Wirbelsturm
auf, schob seine Hand hinein und faßte nach ihrer Brust.
»Nutte! Moslemfrauen stellen sich nicht zur Schau, Moslemfrauen tragen einen Tschad…«
»Ich habe ihn verloren – man hat ihn mir vom Leib gerissen«, kreischte sie und versuchte sich loszumachen. »Es gibt nur einen einzigen …«
»Hure! Dreckstück! Satansweib!« brüllte er fanatisch; seine Ohren waren vor ihren Worten verschlossen, und es erregte ihn noch mehr, ihre Brust durch ihr seidenes Hemd zu spüren. Seine Finger krallten sich in die Seide und rissen sie auseinander, mit der anderen Hand zog er sie näher an sich heran, um sie zu bändigen und sie zu würgen, während sie schreiend um sich schlug. Die Menschen ringsum rempelten die beiden an oder wichen ihnen aus, das Dunkel nur vom Feuerschein zerrissen, und niemand wußte, was da vorging, außer daß jemand hier in den Reihen der Gottesfürchtigen eine kommunistische Hure entdeckt hatte. »Bei Gott, sie ist keine Kommunistin, ich habe gehört, wie sie den Imam gepriesen hat«, rief jemand, aber seine Worte gingen im Lärm unter. Die Leute drängten weiter und ließen Scharazad mit ihrem Angreifer allein.
Sie wehrte sich verbissen; sein Atem und seine schmutzigen Beschimpfungen brachten sie fast zum Ersticken. Mit letzter Kraft flehte sie zu Allah um Beistand und erinnerte sich ihrer Pistole. Ihre Hand bekam sie zu fassen, stieß sie in ihn hinein und drückte ab. Der Mann schrie gellend und brach, seine Genitalien eine einzige blutende Wunde, aufheulend zusammen. Um sie herum trat Stille ein. Ihre Hand mit der Pistole kam aus der Tasche. Ein Mann neben ihr entriß sie ihr.
Verständnislos starrte sie auf ihren Angreifer hinunter, der sich stöhnend auf dem Boden wand.
»Allah ist groß«, stammelte sie, schloß hastig ihre Jacke, blickte auf und sah den Haß, der sie umgab. »Er hat mich angegriffen … Allah ist groß, Allah ist groß.«
»Das sagt sie bloß so. Sie ist eine Linke«, kreischte ein Frau.
»Seht doch nur ihre Jacke, sie gehört nicht zu uns …«
Nur wenige Meter weiter rappelte Lochart sich hoch. Der Schädel brummte ihm, er war kaum imstande zu sehen und zu hören. Mit viel Mühe stand er aufrecht und bahnte sich dann einen Weg zu der dunklen Öffnung des Sicherheit verheißenden Gäßchens. Aber auch andere hatten den gleichen Gedanken, und schon war der Zugang verstopft. In diesem Augenblick drang, mit Schreien vermischt, ihre Stimme an sein Ohr, und er kehrte um.
Er sah sie in die Enge getrieben, gegen eine Wand zurückgestoßen, von einem Mob umringt, die Kleider halb zerfetzt, ein Ärmel ihrer Jacke aufgerissen, die Augen starr, eine Granate in der Hand. In diesem Augenblick machte ein Mann eine ihr bedrohlich erscheinende Bewegung, und sie zog den Stift heraus. Der Mann erstarrte, die Leute wichen zurück. Lochart durchbrach die Kette der Demonstranten, um an sie heranzukommen, und ergriff die Handgranate, hielt aber den Hebel fest. »Laßt sie in Frieden!« brüllte er auf Persisch. »Sie ist Moslime, ihr Hundesöhne, sie ist Moslime und meine Frau. Und ich bin Moslem.«
»Du bist ein Fremder, und sie eine Linke!«
Lochart sprang auf den Mann zu, und seine jetzt mit der Handgranate bewehrte Faust zertrümmerte dem Mann das Kinn. »Allah ist groß!« rief Lochart. Andere griffen den Ruf auf, während jene, die nicht glaubten, zurückwichen; sie hatten Angst vor ihm, aber noch mehr vor der Handgranate. Mit seinem freien Arm stützte er Scharazad und ging, die Granate festhaltend, auf die erste Reihe zu. »Bitte, laßt uns vorbei, Allah ist groß, Friede sei mit euch!« Die erste Reihe teilte sich, und dann die nächste, und so ging es weiter, bis sie aus dem Kordon ausgebrochen waren und das Gäßchen erreicht hatten. Vor der Moschee brannten ein paar Lichter. Beim Brunnen blieb er stehen und spritzte sich ein wenig Wasser ins Gesicht. »Mensch!« murmelte er und schöpfte noch mehr Wasser heraus.
»O Tommy! Wo kommst du her? Oh, ich … ich hatte solche Angst!«
»Und ich erst«, stammelte er; es fiel ihm schwer, die richtigen Worte zu finden. »Ich suche dich schon seit Stunden, Liebling.« Er drückte sie an sich. »Ist alles in Ordnung?«
»Ja, ja.« Ihre Arme hielten ihn fest umschlungen, und sie barg ihr Gesicht an seiner Schulter.
Endlich sind wir in Sicherheit, dachte er. Nein, noch nicht, da ist noch die Handgranate – kein Stift, um sie zu sichern. Über ihrem Kopf und den Köpfen der Vorübergehenden sah er ein ausgebranntes Haus neben
Weitere Kostenlose Bücher