Witch Boy: Stadt der Geister (German Edition)

verlieren?
    „So ist’s gut. Immer schön auf die Terrasse hinaus“, lobte Gretchen. „Kannst du fühlen, wie das Zimmer sauber wird?“
    „Ich weiß nicht. “ Seth blinzelte gegen die Müdigkeit an. Blassgoldene, nebelartige Schleier waberten vor seinen Augen und bewegten sich mit den Borsten seines Besens. Er schlug danach und der Schleier zerbarst in flitterndes Licht, das zur offenen Tür hinaustrieb. „Wie sieht so was aus?“
    „Also ich sehe das nicht “, gab Claire zu. „Und Tantchen auch nicht, soweit ich weiß.“
    „Nur sehr selten “, lächelte Gretchen wehmütig. „Und in letzter Zeit gar nicht mehr.“
    „Ist es wegen Charlie? “, fragte Seth. „Ich meine, weil er krank ist und so.“
    Gretchen neigte den Kopf. „Ja, es sind wohl die Sorgen. Die trüben unseren Blick auf das Magische in der Welt. “
    „Tut mir leid. “
    „Ach was, du kannst ja nichts dafür. “ Gretchen tätschelte seinen nackten Unterarm und lachte, als sie einen kleinen, elektrischen Schlag abbekam. „Oh weh, da ist aber jemand geladen. Mir scheint, du hast einen ordentlichen Funken Talent im Leib, mein Junge!“
    „Ich habe noch nie etwas Magisches gesehen, bevor ich hergekommen bin.“ Seth schlug halbherzig nach der nächsten Schwade, die um seinen Besen waberte. „Mir platzt jetzt schon der Schädel, wie kommt ihr damit klar?“
    „Tja, das ist sicher ein bisschen viel auf einmal “, seufzte Claire. „Ich wünschte, Julien hätte seinen Mund gehalten. Die Blackwoods wollen nicht, dass Außenstehende wissen, was sie sind. Und ganz sicher wollen sie nicht, dass du es weißt.“
    „Sie verbergen es aber nicht besonders gut “, widersprach er. „So im Nachhinein ist es offensichtlich. Mann, ich fühle mich richtig dämlich. Es ist ein Wunder, dass die anderen noch nichts gemerkt haben.“
    „Menschen sehen nur, was sie sehen wollen “, sagte Gretchen und stupste Claires Besen an, damit sie weitermachte. „Magie hat heutzutage keinen großen Platz mehr in ihrem Leben.“ Ihre babyblauen Augen landeten auf Seth und maßen ihn mit freundlicher Eindringlichkeit. „Sieh es nicht als Bürde, sondern als ein Geschenk. Du darfst etwas lernen und erleben, das den meisten verschlossen bleiben wird.“
    „Sie hat Recht. Wenn du wirklich Talent hast, dann wird sich dir eine neue Welt eröffnen “, stimmte Claire zu. Sie sah sich kritisch im Zimmer um und nickte dann zufrieden. „Fühlt sich gut an. Ich glaube, wir sind fertig mit Aufräumen.“
    Sie stellten ihre Besen an die Seite und Gretchen holte aus dem Sekretär, den Seth so bewunderte, vier Kerzen, ein paar schön geformte Stücke Strandglas, Muscheln und aus der Küche eine Schale mit frisch gepflückten Blumenblüten.
    „Nimm die Kerzen und stelle in jeder Himmelsrichtung eine auf. Mit dem Glas und den Muscheln legst du einen Kreis. Lass eine Stelle offen, das ist unser Eingang.“
    Seth gehorchte ihrer Anweisung und stellte im Norden, Osten, Süden und Westen die Kerzen auf. Claire begleitete ihn dabei und half beim zweiten Rundgang, aus dem Strandgut den Kreis zu bilden.
    Derweil baute Gretchen im Kreis einen kleinen, flachen Holzaltar auf, schmückte ihn mit den Blüten und einer wunderschön purpurgemaserten Kerze sowie einem Dolch mit schwarzem Griff. In einen großen, schmucklosen Messingkelch legte sie ein Stück Kohle und zündete es an.
    „Gut gemacht, mein Kind. Nun kommt hinein und schließt die Tür hinter euch. “
    „Welche Tür? “, fragte Seth verdattert. Die ganze Aktion wurde von Minute zu Minute lächerlicher.
    Claire grinste verschmitzt und schubste ihn durch die freigelassene Stelle des Kreises. „Diese Lücke hier. Ich verschließe die Tür physisch mit diesen Kieseln, und magisch so  …“ Sie wischte mit der flachen Hand durch die Luft, als würde sie an einer unsichtbaren Wand rubbeln. „Perfekt. Dieser Kreis ist nun hermetisch gegen Einflüsse von außen abgeriegelt.“
    „Es schadet auch nicht, die Himmelsrichtungen um ihren Schutz zu bitten “, fügte Gretchen hinzu. „Sie sind starke Wächter und helfen uns dabei, mit der Göttin Kontakt aufzunehmen.“
    „Welche Göttin? “
    „Oh Mann, du hast noch in keinem der Bücher gelesen, oder? “ Claire klapste Seth gegen den Arm. „Das solltest du schleunigst tun, wenn du mit Magie herumspielen willst.“
    „Aua. Von wollen kann keine Rede sein “, grummelte Seth.
    „Komm, kniet euch neben mich “, unterbrach Gretchen ihr Gezänk. „Seth, bitte nimm den