Witch Boy: Stadt der Geister (German Edition)
meine Reibekuchen kommen Röstzwiebeln, Salz, Pfeffer und Muskat, etwas Butter …“
Seth blendete ihr fröhliches Geplauder aus, trank nur seine Limonade und starrte hinaus auf die Tomaten im kleinen Gewächshaus. Er fühlte sich klebrig und überhitzt, aber doch so hungrig, dass er nicht protestierte, als Gretchen ihn wenig später mit einem Tragekorb voller Geschirr und Besteck die Treppe hinaufschickte.
„Charlies Tür ist offen, geh einfach rein und deck schon mal den Tisch. Wenn du fertig bist, bringen wir das Essen hoch.“
Ein bisschen fühlte Seth sich unwohl dabei, einfach so durch das Haus einer praktisch Fremden zu laufen, aber nach so einer Aufforderung konnte er sich kaum widersetzen. Er fand die besagte Tür sofort, aber der Mann, der da im Bett lag, entsprach überhaupt nicht dem Bild, das er sich von Gretchens Mann gemacht hatte. Zum einen war er groß, beinahe schon riesig, und zum anderen sah er aus wie ein bärbeißiger Collegeprofessor.
„Was stehst du da in der Tür?“, fragte Charlie unwirsch und winkte Seth hinein. „Hat man dir nicht beigebracht, sich vorzustellen, wenn man Gast ist?“
„Entschuldigung, Sir “, stotterte Seth verdattert. „Ich bin Seth Morgan. Gretchen, uh, Ihre Frau hat mir einen Job gegeben.“
„Ja, ja, das weiß ich schon. “ Eine runzelige Pranke deutete auf den kleinen, viereckigen Tisch neben dem Bett. „Das Geschirr kommt da hin.“ Er erklärte Seth, wie er den Betttisch aufbauen musste, dann ging die Befragung weiter. „Du bist also der Morgan-Junge. Deine Schwester sorgt ja für mächtig viel Trubel in Blackwood Springs. Ich hoffe, dir ist klar, dass du nicht nur Freunde da drüben haben wirst.“
„Ach, Charlie “, rügte Gretchen, die eben ins Zimmer kam. „Mach ihm keine Angst.“
„Ich sage nur die Wahrheit. Diese ganze Filmerei, das mögen die Leute nicht. Und hier schon gar nicht. “
Seine Frau schüttelte den Kopf. „Du übertreibst, mein Lieber. “
„Tue ich nicht. “ Sein durchdringender Blick beunruhigte Seth mehr, als er sich eingestehen wollte. „Ich kenne die Bande da drüben, die machen mir nichts vor. Das sind Rüpel, es ist besser, wenn du drauf vorbereitet bist.“
„Danke für den Hinweis, Sir. “
Charlie nickte knapp. „Keine Ursache. Wir Männer müssen zusammenhalten, sonst holen uns die Wölfe. “
„Das Essen ist gleich fertig. Seth hat großen Hunger, verdirb ihm bitte nicht den Appetit mit deinen Geschichten“, mahnte Gretchen.
Seth half ihr, die Schüsseln mit dem Essen hinaufzubringen und die Teller anzurichten.
„Riecht fantastisch, Mrs. G“, sagte er aufrichtig.
„Ach was, das sind nur Reibekuchen mit Pilzgemüse. Jeder könnte das kochen. “
„Also ich nicht “, sagte Charlie und verschlang ein riesiges Stück mit einem Bissen, ohne auf sie zu warten. „Habe es in fast sechzig Jahren Ehe nicht gelernt.“ Er deutete mit der Gabel auf Seth und sah ihn aus schmalen Augen an. „Ich habe ihr geschworen, mich nie von einer anderen Person bekochen zu lassen, nicht mal von mir selbst.“
„Das war damals sehr romantisch, mein Lieber, aber in unserem Alter muss man nehmen, was man kriegen kann. “ Gretchen lächelte ihn liebevoll an. „Wer weiß, wie lange ich noch da bin, nicht wahr?“
„Wer von uns beiden ist hier ans Bett gefesselt? “, schnarrte er, doch er klang eher amüsiert als gereizt. „Ich gehe vor dir, das ist beschlossene Sache.“
Einmal mehr fühlte Seth sich unwohl. Er hing wie ein Schluck Wasser auf seinem Stuhl und hoffte, dass die zwei anderen vergaßen, dass er da war. Leider war ihm nicht viel Ruhe vergönnt, denn unten ging mit einem Mal die Tür auf, und eine gut gelaunte Stimme rief: „Tantchen, Onkelchen, ich bin da! “
„Oh, das ist mein Neffe Rob. Von dem habe ich vorhin erzählt “, sagte Gretchen. Ihr Gesicht leuchtete vor Freude. „Wir sind hier oben! Hol dir einen Teller und Besteck, es gibt Reibekuchen!“
„Nicht mehr lange, wenn du dich nicht beeilst! “, rief Charlie und zerteilte den letzten seiner drei Reibekuchen mit gnadenlosen Messerstreichen.
Seth erhob sich, als der Besucher ins Zimmer gestürmt kam und wischte sich nervös die Handflächen an seiner Hose ab. Der Neuankömmling umarmte zwar seine Tante und tauschte Höflichkeiten aus, doch sein Blick war fest auf Seth geheftet.
„Es ist immer schön, neue Gesichter zu sehen. Wie heißt du?“, fragte er und schüttelte Seths Hand. Er war groß und schlank, hatte blondes, kurzes
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