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Wirrnis des Herzens

Titel: Wirrnis des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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fänden jemanden, der eine Art magisches Wissen hat, der sich auskennt mit diesen Dingen, von denen wir noch nicht einmal wissen, dass sie existieren. Jemand, der uns, diesen Geruch einatmend, sagen könnte, wie alt das Kästchen ist und wo es herkommt.«
    »Ja, und warum es überhaupt hier ist, versteckt in einer Höhle am Meer«, ergänzte Helen.
    »Riechen Sie die Oliven?«
    Sie nickte. »Als ich das Kästchen draußen vor der Höhle auf einen Felsen gesetzt hatte, schaute ich es lange Zeit an. Ich konnte mich einfach nicht überwinden, es zu öffnen. Ich weiß nicht, ob ich erwartet habe, dass irgendein Geist daraus entweichen würde. Als ich es schließlich öffnete, war ich von dem Olivenduft regelrecht überwältigt. Mit der Zeit ist er schwächer geworden. Jetzt kommen noch andere Duftnoten hervor.«
    »Der Geruch der Jahrhunderte.«
    »Ja, es ist, als wäre da etwas Uraltes, Kraftvolles, etwas, das sehr, sehr fremd ist. Dieser Geruch hat sich nicht verändert. Ist das nicht eigenartig?«
    Lord Beecham nickte bedächtig.
    Mit äußerster Vorsicht nahm Helen die Lederrolle aus dem Kästchen. »Sehen Sie nur, wie fragil sie ist.«
    Während Lord Beecham den Anfang der Rolle sachte festhielt, rollte Helen das Schriftstück Zentimeter für Zentimeter auf, bis es, voll ausgebreitet, ein Drittel der Schreibtischplatte bedeckte. Vorsichtig beschwerten sie die Ecken mit Gewichten. »Haben Sie es vermessen?«
    Helen nickte. »Es misst dreißig mal dreiundzwanzigeinhalb Zentimeter.«
    Wie ein Blinder fuhr Lord Beecham mit den Fingerspitzen vorsichtig über das Leder. »Es war doch sicherlich irgendwie zusammengebunden.«
    »Sicher, aber was immer es war, es ist schon vor langer Zeit zerfallen. Trotzdem muss es sehr lange verschnürt gewesen sein, denn als ich es fand, war es immer noch sehr eng aufgerollt.«
    Erst jetzt erlaubte sich Lord Beecham, das Leder genauer zu betrachten. Es hatte die Farbe getrockneten Blutes. Die Schrift war schwarz. Wäre das Leder mit den Jahrhunderten ebenfalls schwarz geworden, es hätte nichts ausgemacht, so tief waren die Zeichen in die Oberfläche gefurcht. Lesen konnte Lord Beecham es trotzdem nicht.
    »Haben Sie eine Lupe?«
    »Ja, natürlich.«
    Die aufkommende Stille ließ die Luft schwer werden. Nervös ging Helen zu den hohen Flügelfenstern hinüber und blickte in das kleine, von einer niedrigen Mauer abgeteilte Gärtchen.
    Dann wandte sie sich um und sah Lord Beecham an. Tief über die Tischplatte gebeugt, starrte Lord Beecham konzentriert auf das Schriftstück. Er verzog das Gesicht.
    »Was ist, Lord Beecham?«
    »Ich glaube, es ist an der Zeit, dass Sie mich beim Vornamen nennen«, sagte er schließlich und sah ihr eindringlich in die Augen. Ich heiße Spenser.«
    »Gern, Sie dürfen mich Helen nennen.«
    »Helen ist ein guter Name. Dieses Schriftstück ... das ist nicht Französisch oder Latein.«
    »Was ist es dann?«
    »Es muss eine uralte persische Sprache sein. Hat Ihr Vater vielleicht irgendwelche Bücher über Sprachen?«
    »Ja, natürlich, aber ich bezweifle, dass etwas über orientalische Sprachen dabei ist. Vielleicht sollten wir zu Pfarrer Gilliam reiten«, sagte Helen. »Wir könnten in einer Stunde dort sein.«
    Lord Beecham betrachtete das Leder. »Ich denke, wir sollten es einölen, damit es geschmeidiger und reißfester wird. Es wird uns ansonsten noch unter den Fingern zerfallen.« Er hielt einen Moment inne und fügte noch hinzu: »Wissen Sie, Helen, es könnte genauso gut sein, dass dieser Text rein gar nichts über die Lampe aussagt. Das ist sogar sehr wahrscheinlich.«
    Energisch schüttelte Helen den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. Ich bin davon überzeugt, dass König Edward die Lampe bei Aldeburgh versteckt hat, und genau da fand ich auch das Kästchen. Die Öllampe muss irgendwo in der Nähe sein, da bin ich mir ganz sicher. Welchen Zweck sollte die Lederrolle denn sonst haben, wenn nicht den, dem Leser einen Hinweis auf die Wunderlampe zu geben? Es kann gar nicht anders sein. Sehen Sie den Zusammenhang denn nicht?«
    »Wenn es sich tatsächlich um einen Hinweis auf die Wunderlampe handelt, warum ist der Text dann nicht auf Französisch?«
    »Robert Burnell, der Sekretär König Edwards, war sehr gelehrt. Er muss es gewesen sein, der den Text verfasst hat. Er wird gewollt haben, dass die Lampe nur sehr schwer zu finden ist.«
    Lord Beecham bezweifelte das, sagte aber nichts.
    Sie benutzten das Mandelöl, mit dem Helen gewöhnlich ihr Badewasser

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