Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
Grosny verlassen hätte. Im entscheidenden Moment formulierte er das Rezept eines richtigen Vorgehens.
Der Premier von Tschetschenien engagierte … russische Nationalisten, angeführt von dem zu dieser Zeit recht populären Spitzenmann der »Bewegung gegen illegale Immigration« Alexander Below (Potkin). Nachdem er von Ramsan eine Sicherheitsgarantie und sogar eine schriftliche Vollmacht in der Art »Alles, was vom Überbringer getan wird, geschieht auf meine Anweisung und zum Wohle des tschetschenischen Volkes« erhalten hatte, ging Below-Potkin nach Kondopoga und verteidigte unter dem Vorwand, die russische Bevölkerung schützen zu wollen, in Wirklichkeit die Tschetschenen, indem er die Protestierenden dazu überredete, sich zu zerstreuen.
Man kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass Kadyrow seitdem einen bedeutenden Teil der russischen nationalistischen Bewegung kontrolliert. Mit ihrer Hilfe kann er jederzeit realen nationalistischen Protest neutralisieren, wenn dieser wie auch immer geartete tschetschenische Interessen bedroht. Es ist kein Zufall, dass Below-Potkin und der Nationalist Dmitri Demuschkin (Bewegung »Russkie«) 2011 eine regelrechte Werbetour nach Tschetschenien unternahmen, wobei sie Ramsans Politik über den grünen Klee lobten und sich die Bemerkung erlaubten, das russische Russland müsse sich hinsichtlich der Verteidigung seiner Interessen und der seiner Nation ein Beispiel an der Bergrepublik nehmen.
Durch den gekonnten und schlauen Einsatz von selbst ernannten Führern des russischen Straßennationalismus kann das Oberhaupt Tschetscheniens demonstrieren, dass die interethnischen Widersprüche zwischen Russen und Tschetschenen im modernen Russland eigentlich gar nicht existieren – es gibt lediglich Intriganten (wie zum Beispiel den Autor dieses Buches), die auf die Erfolge der Tschetschenischen Republik neidisch sind und versuchen, einen Konflikt ohne objektive oder subjektive Prämissen aus dem Nichts zu schaffen.
Am 7. Oktober 2006 wurde die bekannte Journalistin Anna Politkowskaja im Eingang zu ihrem Wohnhaus in Moskau getötet. Viele Jahre hatte sie sich mit Tschetschenien befasst und Kadyrow Junior offen der Menschenrechtsverletzungen und anderer Verbrechen bezichtigt. Wie aus den Machtstrukturen durchsickerte, richtete der Premier von Tschetschenien kurz vor dem Tod der Journalistin eine Anfrage an eine juristische Firma, die durch eine seltsame Verkettung der Umstände ebenfalls den einflussreichen russischen Nationalisten nahesteht.
Kadyrow wollte eine Einschätzung zu der Frage, ob man Politkowskaja für ihre Aussagen über Kadyrow vor Gericht zur Verantwortung ziehen kann. Die Antwort der Juristen war nicht sonderlich beruhigend für Ramsan: Nein, die Journalistin habe ausschließlich fachkundige, umschreibende Formulierungen gewählt, die keinen Anlass für eine formale gerichtliche Verfolgung böten. Kurz danach krachte der Schuss im Hauseingang.
Unter den nennenswerten Theorien zu diesem Verbrechen gehören sowohl ein Mord auf Bestellung Kadyrows als auch eine Provokation gegen ihn. Politkowskaja hatte in einem Interview gesagt, Kadyrow drohe ihr mit Mord. Kadyrow selbst stritt dies ab und meinte, dass »jene, die diesen Mord bestellt haben, ihn wieder einmal in den Dreck« ziehen wollten. Am 14. Dezember 2012 wurde im Mordfall Politkowskaja das erste Urteil gesprochen: Der ehemalige Leiter der Abteilung operativer Fahndung der Hauptverwaltung des Innenministeriums von Moskau D. Pawljutschenkow wurde zu elf Jahren Gefängnis verurteilt; der Auftraggeber des Mordes war zu diesem Zeitpunkt immer noch unbekannt.
Besonders pikant ist das Verbrechen durch den Umstand, dass Anna Politkowskaja ausgerechnet am Geburtstag Wladimir Putins getötet wurde. Viele Beobachter sahen das nicht einfach nur als Zufall, sondern als rituelle Opfergabe. Denn die Journalistin hatte sich oft kritisch über den russischen Präsidenten geäußert. Übrigens wurde dem tschetschenischen Anführer weder offiziell noch halb offiziell eine Beteiligung an diesem Mord zur Last gelegt. Die Auftraggeber dieses Verbrechens sind bis heute unbekannt.
Heute ist Ramsan bekannt und einflussreich, und es bleibt nur wenigen vorbehalten, ihn der Beteiligung an schweren Verbrechen zu verdächtigen. Er ist schließlich nicht Putin, dem nur ein äußerst träger Vertreter der russischen Opposition nicht längst alle schrecklichen Vergehen im Russland des 21. Jahrhunderts angehängt hätte. Zum Beispiel kann man
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