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Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Titel: Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Belkowski
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hoch ansetzen. Als MBCh Politiker wurde – und gleichzeitig eine wichtige, selbstständige politische Figur –, saß er bereits im Gefängnis. Bis zum 25. Oktober 2003 mag er sich als Politiker gesehen haben, war jedoch wohl eher ein Instrument der Manipulationen anderer.
    Chodorkowskis Politik in zehn Jahren Gefängnis hat gezeigt: Er ist ein systeminterner Spieler geblieben, der stets von seinen Möglichkeiten ausgeht. Man sollte aus Chodorkowski keinen systemfeindlichen Revolutionär machen, der das Volk zum Sturm auf den Kreml bewegen kann. Die Sprache der heutigen Eliten ist für ihn nach wie vor annehmbarer als eine radikale Rhetorik, egal wie sie beschaffen ist. In diesem Sinne ist Chodorkowski kein Nelson Mandela, der bereit ist, ewig im Gefängnis zu sitzen, weil seine Sache sowieso den Sieg davontragen wird. Und er ist auch nicht vergleichbar mit Julia Timoschenko, für die das Gefängnis nur ein weiterer Beweis ihrer Genialität ist, während sie alle anderen im Großen und Ganzen für Idioten hält. Seiner Mentalität nach ist Chodorkowski eher ein Manager als ein politischer Anführer. Aber Chodorkowski hat uns in diesen zehn Jahren eine unschätzbare Lektion in Tapferkeit und Würde erteilt. Als Symbol für Moral und als Bastion ist er unersetzlich.
    Das alles kann man jedoch nicht mit Politik gleichsetzen. Deswegen möchte ich all jenen, die bereits an Websites »Chodorkowski for president« basteln, den Ratschlag geben, sich ein wenig zu beruhigen. Diese Übereiltheit täuscht uns und hilft ihm nicht im Geringsten.

Kapitel 13: Die tschetschenische Internationale
    Tschetschenien ist für Putins Russland und für ihn persönlich etwas Heiliges, auch wenn es sich dabei um eine islamische Region handelt und das (zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Buches) amtierende Oberhaupt des russischen Staates sich als russisch-orthodoxen Christen bezeichnet.
    Übrigens sind sowohl die erste wie auch die zweite Behauptung relativ. In der Tschetschenischen Republik – der bekanntesten Region des russischen Nordkaukasus – herrschen bis zum heutigen Tag eher stammesartige, neoheidnische Bräuche, und der entsprechende Gesetzeskodex ist der Adat, der faktisch über dem islamischen Recht (Scharia) steht. (Dennoch kann man nicht leugnen, dass der Präsident der Republik, Ramsan Kadyrow, formal große Anstrengungen für eine Islamisierung der Region unternimmt.)
    Ähnliches lässt sich über Putin sagen. Er ist weniger ein hundertprozentiger Christ als vielmehr ein Vertreter der klassischen russischen Religiosität, einer äußerlichen Orthodoxie mit heidnischen Einsprengseln, die darin eingelassen sind wie Brillanten und Rubine in die Zarenkrone. Dank des tschetschenischen Themas und des Wortes »Tschetschenien« wurde WWP überhaupt erst zum Präsidenten von Russland, und er fühlt sich auf dem russischen Thron bis heute recht sicher.
    Dabei wissen wir, dass er anfangs gar nicht russisches Staatsoberhaupt werden wollte. Tschetschenien jedoch brachte ihn auf den Weg dorthin, berief ihn auf seinen Posten, kann ihn nicht mehr entlassen. So wie auch er die Bergrepublik – rein formal – nicht aus dem Bestand der Russischen Föderation entlassen konnte.
    Auch wenn es für ein weiteres Verständnis seiner Person unabdingbar ist, erinnert sich heute kaum noch jemand daran, dass Putin nicht einen der tschetschenischen Kriege begonnen hat. Beide Kriege (1994 und 1999) entsprachen dem politischen Willen von Boris Jelzin. Ja, der Krieg 1999 war ein Bestandteil der »Operation Nachfolger« und konnte in diesem Sinne geführt werden, um damit auch Aksjonenko oder Stepaschin zu nutzen. Aber eine Entscheidung dieses Niveaus konnte bis zu seinem Abpfiff (am 31. Dezember 1999) nur Jelzin treffen.
    Wenn man also jemanden für die beiden »Anti-Terror-Operationen« in Tschetschenien vor das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag bringen will, dann müsste es der selige Jelzin sein.
    Faktisch gewann Tschetschenien den zweiten Krieg (1999 bis 2003), was Putin praktisch zugegeben hat. Der andere Krieg von 1994 sollte das Unmögliche möglich machen – eine Wiederwahl Boris Jelzins für eine zweite Amtszeit. Er wurde 1999 erneut entfacht, um Wladimir Putin den Weg in den Kreml als Jelzins Nachfolger zu ebnen.
    Vielleicht geht er aber auch auf den Krieg zurück, den das russische Imperium bereits 1817 anzettelte und 1864 fälschlicherweise für siegreich beendet erklärte. Der Krieg um die Kontrolle des Nordkaukasus hatte fast

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