Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
Beteiligung an dieser seltsamen Polonium-Vergiftung entdecken.
Boris Beresowski war 1996 bis 1998 der wohl einflussreichste Geschäftsmann Russlands und (neben Tschubais) einer der Architekten des skandalösen Siegs von Boris Jelzin bei den Präsidentschaftswahlen 1996. Er war der Ideologe des politischen Kreml-Blocks »Einheit« vor den Parlamentswahlen 1999 (auf der Basis von »Einheit« entstand 2002 die berüchtigte Partei »Einiges Russland«). Im Jahr 2000 verließ er Russland – vorgeblich wegen einer Auseinandersetzung mit Putin, faktisch jedoch kann man davon ausgehen, dass die Familie von Boris Jelzin seiner Exzentrik, Extravertiertheit und des übermäßigen Redeflusses des Oligarchen überdrüssig geworden war.
Daraufhin verkaufte Beresowski seine russischen Aktiva – seine Anteile an der Ölfirma Sibneft, an der Fluggesellschaft Aeroflot und am russischen staatlichen Fernsehsender (dem Ersten Kanal des nationalen TV) für fast 2 Milliarden Dollar. Man beachte: Er verkaufte sie und verlor sie nicht wie später der verfolgte Chodorkowski. Und er verkaufte für eine Summe, die sich mittlerweile unter Berücksichtigung der Inflation und der Entwicklung der internationalen Finanzmärkte im vergangenen Jahrzehnt in ganze 10 Milliarden Dollar hätte verwandeln können. Als Käufer trat Boris Beresowskis Partner, der mit Putin eng vertraute Geschäftsmann Roman Abramowitsch auf, von dem hier schon öfter die Rede war. Das bedeutet, dass sowohl Putin als auch Abramowitsch trotz ihres Konflikts mit Beresowski ihn auf ihre Weise achteten und nicht vorhatten, ihn zu vernichten.
Dennoch strengte Beresowski 2007 in London einen Prozess gegen Abramowitsch an, er wollte zusätzliches Geld – nicht weniger als 5,6 Milliarden Dollar – für Aktiva, die angeblich zu gering geschätzt und unter Druck verkauft worden waren. Das Gericht bereitete dem Kläger eine vernichtende Niederlage. Ende 2012 bewertete die Richterin des Hohen Gerichts der britischen Hauptstadt, Baroness Elizabeth Gloster, nicht nur seine Forderungen als unbegründet, sondern stellte Beresowski auch gleich die Diagnose der self-delusion, einer krankhaften Selbsttäuschung – Symptom für eine schizophrene Persönlichkeitsstörung bei jemandem, der in einer erfundenen Realität lebt.
Das Verdikt von Ms. Gloster über den Ex-Oligarchen, das diesem seine letzte Hoffnung auf eine umfassende Bereicherung nahm, stürzte ihn in eine tiefe Depression. Als man am 13. März 2013 70 Kilometer von London entfernt im Haus von Beresowskis Ex-Frau Galina Bescharowa den leblosen Körper des ehemaligen russischen Kingmakers fand, sprach so mancher von heimtückischem Mord, dessen Spuren in die Putin-Residenz Nowo-Ogarjowo wiesen.
Ich habe das übrigens nie behauptet. Als alter Bekannter von Beresowski weiß ich, wie stark er unter depressiven Zuständen und Stimmungsschwankungen litt. Erst recht, wenn die Gründe so offensichtlich auf der Hand lagen! Mittlerweile räumen auch die Verwandten des Verstorbenen sowie seine Assistenten einschließlich Alexander Goldfarb, geschäftsführender Direktor des von Beresowski gesponserten Fonds für bürgerliche Freiheiten, ein: Es war Selbstmord. Der Unglückliche hatte sich im Badezimmer aufgehängt, in dem er sich zuvor eingeschlossen hatte.
Hatte Wladimir Putin also auch damit nichts zu tun? The man who wasn’t there – wie es zu Beginn unserer Erzählung hieß. Und was ist mit der Ausbreitung der bereits sprichwörtlich gewordenen Korruption? Einen leichten Anstieg der Korruption in Putins Russland gibt es wahrhaftig.
In einem Land, das bereits seit fast vierzehn Jahren von unserem Helden regiert wird, hat sich ein Wirtschaftstyp herausgebildet, den ich ROS nenne – RASPIL (Um- und Neuverteilung), OTKAT (Cashback) und SANOS (Bakschisch). In diesem ökonomischen System trifft man jegliche Entscheidung, egal wie wichtig oder wie hoch angesiedelt sie ist, unter Berücksichtigung der anfallenden »Bestechungssteuer«, mit der das eine oder andere Geschäft belegt wird. Die »Bestechungssteuer« lässt sich mit der sogenannten kleinen Belkowski-Formel ermitteln:
T (Steuer) = I (Höhe des Bakschisch, also ein vorab gezahltes Bestechungsgeld für das Recht, an der Realisierung eines Projektes teilnehmen zu dürfen, einen Vertrag zu bedienen, den Auftrag noch vor Vertragsabschluss zu erhalten) + K (Cashback, also der Teil des Budgets des Projekts, Vertrags oder Auftrags, den der Auftragnehmer dem Auftraggeber nach dem
Weitere Kostenlose Bücher