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Witwe für ein Jahr (German Edition)

Witwe für ein Jahr (German Edition)

Titel: Witwe für ein Jahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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nicht.«
    »Klar kann ich das machen«, sagte Eduardo. »Installationen mach ich nicht, aber ich kenne einen Mann …«
    »Ganz wie Sie meinen«, sagte Ted abermals. »Nehmen Sie die Sache in die Hand. Und was ist mit Ihrer Frau?« fügte er hinzu.
    »Was soll mit ihr sein?« fragte Eduardo.
    »Na ja, ich meine, arbeitet sie auch? Was macht sie?«
    »Sie kocht. Manchmal hütet sie unsere Enkelin, manchmal auch die Kinder von anderen Leuten. Und sie macht in mehreren Häusern sauber …«
    »Vielleicht mag sie ja dieses Haus saubermachen«, sagte Ted. »Vielleicht mag sie für mich kochen und sich um meine vierjährige Tochter kümmern. Sie ist ein nettes kleines Mädchen. Sie heißt Ruth.«
    »Aber sicher, ich werde meine Frau fragen. Sie ist bestimmt einverstanden«, antwortete Eduardo.
    Eddie war überzeugt, daß Marion am Boden zerstört gewesen wäre, wenn sie diese Verhandlungen hätte mit anhören müssen. Sie war noch keine vierundzwanzig Stunden fort, und schon hatte ihr Mann sie – zumindest in Gedanken – ersetzt. Er hatte einen Gärtner und Handwerker eingestellt, im Grunde einen Hausmeister, ein Faktotum, und dessen Frau würde demnächst das Kochen übernehmen und sich um Ruth kümmern!
    »Wie heißt Ihre Frau?« fragte Ted.
    »Conchita, nicht wie die Banane«, antwortete Eduardo.
    Es dauerte nicht lange, da kochte Conchita für Ted und Ruth; sie wurde nicht nur Ruths Hauptkindermädchen, sondern wenn Ted unterwegs war, zogen sie und Eduardo in das Haus an der Parsonage Lane und kümmerten sich um Ruth, als wären sie ihre Eltern. Und ihre Enkelin Maria, die so alt war wie Ruth, wurde in dieser Zeit Ruths regelmäßige Spielkameradin.
    Daß Mrs. Vaughn Eduardo hinausgeworfen hatte, hatte für diesen nur angenehme und lukrative Folgen; bald bezog er sein Haupteinkommen von Ted Cole, der auch für Conchitas Haupteinkommen sorgte. Und wie sich herausstellte, war Ted als Arbeitgeber sehr viel liebenswerter und zuverlässiger denn als Mann. (Wenn auch nicht Eddie gegenüber.)
    »Also, wann können Sie anfangen?« fragte Ted Eduardo an jenem frühen Samstagmorgen im August 1958.
    »Wann Sie wünschen«, antwortete Eduardo.
    »Gut. Sie können sofort anfangen, Eduardo«, erklärte Ted. Ohne Eddie anzusehen, der bei ihnen im Garten stand, fügte er hinzu: »Als erstes können Sie gleich diesen jungen Mann zur Fähre nach Orient Point fahren.«
    »Selbstverständlich«, sagte Eduardo. Er nickte Eddie höflich zu, und Eddie nickte zurück.
    »Du kannst dich sofort auf den Weg machen, Eddie«, sagte Ted. »Ich meine, vor dem Frühstück.«
    »Mir soll’s recht sein«, entgegnete Eddie. »Ich hole nur meine Sachen.«
    Und so kam es, daß Eddie O’Hare abreiste, ohne sich von Ruth zu verabschieden; er mußte das Haus zu einer Zeit verlassen, als sie noch schlief. Eddie rief nur noch schnell zu Hause an. Er hatte seine Eltern nach Mitternacht geweckt; nun weckte er sie wieder, vor sieben Uhr früh.
    »Wenn ich vor dir in New London ankomme, warte ich einfach an den Docks auf dich«, erklärte Eddie seinem Vater. »Fahr vorsichtig.«
    »Ich werde dasein! Ich hole dich an der Fähre ab! Wir werden beide dasein, Edward!« versicherte Minty ihm hastig.
    Die Liste sämtlicher in den Hamptons lebender Exonianer hätte Eddie um ein Haar wieder eingepackt. Doch statt dessen riß er jedes Blatt einzeln in lange, schmale Streifen und zerknüllte sie zu einem Ball, den er in den Papierkorb im Gästezimmer warf. Nachdem Eddie abgereist war, schnüffelte Ted in seinem Zimmer herum und entdeckte die Schnipsel, die er irrtümlich für Liebesbriefe hielt. Sorgfältig setzte er sie wieder zusammen, bis ihm klar wurde, daß weder Eddie noch Marion solche »Liebesbriefe« verfaßt haben konnten.
    Ganz obenauf in Eddies kleinem Koffer lag das O’Haresche Familienexemplar der Maus, die in der Wand krabbelt. Minty hatte es von Ted Cole signiert haben wollen, doch unter den gegebenen Umständen konnte Eddie sich nicht dazu durchringen, den berühmten Autor und Illustrator um ein Autogramm zu bitten. Dafür steckte er eines von Teds Schreibgeräten ein; es war ein Füller mit einer besonderen Feder, die Ted zum Signieren benutzte. Auf der Fähre würde Eddie vermutlich Zeit haben, Teds sorgfältige Schönschrift nachzuahmen, und er hoffte inständig, daß seine Eltern nie dahinterkamen.
    Als sie sich in der Einfahrt verabschiedeten, gab es auf beiden Seiten wenig zu sagen.
    »Na ja«, sagte Ted. Und nach einer Pause: »Du bist ein guter

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