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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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ergreifen, um seine Frau festzuhalten und sie zum Gehorsam zu zwingen. Auf diese Weise würde sie ihren Eid nicht gebrochen haben, würde sich nicht vom Islam lossagen müssen, du bräuchtest ihr kein Leid zuzufügen, und ich könnte meine Frau behalten.«
    »Das ist ein Schwindel«, hatte. Hakim ihm verwirrt entgegengehalten. »Ein ausgemachter Schwindel.«
    »Aber nein! Das Ganze ist nur ein Spiel mit Worten, eine theoretische Konstruktion, aber hypothetisch erfüllt es alle Bedingungen, die du gestellt hast, und keiner würde jemals glauben, die Schwester des Khans der Gorgons würde freiwillig wegen eines Barbaren ihren Eid brechen und sich vom Islam lossagen. Keiner!«
    Hakim hatte sich bemüht, irgendwelche schwachen Punkte zu finden. Es gibt keine, hatte er sich gesagt, und wären damit nicht alle Probleme gelöst? Wenn Erikki sie ohne ihr Wissen, ohne ihre Beihilfe entführt … Es ist wahr, kein Mensch würde glauben, daß sie wissentlich ihren Schwur gebrochen hat. Nach außen hin könnte ich es beklagen und mich insgeheim mit ihr freuen – wenn ich will, daß sie geht, wenn ich will, daß er lebt. Aber ich muß wohl: Um ihre Seele zu retten, muß ich ihn retten.
    In der friedlichen Stille des Schlafzimmers öffnete er kurz die Augen. Flammen tanzten an der Decke. Er glaubte, Erikki und Azadeh zu sehen. Allah wird mir verzeihen, dachte er und fiel in Schlaf. Ob ich sie je wiedersehen werde?

69
    Teheran   – nahe der Universität: 23 Uhr 58. Im frostigen Dunkel stand Scharazad in der Phalanx der hezbollahis, die die geschlossene Front der schreienden Islamiten schützte. Eng aneinandergedrängt standen sie da, riefen einstimmig »Allah-u Akbar« und formten eine lebendige Barriere gegen die 2.000 oder 3.000 linksgerichteten Studenten und Agitatoren, die brüllend die Straße heraufkamen. Taschenlampen und brennende Fackeln, einige Autos in Flammen, Gewehre, Knüppel. Ihre Finger umklammerten die Pistole in der einen, die Handgranate in der anderen Tasche. »Allah ist groß!« kreischte sie.
    Die Feinde kamen schnell näher, und Scharazad sah ihre geballten Fäuste. Auf beiden Seiten wurde die Stimmung gereizter und feindseliger, die Schreie heiserer, die Nerven gespannter – »Es gibt nur einen Gott …« Jetzt waren die Feinde schon so nahe, daß sie einzelne Gesichter unterscheiden konnte. Plötzlich erkannte sie, daß es nicht satanische Revolutionäre waren, zumindest nicht alle, sondern in der Mehrzahl Studenten, Männer und Frauen ihres Alters. Die Frauen waren tapfer ohne Tschador gekommen und demonstrierten mit lauten Rufen für die Gleichberechtigung der Frauen, das Wahlrecht und all die anderen vernünftigen, schwer und blutig erkämpften Dinge. Sie fühlte sich in die berauschende Erregung der Frauendemonstration zurückversetzt: Alle waren sie im Sonntagsstaat, das Haar eigenwillig, so eigenwillig wie ihr Haar. Freiheit und Gerechtigkeit für alle sollte es geben in ihrer großen neuen islamischen Republik, in der sie und ihr noch nicht geborener Sohn und Tommy für alle Zeit glücklich leben würden. Und wieder sah sie im Geist den messerschwingenden Fanatiker vor sich, der sie mit dem Tod bedroht hatte. Aber Ibrahim war ihm in den Arm gefallen, Ibrahim, der Studentenführer, hatte sie gerettet. O Ibrahim, bist du auch heute wieder da, kämpfst du für Freiheit und Gerechtigkeit und die Gleichberechtigung der Frau, oder hast du in Kowiss, wie es dein Wunsch war, dein Leben geopfert und den bösen, heuchlerischen Mullah getötet, der deinen Vater ermordet hat, wie auch mein Vater ermordet wurde?
    Aber … Vater wurde doch von Islamiten, nicht von Linken getötet, schoß es ihr durch den Kopf. Und der Imam ist immer noch in allem unerbittlich, wie es zur Zeit des Propheten war. Scharazad war verwirrt. Und Meschang und Tommy, den er hinausgeworfen hat. Und eine erzwungene Scheidung, eine erzwungene Verbindung mit dem widerlichen alten Mann. Und keine Rechte!
    »Was habe ich hier zu suchen?« stieß sie keuchend hervor. »Da drüben ist mein Platz, bei den anderen, nicht hier … nein, nein, nein, dort auch nicht! Ich muß an mein Kind denken, an meinen Sohn, für ihn ist es gefährlich und …«
    Irgendwo fiel ein Schuß und gleich danach noch mehr; sie lösten ein Chaos aus. Die Demonstranten in den ersten Reihen wollten zurückweichen, die hinteren drängten vorwärts, um an den Feind heranzukommen. Rings um Scharazad wogten rücksichtslose und zornige Massen. Sie fühlte, wie sie

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