Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
bereits 1950 geboren. Bald darauf verließ seine Mutter Platon Priwalow und ging nach Georgien, wo sie bis heute lebt. Ihr neuer Mann wurde der Georgier Georgi Osipaschwili; in dieser Ehe wurden zehn (!) Kinder geboren. Allerdings wollte Osipaschwili Wladimir Putin nicht als sein Kind anerkennen.
Daraufhin schickte Vera den kleinen Wladimir nach Leningrad und bewirkte seine Adoption durch ihren kinderlosen Verwandten Wladimir Spiridonowitsch Putin. Während seiner Zeit in Georgien wurde aus dem kleinen Wladimir Putin, der praktisch ohne Vater und ohne die Liebe und Pflege seiner Eltern aufwuchs, ein verschlossenes und grimmiges Kind. Er entwickelte eine Leidenschaft für das Angeln, hasst jedoch seitdem die Georgier als Ethnie und als Gruppe mit bestimmten ethnokulturellen Zügen.
Damit ist seine allgemein antigeorgische Gestimmtheit und seine oft unmotiviert wirkende Politik zu erklären. Einige meinen, das Problem läge bei dem ehemaligen Präsidenten Georgiens Michail Saakaschwili, zu dem Putin ein höchst kompliziertes Verhältnis hat. Allerdings hatte der kalte russisch-georgische Krieg bereits unter Präsident Edward Schewardnadse begonnen. 2002 wurde eine Visumpflicht eingeführt – ein Novum für einen GUS-Staat, der dazu noch in so enger Verbindung mit Russland stand. Bekanntlich brach Putin 2012 endgültig mit Patenkind und Ziehtochter Xenija Sobtschak, als er erfuhr, dass sie die Moderation einer Sendung im georgischen Fernsehkanal PIK übernommen hatte. Derartige Beispiele gibt es viele. Von einigen wird noch die Rede sein.
Das Geheimnis von Putins Kindheit ist eine der Antriebskräfte für sein Verhalten und letztlich auch für seinen Werdegang. Dieses Geheimnis versuchte als einer der Ersten der bekannte Journalist Artjom Borowik zu lüften. Er ist der Nachfolger und Schüler des legendären Julian Semjonow, Autor des Drehbuchs zu Siebzehn Augenblicke des Frühlings . Dabei handelt es sich um eine sowjetische Fernsehserie über einen Spion namens Stierlitz, die Putin einer Legende nach dazu motivierte, sich beim KGB zu bewerben.
Vermutlich stützte sich Borowik auf Quellen aus dem Umfeld des heutigen Nachrichtendienstes und dessen ehemaligen Chefs Jewgeni Primakow. Am 9. März 2000 kam Artjom Borowik bei einem Flugzeugabsturz ums Leben – der Privatjet, an dessen Bord sich außer ihm Sija Baschajew befunden hatte, Erdölunternehmer und Partner der Firma Rosneft, stürzte ab, kaum dass er von der Startbahn des Moskauer Flughafens Wnukowo abgehoben hatte.
Daraufhin übernahm inoffiziell Putins Assistent Igor Setschin (der dann später im JUKOS-Fall von sich reden machte) Baschajews Posten bei Rosneft. Oft schon habe ich den liberalen Journalisten empfohlen, dieses Thema näher zu beleuchten, aber bisher hat es niemand gewagt.
Ich weiß nicht, ob der selige Borowik in der richtigen Richtung geforscht hat. Aber es ist auffällig, dass sich unter Putins Freunden, die eine große Rolle bei seiner Erhebung auf den Kreml-Thron gespielt haben, zwei besonders hervorheben: Roman Abramowitsch, einer der reichsten Menschen Russlands, ehemaliger Eigentümer der Ölfirma Sibneft und Kassenwart des Jelzin-Clans, und Walentin Jumaschew, Jelzins Schwiegersohn und ehemaliger Chef der Kreml-Administration. Beide haben ihren Vater früh verloren. Lag es daran, dass sie Putin besser als andere verstanden und glaubten, er würde sie nicht betrügen und ihre Interessen nicht verraten, nachdem er allmächtiger russischer Zar geworden war, was ihm im russischen nationalen Verständnis das Recht gibt, sich nicht nur über das Gesetz, sondern auch über alle persönlichen Verpflichtungen zu stellen? Gab es etwa in der russischen Geschichte viele Herrscher, die jene nicht verrieten, die sie an die Macht gebracht hatten? Vor Putin fast keinen. Allenfalls Katharina die Große ist hier eine Ausnahme, aber in ihrer späten Regierungszeit spielten die Helden ihrer Inthronisierung keine große Rolle mehr.
Allem Anschein nach wurzelt hier das gesteigerte Interesse von Wladimir Putin an Waisen und Adoption. Ende 2012 wurde in den USA der berühmte »Magnitsky Act« verabschiedet, der es ermöglicht, korrupten russischen Geschäftemachern und Menschenrechtsverletzern die Einreise zu verweigern und gleichzeitig ihren amerikanischen Besitz zu beschlagnahmen. Einige Zeit lang suchte der Kreml nach einer angemessenen Reaktion auf diese Geste Washingtons, die man in Moskau als offene Beleidigung wertete. Und er fand sie.
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