Witch & Wizard 1 - Verlorene Welt (German Edition)
Boden vibrierte wie bei einem Erdbeben. Ich kniff die Augen zusammen. Sasha drückte mich noch fester auf die Erde und schirmte meinen Kopf mit den Händen ab. Irgendwie mochte ich den Typen.
BUMMMM! Noch mehr gewaltige Explosionen, noch mehr Rütteln und Schütteln, noch mehr Geröll und Matsch und Schutt regneten uns auf die Köpfe.
»Wisty!«, brüllte Whit.
Ich schnappte keuchend nach Luft. »Whit! Feffer!« Mehr brachte ich nicht heraus. Überall hingen Rauch und Staub, sodass ich kaum etwas sah.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis das Donnern endlich abebbte. Vorsichtig richtete Sasha sich auf. Ich konnte mich wieder bewegen, und eine Minute später war es endgültig vorbei. Was war vorbei?
»Puh!« Sasha grinste. Sein Gesicht war voller Dreck, nur der Mund und die Augen waren zu erkennen. Er erinnerte an einen gruseligen Zirkusclown, aber ich fürchte, ich sah auch nicht viel besser aus. »Sorry, dass ich dich so zerquetscht habe«, sagte er lächelnd.
»Kein Problem«, antwortete ich. »Da bin ich ganz anderes gewöhnt.«
Ich richtete mich mühsam auf. Byron Arschlochschleimer hatte sich um meinen Hals gewickelt wie eine verräterische Pelzstola. Nachdem ich mir die Erde abgewischt, den Staub aus den Augen geblinzelt und ausgiebig gehustet hatte, blickte ich mich um. »Was war das denn?«
Endlich entdeckte ich Whit. Und Feffer. Und Celia!
»Bomben«, erklärte Sasha, stand auf und klopfte sich den Schmutz von der Hose. »Seid ihr alle okay? Wie’s aussieht, sind wir in einem Kriegsgebiet rausgekommen. Passiert leider öfter.« Das sagte er einfach so. Als wäre es auch nicht ungewöhnlicher, als auf dem Weg zum Donutladen falsch abzubiegen.
Um uns herum lagen halb zerstörte Gebäude, Reste eines normalen Stadtviertels. Mitten in der Straße klafften Krater, die ganze Lastwagen verschlucken konnten. Überall Schutt und Asche. Ein tückischer Teppich aus verbogenem Metall, zersplittertem Glas, nackten Stromleitungen und scharfen Betonbrocken erstreckte sich unter unseren Füßen.
»Und wer hat uns bombardiert?« Ich zitterte immer noch am ganzen Leib. Genau wie Byron, der nun auf meiner Schulter hockte und sich an meinen Haaren festhielt. »Runter da!«, fauchte ich den Schmarotzer an.
»Die Neue Ordnung führt jeden Tag Bombardements durch«, erklärte Sasha. »Sie wissen, dass sich hier ein paar Kids eingenistet haben, und nach den Luftangriffen kommen sie rüber und suchen nach uns.« Er wischte sich das Haar aus dem Gesicht. »Hier wird’s nie langweilig!«
»Diese N.-O.-Typen sind ja richtige Herzchen«, meinte Whit und schüttelte ungläubig den Kopf.
Sasha wurde ernst. »Wir müssen euch sofort in Sicherheit bringen, Leute.«
»Moment!«, rief ich. »Erst müssen wir nach unseren Eltern suchen. Aber das kriegen Whit und ich schon alleine hin. Nicht dass wir euch nicht dankbar wären, aber …«
Celia und Sasha sahen sich kurz an. Für einen Moment wirkte Sasha alles andere als fröhlich und aufgeschlossen. »Ähm … darüber müssen wir uns noch unterhalten, Rotschopf.«
Ich starrte ihn wütend an.
»Den Spitznamen kann sie nicht leiden«, erklärte mein Bruder. »Nur zur Info.«
»Die Sache ist die«, erwiderte Sasha langsam und deutlich. »Ihr könnt nicht auf eigene Faust losziehen. Es wäre zu gefährlich. Es wäre dumm.« Er nahm die Kappe ab und knetete sie in den Händen. Das dichte rabenschwarze Haar fiel ihm vor die Augen. »Tut mir leid, Rotkäppchen.«
Wisty
» Rotkäppchen ist auch schlecht«, meinte Whit. »Und nenn sie bloß nicht Karottenkopf !«
»Was soll’s. Wir müssen unsere Eltern finden. Das ist unsere Mission«, sagte ich klipp und klar. »Die Familie geht vor.«
Celia trat einen Schritt auf mich zu und streckte die Hand aus. Eine zarte Brise strich über mein Haar. In ihren Augen spiegelte sich Mitgefühl. »Hör einfach zu, Wisty. Bitte.«
Mit einem Seufzen deutete Sasha auf die ausgebombte Umgebung. »Schaut euch doch mal um. So sieht’s fast in der ganzen Stadt aus. ›Löbliche‹ Viertel werden von der N. O. übernommen und nach ihren Vorstellungen umgestaltet. Alles andere wird … plattgemacht. Dem Erdboden gleichgemacht. «
»Ich weiß, und das ist furchtbar«, sagte ich. »Es ist schrecklicher als schrecklich. Ich hab’s kapiert. Aber was hat das mit unseren Eltern zu tun?«
»Könntest du bitte mal die Ohren aufsperren? Die Kacke ist überall am Dampfen. Wir haben keine Ahnung, wo eure Eltern festgehalten werden oder ob sie
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