Wissen auf einen Blick - Philosophen
Französischen Revolution. Im Medaillon wird Rousseau porträtiert. Eine Säule links symbolisiert die „égalité“, der Baum die „liberté“. Neben Voltaire gilt Rousseau als einer der wichtigsten philosophischen Wegbereiter der Französischen Revolution, wenngleich beide den Umsturz von 1789 nicht mehr erlebten
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(c) akg-images, Berlin
Der „Alleszermalmer“ der Philosophie
Immanuel Kant (1724–1804)
Der Aufklärer Moses Mendelssohn (1729–1786) nannte Immanuel Kant halb ablehnend, halb bewundernd den „Alleszermalmer“ der Metaphysik. Mendelssohn bezog sich damit auf Kants Aussage, die Vernunft habe sich in der Vergangenheit in „Dunkelheit und Widersprüche“ verstrickt, und nur eine kritische Bestandsaufnahme könne den Weg frei machen für sicheres Wissen. Dank der Radikalität seiner Kritik ist Kant seit über 200 Jahren für viele Lehrmeister und Lieblingsgegner in einer Person. Schon zu Lebzeiten genoss er den Ruf eines „Weltweisen“. Dabei lebte Kant in Königsberg, am nordöstlichen Rand Europas, weitab von den Hauptschauplätzen der neuzeitlichen Philosophie.
Worauf also gründet sich Kants großes Ansehen? Er beendete die wilden Spekulationen der christlichen Philosophie des Mittelalters über Gott und seine Engel, zeigte aber Verständnis für solche „Irrwege“. Die Vernunft gerate nämlich „ohne ihre Schuld“ in Verlegenheit und werde „durch Fragen belästigt, die sie nicht abweisen kann, die sie aber auch nicht beantworten kann.“ Die Vernunft werde von einer hartnäckigen Neugier geplagt, die sich gerade auf das richte, wovon sie am wenigsten wissen könne: die Natur Gottes, die Freiheit des Willens und die Unsterblichkeit der Seele.
Gefährliche Verstrickungen
Ein Beispiel für die Verstrickungen, die daraus erwachsen, ist die „Antinomie der Freiheit“, die Kant in der „Kritik der reinen Vernunft“ beschreibt. Wie kann es sein, fragt Kant, dass die Welt als lückenlose Kette von Ursachen und Wirkungen erscheint, der Mensch sich aber in seinem Handeln als frei erlebt? Zum einen scheint in der Welt nichts ohne Ursache zu passieren, und auch jede Ursache ist ihrerseits nur die Wirkung einer anderen Ursache. Zum anderen hat der Mensch das Gefühl, ohne jede äußere Ursache zu denken und zu handeln. Kant fragt deshalb: Wenn die Geschichte der Welt eine einzige lange Folge notwendiger Wirkungen ist, ist dann mein Eindruck, durch mein Handeln ihren Lauf zu beeinflussen, eine Illusion? Und auch die nächste gefährliche Frage ist nicht weit: Wer nämlich steht am Anfang der Kette? Solche Fragen kann der menschliche Geist Kant zufolge nicht auflösen, weil er die Welt nur durch die ihm eigenen „Linsen“ kennt: Raum, Zeit und eben jenes Prinzip von Ursache und Wirkung.
Die vier Fragen
Im Zuge seiner radikalen Kritik hat Kant die gesamte Philosophie neu geordnet und vier grundsätzliche Fragen formuliert, die er den Teilgebieten der Philosophie gleichsam als Überschriften zuordnet. Die vier Fragen lauten „Was kann ich wissen?“, „Was soll ich tun?“, „Was darf ich hoffen?“ und „Was ist der Mensch?“ Sie werden von Erkenntnistheorie, Ethik, Religionslehre und Anthropologie beantwortet. Kants besondere Aufmerksamkeit galt den ersten beiden Fragen, mit denen er sich in der „Kritik der reinen Vernunft“ und der „Kritik der praktischen Vernunft“ beschäftigt
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Kants Transzendentalphilosophie
Gegen die unheilvolle Neugier der Vernunft hilft laut Kant nur eine Kombination aus systematischer Aufklärung über die Ursachen des Irrtums und lebenslanger Selbstbeschränkung. Nur im vollen Bewusstsein der Grenzen der Vernunft haben wir nach Kant eine Chance auf gesicherte Erkenntnis – im Rahmen unserer Möglichkeiten. Zunächst müsse deshalb die Vernunft selbst vor Gericht gestellt und auf ihre Kompetenzen geprüft werden. Dieses Gerichtsverfahren, das Kant als Transzendentalphilosophie bezeichnet, steht im Mittelpunkt von Kants „Kritik der reinen Vernunft“.
Der Philosoph in einer Gravur des 18. Jahrhunderts. Es ist kein Zufall, dass Kant mit der Hand auf eine Ringsonnenuhr zeigt. Neben seinen philosophischen Studien entwickelte betätigte er sich auch als Naturwissenschaftler, so z. B. in seiner 1755 erschienenen Schrift „Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels“. Die darin entwickelten Überlegungen zur Entstehung des Sonnensystems sind als „Kant-Laplace’sche Theorie“ in die Geschichte der Astronomie eingegangen
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