Witch & Wizard 1 - Verlorene Welt (German Edition)
denn nicht? Wir sind doch in der Klapsmühle!« Sie lächelte verschämt. »Aber wenn du’s unbedingt wissen willst … ich versuche, mir einen Zauberspruch auszudenken. Einen, der uns hier rausbringt. Wenn ich schon eine Hexe bin, warum kann ich dann nicht einfach Hex-hex sagen, und die Tür springt auf?«
»Hast du nicht gehört, was Der Eine Mit Der Monsterpeitsche gesagt hat? Wir haben hier keine besonderen Kräfte.«
»Ach ja? Also war mein kleiner radioaktiver Moment nur ein schräger Traum?«
»Punkt für dich, Leuchtmädchen. Okay. Du meinst, Hex-hex sollte reichen? Dann versuch’s doch mal.«
Wisty wedelte mit den Händen Richtung Tür. »Hex-hex!«
Und mit einem Klick sprang die Tür auf.
W HIT
»Beide hierher! Sofort!« Im Türrahmen türmte sich die yetigroße Oberin auf. »Kommt mit, elendes Gewürm! Ich fürchte, ich muss euch langsam zeigen, wo ihr euch zu essen und zu trinken besorgen könnt.«
Als sie uns die beiden zerbeulten Plastikeimer zuwarf, die sie in ihren Riesenpranken hielt, hatte ich sofort ein ungutes Gefühl. Das wird nicht lustig. Doch für einen Schluck Wasser hätte ich einiges gegeben. Der Wasserhahn in der Waschnische funktionierte nicht und die Soße in der Toilette war … ungenießbar.
Wisty und ich nahmen jeder einen Eimer und folgten der Oberin, die polternd durch den dunklen Flur stampfte. Ihre übernatürlich großen Füße steckten in den klobigen weißen Latschen wie Presswürste. Bei jedem torkelnden Schritt klimperte ihr Schlüsselbund.
Bald waren weiter vorne Geräusche auszumachen – tierische Geräusche. Fauchen, Knurren und grelles Jaulen.
»Was ist das?«, ächzte Wisty. »Was jetzt!?«
Die Oberin deutete auf das andere Ende des Flurs. »Da ist euer Essen. Dahinten. Ganz hinten. Wasser findet ihr dort auch. Und vergesst die Eimer nicht.« Sie blickte auf ihre riesenhafte Metallarmbanduhr. »Ihr habt exakt vier Minuten. Seid ihr dann nicht zurück …« Ihre schwarzen Augen leuchteten, ihr Mund verzerrte sich zur grausigen Andeutung eines Lächelns. »… kann ich mir sicher sein, dass ihr von uns gegangen seid. Auf schmerzhafte Weise.« Damit wandte sie sich ab und trampelte wieder zur Schwesternstation, die etwa vierzig Meter hinter uns lag. »Viel Glück!«
Der dünne Eisenhenkel des Eimers rutschte mir fast aus der schweißnassen Hand. Der Flur vor uns wurde an beiden Seiten von hundeartigen Tieren gesäumt, von … tollwütigen Schäferhunden? Wölfen? Schwarzfellhyänen? Auf jeden Fall von ausgehungerten, zornigen, blutgierigen Viechern, die den gesamten Gang entlang an die Wände gekettet waren.
Irgendwie mussten wir es an ihnen vorbei- und wieder zurückschaffen … innerhalb von vier Minuten … zumindest wenn wir essen und trinken wollten.
Wenn wir leben wollten.
Wisty
Jeder, der schon mal am Rand einer echten Katastrophe – oder sogar des Todes – gewandelt ist, kann bezeugen, dass einem in solchen Momenten oft die alltäglichsten Dinge durch den Kopf gehen. Als ich mich darauf gefasst machte, mich den Monstern zum Fraß vorzuwerfen, dachte ich an einen supergemeinen Hund, der in unserer Nähe gewohnt hatte, als ich noch klein war. Meine Freunde und ich hatten immer auf unseren Fahrrädern die Straßenseite gewechselt, weil der Hund so beängstigend aussah und wir befürchteten, er könnte sich vielleicht doch losreißen, um uns in den Hintern zu beißen.
Der Hund hieß Prinzessin und war ein Shih Tzu. Im Vergleich zu den Viechern hier kam er mir vor wie ein flauschiger Teddy, den man in Puppenklamotten zum Nachmittagstee ausführen könnte.
»Sind das Hunde ?«, keuchte Whit, als wir uns langsam vortasteten. »Oder Wölfe?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich würde auf Höllenhunde tippen.«
»Jetzt wäre ein guter Moment, mal wieder in Flammen aufzugehen.«
»Ich krieg das nicht absichtlich hin«, zischte ich frustriert. »Ich versuch’s ja. Aber es klappt nicht.«
»Na gut. Dann mach ich mich mal auf den Weg«, zischte Whit zurück und atmete gedehnt durch.
»Nein«, schnaufte ich. »Ich bin klein und schnell.«
Doch bevor wir die Sache ausdiskutieren konnten, tauchte am anderen Ende des Flurs eine winzige, schemenhafte Gestalt auf. Eine Gestalt mit einem Eimer in der Hand.
»Wer ist das?«, flüsterte ich.
Wer-auch-immer schnellte plötzlich auf uns zu, schlug wilde Haken, krachte beinahe gegen die Wand und hastete Hals über Kopf weiter. Doch etwa zehn Meter vor uns stolperte und fiel er, sie oder es.
Augenblicklich
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