Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee
besten passt und kann so auch gezielt die Küstenabschnitte warnen, die bald von den Fluten getroffen werden.
Training für den Ernstfall
An der Küste selbst müssen unüberhörbare Warnsysteme wie Sirenen die Menschen warnen. Sich allein auf Handys oder Fernsehwarnungen zu verlassen, kann z. B. nachts fatal sein. Auch müssen Küstenbewohner, Besucher und Touristen rechtzeitig vor einer Katastrophe mit den nötigen Verhaltensweisen – z. B. der raschen Flucht in höher gelegene Regionen – vertraut gemacht werden
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Eine Tsunami-Frühwarnboje hängt im Sommer 2005 auf der Hamburger Behrens-Werft an einem Kranhaken. Die Boje ist Bestandteil des in Deutschland entwickelten Tsunami-Frühwarnsystems, das seit 2008 in den gefährdeten Gebieten am Indischen Ozean bessere Rettungsmöglichkeiten garantiert, wenn Flutwellen nach Seebeben auf die Küste treffen
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(c) picture-alliance/dpa
Kaventsmänner auf hoher See
Monsterwellen versenken Schiffe
Am 11. September 1995 wollte Kapitän Ronald Warwick auf der Brücke des Luxusliners „Queen Elizabeth 2“, südöstlich von Neufundland, seinen Augen nicht trauen: „Es sah aus, als würden wir in die weißen Klippen von Dover steuern.“ Die „Kreidefelsen“ entpuppten sich als gigantische Wasserwand, die mindestens 28, vielleicht aber auch 33 m in den Himmel ragte. Als am 22. Februar 2001 eine ähnliche Monsterwelle mit 35 m Höhe die „Bremen“ überrollte und deren Brücke demolierte, trieb das deutsche Kreuzfahrschiff über zwei Stunden steuerlos vor der Küste Argentiniens.
Überlagerung
Lange Zeit wurden sie für Seemannsgarn gehalten: Großwellen mit 25 oder 30 m Höhe, die Schiffe regelrecht überrollen und zerschmettern. Wissenschaftler waren sich sicher, dass Wellen sich auf hoher See nicht höher als 15 m auftürmen würden. Schiffe wurden daher so gebaut, dass sie 16,5 m hohe Wellen problemlos überstehen – und jeder Kapitän glaubte sich auf der sicheren Seite. Bis 1995 eine automatische Anlage auf der norwegischen Ölplattform „Draupner“ in der Nordsee in einem schweren Sturm eine einzelne Welle mit 26 m Höhe registrierte.
Monster sind häufig
Als von der norwegischen Ölplattform „Draupner“ mit Radargeräten Wellenhöhen gemessen wurden, entdeckten die Forscher in zwölf Jahren 466 Monsterwellen. Auch die europäischen Umweltsatelliten ERS-1 und ERS-2 messen vom Weltraum aus Wellenhöhen – mit erstaunlichen Ergebnissen: Innerhalb von nur drei Wochen registrierten die Geräte immerhin zehn Wellen mit Höhen von mindestens 25 m auf den Weltmeeren. Monsterwellen treten demnach erheblich häufiger auf als früher vermutet. Schiffbauingenieure nehmen daher an, dass die meisten der zwischen 1985 und 2005 gesunkenen mehr als 200 Großschiffe solchen Kaventsmännern zum Opfer gefallen sind
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Seither haben Ozeanforscher und Schiffbauingenieure herausgefunden, wie solche Monsterwellen entstehen: Da sich lange Wellen schneller als kurze ausbreiten, können sie sich ungünstig überlagern und dabei zu extrem hohen Wellen aufschaukeln. Solche Monsterwellen können auch entstehen, wenn sich die Dünung eines längst abgeflauten Sturmes mit den frisch aufgepeitschten Wellen eines neuen Sturmes überlagert und beide Wellensysteme aus verschiedenen Richtungen kommen. Extreme Wellen bilden sich aber unter Umständen auch, wenn die Wellen eines Sturmes gegen eine Meeresströmung auflaufen. Das passiert z. B. an der Küste des Indischen Ozeans nordöstlich des Kaps der Guten Hoffnung. Dort sind bereits einige Schiffe solchen Monsterwellen zum Opfer gefallen.
Mathematik der Wellen
Die mögliche Höhe von Monsterwellen hängt vom Meeresgebiet ab. Für jede Region kennen Versicherungsgesellschaften aus Statistiken die sogenannte „signifikante Wellenhöhe“. Das ist die durchschnittliche Höhe des Drittels der höchsten Wellen. Als höchste Welle erwartet man in einem solchen Gebiet dann alle hundert Jahre eine Welle mit der 1,86-fachen Höhe der signifikanten Wellenhöhe. Liegt diese bei 10 m, sollte der Erbauer einer Bohrplattform diese also so bauen, dass sie 18,60m hohe Wellen übersteht, die laut Statistik ein Mal in hundert Jahren auftreten. Das wäre übrigens die Höhe eines sechsstöckigen Hauses. Entstehen dort Monsterwellen mit 22 oder 24 m Höhe, würden sie einigen Schaden anrichten.
So wie auf diesem Szenefoto der Fischkutter „Andrea Gail“ im Kinofilm „Der Sturm“ zum unkontrollierbaren Spielball von Wind und Wellen wird, muss man
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