Wirrnis des Herzens
das in Betracht ziehen.«
»Gut. Und nun, Miss Mayberry, sollten Sie sich darauf besinnen, dass es im Leben auch noch etwas anderes gibt als Lust.« Laut lachend rieb er seine Hände aneinander. »Verdammt, Miss Mayberry, ich bin wirklich froh, meinen Verstand endlich einmal wieder richtig einsetzen zu können.«
Verwundert sah sie ihn an. »Sie klingen so anders, irgendwie glücklich.«
Lord Beecham lächelte. »Ich kann mir sogar mittlerweile vorstellen, dass diese Lampe, deren Herkunft wir ja nicht kennen, irgendeine Art von magischer Qualität hat. Ja, warum nicht? Schon Hamlet sagte, dass es zwischen Himmel und Erde mehr Dinge gibt, als wir mit unserer Philosophie je erfassen können.
Immerhin glaube ich ja auch an den Heiligen Gral«, fuhr Lord Beecham kurz darauf fort.
»Der allerdings hat einen religiösen Hintergrund«, erwiderte Helen.
»Ja«, sagte Lord Beecham, »das ist natürlich richtig. Aber eines verstehe ich nicht. Warum sollte jemand einer alten Lampe magische Kräfte zusprechen? Aus welchem Grund?«
So einfach sollte Helen es nun auch wieder nicht haben.
»Vielleicht ist sie ja auch nur der Schlüssel zu etwas ganz anderem, etwas Realem?«
»Das hoffe ich inständig.« Ihre Stimme klang sehr ernst. »Aber der Schlüssel wozu, zum Teufel? Nun, ich weiß, dass König Edwards Wunderlampe existiert, und das reicht mir zunächst.«
Er lächelte sie an. »In Ordnung, so weit kann ich Ihnen folgen. Aber einmal angenommen, wir könnten beweisen, dass es diese Lampe gibt, wie zum Teufel sollen wir sie jemals finden?«
8
Unter Einsatz seiner Ellbogen drängte Flock Nettle aus Teenys Reichweite. Kopfschüttelnd sah sich Lord Beecham das Geschehen aus einigen Metern Entfernung an. Er umfasste Miss Mayberrys Taille und hob sie aus dem Wagen.
Dabei flüsterte er ihr ins Ohr: »Sie sind in der Tat ein stattliches Mädchen, Miss Mayberry, aber trotzdem bin ich unter Ihrem Gewicht nicht zu Boden gegangen. Lassen Sie mich ausprobieren, ob ich Ihren Schwung nur geschickt aufgefangen habe.« Er umfasste sie erneut und hob sie ächzend an. »Immerhin zehn Zentimeter«, sagte er, als er sie wieder abgesetzt hatte. »Für meinen Rücken war das zwar schon sehr bedenklich, aber Sie sehen, ich lächele noch. Und jetzt sagen Sie mir, wie ich den armen Nettle vor Ihrem Flock schützen kann. Glauben Sie, dass er Nettle zum Duell auffordern wird, weil der wie ein Schwachsinniger hinter Ihrer Teeny herläuft? Der Leibwächter meines Kammerdieners war ich noch nicht. Das könnte interessant werden.«
»Flock ist nicht nur hoffnungslos in Teeny verliebt, er ist auch äußerst eifersüchtig. Leider lehnt Teeny es ab, ihn zu heiraten.«
»Warum, zum Teufel?«
»Zwischen den beiden Familien besteht eine uralte Fehde. Teeny schwört, dass ihre selige Großmutter sie noch aus dem Grab heraus mit dem grausamsten Fluch belegen würde, wenn sie auch nur auf die Idee käme, einen Flock zu heiraten. Sie bekommt schon Schweißausbrüche, wenn man nur mit ihr darüber redet.
Flock ist deshalb sehr traurig. Ich habe gehört, wie er zu meinem Vater sagte, dass er für immer der Tristan bleiben würde und dass es eine unglückliche Liebe sei, weil sie wohl niemals zur Ehe mit Teeny führen würde - wie bei Tristan und Isolde eben.«
»Sind denn nicht im Grunde genommen beide, Flock und Nettle, viel zu alt für Teeny? Sie dürfte doch nicht älter als achtzehn sein.«
»Das stimmt. Sie sagt, dass ältere Männer anders reden und anders mit ihr umgehen würden. Sie meint, dass sie die alten Kerle einfach lieber mag.«
»Alte Kerle? Gütiger Gott, gehöre ich etwa auch schon dazu, Miss Mayberry?«
»Ich würde sagen, Sie haben noch gut zehn Jahre, bevor Sie diese Altersstufe erreichen, Lord Beecham.«
»Lord?«
»Ja, Nettle, was ist denn?«
»Sie würden mich doch nie im Stich lassen, oder?«
»Natürlich nicht, Nettle. Welche Art von Bedrohung sehen Sie denn auf sich zukommen?«
»Flock, gnädiger Herr. Eben noch raunte er mir zu, dass er mir die Luftröhre zu den Ohren herauszöge, wenn ich Teeny auch nur noch ein einziges Lächeln zuwerfen würde.«
»Machen Sie sich keine Sorgen, Nettle«, sagte Helen lächelnd. »Ich werde mir Flock vornehmen, wenn er zu weit geht.«
Interessiert legte Lord Beecham den Kopf zur Seite. »Was genau werden Sie mit ihm anstellen, Miss Mayberry?«
»Es ist sicherlich nicht meine Art, Sie darüber so mir nichts, dir nichts zu informieren, Lord Beecham. »Und nun gehen Sie wieder Ihrer
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