Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
2007) 3 Milliarden Dollar zur Verfügung, die von JUKOS stammten, als es mit Sibneft fusionierte. Selbst bei einer konservativen Anlage dieser Summe auf dem russischen Finanzmarkt, der sich damals in einer wilden Wachstumsphase befand, muss sich die Summe mindestens verdoppelt haben.
Mitte 2007 wurden diese 3 Milliarden Dollar den anderen Aktiva von JUKOS zugeschlagen und gelangten in den Gemeinschaftstopf von Rosneft. Um diese hohe Summe zu legalisieren, fand ein Deal über eine gewisse LLC Prana statt, bei der das Moskauer Hauptquartier von JUKOS für eine Riesensumme verkauft wurde.
Eine noch dramatischere Rolle hatte auch Deripaska für das Schicksal von JUKOS gespielt. Ausgerechnet zu Beginn des Jahres 2006, als JUKOS unter Beobachtung gestellt wurde, entschied sich Oleg Deripaska, ins Ölgeschäft zu gehen. Er hätte dafür keine besseren Bedingungen haben können, als einen Teil der Aktiva von JUKOS zu übernehmen, an deren baldigem Bankrott kein Zweifel bestehen konnte. Natürlich hielten viele Geschäftsleute ein solches Szenario für übermäßig riskant, nicht jedoch Deripaska. Und dabei lag es nicht nur daran, dass der wichtigste Aluminiummagnat der Russischen Föderation an derartige Manöver am Rande eines Fouls und darüber hinaus gewöhnt war.
Denn 2001 hatte Deripaska geradezu einen Schutzbrief erhalten, als er die wohl weiseste Geschäftsentscheidung seines Lebens traf: Er heiratete Polina Jumaschewa und wurde auf diese Weise Teil der Familie Jelzin. Und alles, was mit dem ersten Präsidenten der Russischen Föderation zu tun hat, war und bleibt für den Kreml unantastbar – unter Putin, unter Medwedew und dann wieder unter Putin. Deswegen hatte Deripaska nicht die geringste Angst, er könne Verluste erleiden oder müsse gar das Schicksal von Chodorkowski teilen, und er tat recht daran. Die Frage war eine andere: Wie konnte er bei JUKOS einsteigen, um bei der Verteilung der verbleibenden Aktiva Einfluss nehmen zu können?
Es wurde folgender Plan erarbeitet: Man nehme einen ambitionierten Mitarbeiter von JUKOS aus dem oberen bis mittleren Segment, der den Ruf als »Manager eines Pleiteunternehmens« nicht gebrauchen kann und bei dem riskante Unternehmungen einen Adrenalinschub auslösen. Mit dem Versprechen, man werde denen das Leben erleichtern, die wegen des Falls JUKOS bereits einsitzen, wird dieser Mitarbeiter zum Leiter des Unternehmens gemacht, bevor es Bankrott anmeldet. Und dann beginnt der Handel, jedoch nicht zwischen diesem Mitarbeiter und der Staatsmacht, sondern zwischen Deripaska und Setschin. Damit geht JUKOS nicht auf einen über, sondern wird durch zwei geteilt. Ist das etwa ungerecht? Wenn einer der großen Nutznießer des Falls JUKOS ein wahrhaft treuer Putin-Anhänger ist, der zusammen mit dem zweiten Präsidenten aus den Tiefen des Petersburger Erzes stammt, dann muss der zweite logischerweise ein Familienmitglied des ersten Präsidenten sein.
Als Opfer wählte man, wie wir uns schon denken können, den Justitiar von JUKOS, Wassili Aleksanjan – Chodorkowskis Liebling, Absolvent von Harvard, ein Hätschelkind des Schicksals. Von seinen Ambitionen und seinem psychologischen Typus her passte er ideal. Damals sagte man, er rechne damit, durch seine Mitwirkung am JUKOS-Finale eine ganze Milliarde Dollar einzustreichen. Ich meine jedoch, dass das Geld nicht die wichtigste Rolle in seiner Wahl spielte. Wichtig war der Zugang zu freiem Manövriergelände.
Soweit es sich beurteilen lässt, fand das historische Treffen zwischen dem JUKOS-Justitiar und Oleg Deripaska Ende März 2006 statt. Im Verlauf dieser Zusammenkunft bekräftigte der VIP-Schwiegersohn die Ernsthaftigkeit seiner Absichten und garantierte, Aleksanjan befände sich in völliger Sicherheit, alles sei mit dem Kreml und der Generalstaatsanwaltschaft abgestimmt. Aleksanjans Aufgabe bestehe darin, den Prozess einer sanften JUKOS-Insolvenz zur allgemeinen Zufriedenheit und mit dem Resultat zu gewährleisten, dass die Familie von Boris Jelzin ein gleichwertiger Spieler auf dem so ungestüm anwachsenden Ölmarkt werden könne. Als Preis winkten die ersehnte Milliarde Dollar und der internationale Ruhm, was noch viel wichtiger war.
Am 1. April (ein übler Scherz!) 2006 gab der JUKOS-Vorstandsvorsitzende Steven Theede die Anweisung, Wassili Aleksanjan zum Vizepräsidenten des Unternehmens mit faktischer Vollmacht des Präsidenten zu ernennen – und gestand damit ein, dass er, Theede, an London gefesselt war und nicht
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