Witch & Wizard 1 - Verlorene Welt (German Edition)
Hauptsache, ich entkam diesem Schattenland-Albtraum. Aber das konnte ich Sasha im Moment nicht mitteilen. Schon allein deshalb, weil meine Zähne zu stark klapperten.
Plötzlich schlug uns eine ganz neue Kälte entgegen. Eine Kälte, die auf der Haut brannte und uns den Weg abschnitt.
Irgendwie hatte sich ein Verlorener zwischen uns und das Portal geschoben.
Stellt euch eine gleichmäßige Mischung aus Schmerz, Hass und Leid vor, die zu einer menschenähnlichen Gestalt geformt und in schwarze Farbe getunkt wird … dann wisst ihr in etwa, was da vor uns stand. Das schattige Gesicht der Kreatur hatte etwas beunruhigend, beängstigend Menschliches an sich. Doch ich sah keine Haut, sondern nur eine schimmernde dunkle Oberfläche, wo die Stirn, die Wangen und die Nase hingehört hätten … und dann waren da noch die Augen. Keine Pupillen. Nichts als gelblich orangefarbene Schlitze, die flackerten wie Fackeln in den Katakomben der Hölle.
Ich wollte schreien, schreien, schreien … doch die eisige Luft und meine panische Angst hatten mich offiziell gelähmt. Ich konnte nur noch die Augen zusammenkneifen, damit mir nicht die Pupillen gefroren.
Und so musste ich hilflos zusehen, wie uns die übrigen Verlorenen einkreisten. Wir waren umzingelt.
Doch dann – keine Ahnung, woher er die Kraft und den Mut nahm – trat Sasha einen Schritt vor und blickte dem Schatten vor dem Portal in die abgründigen gelben Augen. Das Klackern seiner Fingerklauen ignorierte er einfach.
»Okay, ihr habt uns erwischt«, meinte Sasha. »Aber das hier könnte euch interessieren.« Er zog einen Zettel aus der Hosentasche. »Das ist eine Karte. Darauf ist ein Portal eingezeichnet – kein normales Portal wie dieses hier, sondern ein Portal, das ihr benutzen könnt. Um hier rauszukommen, nach Hause.«
Die Kreatur schien zu verstehen. Ihr schien zu gefallen, was Sasha sagte.
Bis Sasha den Zettel mit großer Geste zerknüllte und auf den Boden schleuderte. Die Kreatur stieß ein schrilles, zorniges Kreischen aus und hechtete hinterher …
… und Sasha stieß Whit und mich kurzerhand durch das Portal. Zu dritt torkelten wir hinein, während sich Byron Arschlochschleimer Wiesel immer noch mit allen vier Beinchen an meine Hose klammerte. Der Widerling konnte einfach nicht loslassen.
Ein elektrisches Kribbeln erfasste meinen Körper. Es steigerte sich weiter und weiter, bis es mich durchschüttelte wie bei einer Turbokutschenfahrt über Kopfsteinpflaster.
Auf einmal waren wir auf der anderen Seite – wir waren im Freien . Im ersten Moment spürte ich bloß den Wind, der über meine Haut strich. Es war ein unglaublich gutes Gefühl, als wäre ich seit Jahren nicht mehr an der frischen Luft gewesen.
Ich hielt mich an Whit fest, sah mich um … und zuckte zusammen. »Oh Gott. Wo sind wir denn hier gelandet?«
Wisty
Wir befanden uns auf einem ausgetrockneten, trümmerübersäten Hang. Nicht besonders spektakulär, doch die Sonne schien und der Himmel war blau. Nach unseren entsetzlichen Minuten im Schattenland konnte ich kaum fassen, wie schön die echte Welt war.
»Diese komischen Verlorenen wollen unbedingt raus aus dem Schattenland, was?«, erkundigte Whit sich bei Sasha, während wir uns den Staub aus den Klamotten klopften.
»Ja. Deshalb hängen sie sich so hartnäckig an uns Menschen. Wir sollen ihnen helfen, einen Ausweg zu finden. Und wenn das nicht funktioniert – es funktioniert nie –, begnügen sie sich damit, unsere Wärme zu stehlen und unser Fleisch zu fressen.«
»Aber du hast ihnen doch die Karte gegeben. Eine Karte, mit der sie einen eigenen Weg in die echte Welt finden können«, erwiderte Whit.
»Also … erstens kann ich mir nicht vorstellen, dass die Dinger lesen können. Zweitens bin ich mir nicht sicher, dass sie in der echten Welt überleben können. Hoffentlich nicht! Und drittens war es keine Karte, sondern eine To-do-Liste, die ich abarbeiten wollte, wenn ich wieder in der Basis bin.«
»Das heißt, du hast dir das alles spontan ausgedacht, damit die Monster uns entkommen lassen?«
Sasha zuckte mit den Schultern und öffnete den Mund, doch ein grelles Pfeifen über unseren Köpfen schnitt ihm das Wort ab.
»Runter!«, brüllte Sasha und warf sich auf mich. Als wir zusammen auf dem Boden aufschlugen, wurde mir die Luft aus der Lunge gepresst.
Ich japste wie ein Fisch auf dem Trockenen, während mir das laute Schrillen fast das Trommelfell sprengte.
Dann kam das erste Bumm! Nein, es war ein BUMMMM! Der
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