nische und legte die Krücken zur Seite. Er wandte sich gegen Mekka und stöhnte vor Schmerz auf, als er niederkniete, um sein Gebet zu verrichten. Es gelang ihm nicht, und er mußte sich damit begnügen, die Schahada herzusagen. »Willst du mir bitte aufhelfen, Erikki?«
Das war für Erikki ein leichtes. »In den nächsten Tagen solltest du das besser lassen.«
»Du meinst, nicht beten?« Hakim starrte ihn mit offenem Mund an.
»Ich meine nur … Allah wird es dir vielleicht verzeihen, wenn du betest, ohne niederzuknien. Das ist schlecht für deinen Rücken. Hat dir der Arzt gesagt, was dir eigentlich fehlt?«
»Er meinte, einige Bänder seien gezerrt. Sobald ich kann, fahre ich mit Azadeh nach Teheran, und wir gehen zu einem Spezialisten.« Er griff wieder nach seinen Krücken. Nach kurzem Zögern entschied er sich für einen Stuhl, statt sich auf die gewohnten Polster zu setzen.
Die Tür ging auf, und ein Diener brachte den Tee. Hakim entließ ihn und die Leibwächter. »Ich möchte nicht mehr gestört werden.« Der Tee war heiß und süß, schmeckte nach Minze und wurde aus kleinen silbernen Tassen getrunken. »Jetzt müssen wir entscheiden, was du tun sollst. Hier kannst du nicht bleiben.«
»Ich bin ganz deiner Meinung«, stimmte Erikki zu. Er war froh, daß das Warten ein Ende hatte. »Ich weiß, daß ich dich als Khan in … in eine peinliche Lage versetze.«
»Um unsere Rechte wiederzuerlangen und damit ich als Erbe eingesetzt werden, mußte Azadeh und ich unserem Vater schwören, zwei Jahre lang in Täbris zu bleiben.
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