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Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Titel: Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Belkowski
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nach Russland konnte, um den schwer verletzten Ölgiganten operativ zu lenken. Chef von JUKOS – als Letzter aus den eigenen Reihen – wurde Aleksanjan.
    Der neue geschäftsführende Vizepräsident mit den Vollmachten eines Präsidenten machte sich eifrig an die Arbeit. Oberste Aufgabe war die Wiederherstellung der Lenkbarkeit des Unternehmens JUKOS-RM, das sich um den gesamten Absatz und die wesentlichen Finanzströme des Erdöl- und Gasunternehmens innerhalb des Landes kümmerte. Der Präsident von JUKOS-RM, Anatoli Nasarow, hatte zu diesem Zeitpunkt bereits begriffen, dass jeglicher Widerstand gegen Setschins Daumenschraube sinnlos war und eine Loyalität gegenüber Chodorkowski noch sinnloser. Er arbeitete offen im Interesse von Rosneft und bereitete sich auf die Übergabe von JUKOS-RM an die Angreifer vor.
    Aleksanjan versuchte, diesen Prozess aufzuhalten. Unter Ausnutzung seiner neuen Vollmachten ernannte er innerhalb von JUKOS-RM Roman Chomenko zum ersten Vizepräsidenten für kommerzielle Fragen – er war einer der letzten Manager, die noch nicht auf Setschins Seite gewechselt waren. Verständlicherweise musste die Entlassung Nasarows der nächste Schritt sein. Der Präsident von JUKOS-RM ging in den Untergrund und rechnete sich aus, dass die neue exzentrische Geschäftsleitung nicht lange durchhalten würde.
    Die Rechnung ging auf. Am 6. April wurde Wassili Aleksanjan vor das Simonowski-Gericht geladen, wo er angeklagt war, sich Aktien von zwölf JUKOS-Töchtern, vor allem von Tomskneft, angeeignet zu haben. Im Gericht hatte man schon alles für seine Verhaftung vorbereitet, was man mit bloßem Auge erkennen konnte. Nachdem er von seinem Anwalt ein Warnsignal erhalten hatte, verschwand Aleksanjan. Von nun an war sein Mobiltelefon gesperrt. Er begann zu verstehen, dass Deripaskas Sicherheitsgarantien nichts taugten. Setschin betrieb wie 2003 ein Vabanquespiel. Für ihn war es wichtig, den Gedanken im Keim zu ersticken, außer ihm selbst könne sich noch jemand anderer im Recht wähnen, sich an den JUKOS-Aktiva vergreifen zu dürfen.
    Aleksanjan wurde am nächsten Tag, dem 7. April, in einer Wohnung am Semljany wal verhaftet, wo er, der die Hoffnung auf einen Karrieresprung noch nicht ganz aufgegeben hatte, mit Deripaskas Boten das weitere Vorgehen besprechen wollte. Als die Polizisten kamen, um Aleksanjan zu verhaften, blieb die Tür verschlossen, als ginge man in der Wohnung davon aus, die Polizisten könnten den ganzen Tag warten und auch die Nacht ausharren. Die Tür wurde von einer Truppe des Katastrophenministeriums aufgebrochen. Vom Semljany wal aus begab sich der geschäftsführende Vizepräsident von JUKOS direkt ins Gefängnis Matrosskaja tischina. Deripaska wusch allem Anschein nach seine Hände in Unschuld und unternahm keinen Versuch, Aleksanjan aus dem Gefängnis zu holen. Na, dann hatte es eben nicht geklappt mit JUKOS, das konnte schon mal vorkommen. Der verhinderte JUKOS-Präsident erkrankte schließlich an Aids sowie an Tuberkulose und erblindete. Unter großer Anstrengung gelang es Aleksanjan, zunächst aus seiner Zelle ins Gefängniskrankenhaus verlegt zu werden, wo man ihn mit Handschellen ans Bett kettete. 2008 ließ man ihn schließlich auf Kaution frei. Erst 2010 wurde der Fall Aleksanjan eingestellt – nicht aufgrund einer Rehabilitation natürlich, sondern im Zusammenhang mit seinem Ableben.
    Ein Jahr später unternahm Jelzins Schwiegersohn Walentin Jumaschew einen zweiten Versuch, in das Ölbusiness einzusteigen, und zwar durch den Ankauf von Russneft. Auch Guzerijew versuchte, sich kleine Brocken vom verwüsteten, doch immer noch reich gedeckten Tisch des Chodorkowski-Imperiums zu schnappen – was wiederum Deripaska und seinen zur Unzeit erwachten Ambitionen für den Ölsektor von Nutzen war.
    Wieder einmal war Setschin kategorisch dagegen. Dennoch erwirkte Deripaska dank der Mitwirkung von engen Familienangehörigen Putins formales Einverständnis für den Megadeal. Aber das half ihm nicht. Guzerijew musste nach London fliehen. Doch das ist eine andere Geschichte …
    Die schöngeistige Rhetorik der Elite darüber, dass die gesamte russische Geschäftswelt sich nichts mehr wünsche als Chodorkowskis Freilassung, ist nur für Investmentkonferenzen in London und ähnliche Anlässe gedacht. Diesseits der russischen Grenze sieht die Realität ein wenig anders aus.
    Welche Perspektiven für eine politische Karriere hat Michail Chodorkowski?
    Ich meine, man sollte sie nicht zu

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