Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
Erhalt einer Vertragstranche zurückzahlt) + C (Umverteilung, also der Teil des Gewinns aus dem Vertrag, Projekt oder Auftrag, der nach dem echten oder scheinbaren Abschluss aller Arbeiten verteilt wird).
Wichtig ist außerdem das Verständnis einiger weiterer, nichtnumerischer Prinzipien der ROS-Wirtschaft, zum Beispiel:
• Der Erhalt der »Bestechungssteuer« ist innerhalb dieses Systems ungleich wichtiger als das Resultat: Man muss beispielsweise eine Straße nicht unbedingt bauen, und das Geld, das für ihren Bau bereitgestellt wurde, kann als »Fehlinvestition« abgeschrieben werden (Putin brachte diesen Begriff offiziell als Euphemismus für Diebstahl in Umlauf, und zwar bei seiner Pressekonferenz im April 2013 in Moskau); wenn aber eine »Fehlinvestition« unmöglich oder nicht geplant ist, dann sollte die Straße besser überhaupt nicht gebaut werden.
• Das Schema T = I + K + C funktioniert ausnahmslos in allen Zweigen – von Öllieferungen bis Werbung und Public Relations.
• Bei der Verteilung von Aufträgen der nichtstaatlichen Konzerne florieren RASPIL, OTKAT und SANOS ebenso wie im staatlichen Sektor. Die Überlegung »Ein Top-Manager oder Aktionär einer privaten Firma wird sich selbst nicht bestehlen« trifft im modernen Russland nicht zu, weil die Interessen der Menschen, die für die Verteilung von Verträgen und Aufträgen in diesen Konzernen sorgen, nicht identisch sind mit ihren Interessen als juristisch autonome Personen oder mit denen der Eigentümergemeinschaft als Ganzes. Einfacher gesagt: Es ist für den leitenden Partner eines Unternehmens einfacher, sich eine bestimmte Summe als korrupte Zahlung in die Tasche zu stecken, als Boni von einer Maximalisierung der Erträge von dem Konzern zu erwarten, dessen Leitung ihm anvertraut wurde.
Als Putin an die Macht kam, schwankte die mittlere »Bestechungssteuer« (in Abhängigkeit vom Wirtschaftszweig, dem Verwendungszweck und der Art der zu verteilenden Gelder) zwischen 10 und 20 Prozent. Böse Zungen hängten dem ehemaligen Ministerpräsidenten Michail Kassjanow (2000 bis 2004) den beleidigenden Spitznamen »Mischa 2 Prozent« an – so viel zog er angeblich aus jedem von ihm beaufsichtigten Geschäftsabschluss ab. (Heute wirken die sakramentalen 2 Prozent geradezu lächerlich.)
In diesem Stadium der Entwicklung war die Korruption eine Art Motor und Katalysator für die Wirtschaft, denn sie zwang dazu, staatliche und nichtstaatliche Gelder für alle möglichen Projekte auszugeben, die manchmal durchaus nützlich waren und andernfalls nie realisiert worden wären – ein Projekt ohne Diebstahl zu finanzieren hat keinen Sinn.
Unter Putin erreichte die »Bestechungssteuer« bereits 50 Prozent, in einigen Fällen auch mehr. Damit wurde die Korruption mittlerweise zu einer Bremse für die Wirtschaftsentwicklung, denn bei diesem Umfang kann man jedes Projekt verwirklichen, selbst wenn die Kosten alle Vernunft übersteigen oder wenn an der Qualität der Ausführung gespart wird. Man kann also dem Gedanken zustimmen, dass sich unter dem derzeitigen »Nationalführer« die russische Korruption von einer teilweise positiven Erscheinung zu einer vollständig negativen gewandelt hat.
Aber man sollte das Maß der persönlichen Schuld Putins nicht übertreiben. Es war wohl eher seine Ehrlichkeit, die ihm einen Streich gespielt hat. Ja doch, seine Ehrlichkeit. Denn die ROS-Wirtschaft hat sich durchaus nicht unter Putin herausgebildet, sondern bereits Ende 1993, nachdem Jelzin das russische Parlament abgeschossen hatte. Gänzlich unumkehrbar wurde die Entwicklung dieses Wirtschaftstyps 1996 nach Jelzins zweifelhaftem Sieg bei den Präsidentschaftswahlen, an dem eben jene Oligarchen keinen geringen Anteil gehabt hatten. Nach den Wahlen zwangen sie dem Kreml endgültig ihre Spielregeln auf.
Und auch Putin war 1999 berufen, die Regeln der Korruption nicht zu brechen, sondern in Ehren zu halten. Das tut er ganz ehrlich bis zum heutigen Tag. Die Korruption hingegen ist wie ein Krebsgeschwür schon längst nicht mehr kontrollierbar und hat in allen Organen und Geweben des russischen Staatsorganismus unzählige Metastasen gebildet. Das wiederum ist generell ein traditionelles Gesetz der Kleptokratie der Dritten Welt, zu der man die heutige Russische Föderation zählen kann.
Als Diebstahl in besonders großem Umfang kann man die Lieblingskreation von Putin anführen – die Olympischen Winterspiele 2014, die an dem bekannten russischen subtropischen
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