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Wo bist du und wenn nicht wieso

Wo bist du und wenn nicht wieso

Titel: Wo bist du und wenn nicht wieso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Mary
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hoffen, dass der potenzielle Partner bald ganz für sie da sein wird. Sie glauben den Versprechen und Liebesschwüren, mit denen sie einst erobert wurden und mit denen sie jetzt hingehalten werden. Sie geben alles, damit ihre tiefste Sehnsucht erfüllt wird. Diese zentrale Erwartung formuliert Kristin folgendermaßen: »Ich möchte mich endlich aufgefangen fühlen. Ich halte das nicht mehr aus. Wann kommt er endlich zu mir?«
    Die Formulierungen »Ich möchte aufgefangen werden« oder »Ich möchte mich endlich fallen lassen« habe ich in der Beratung unzählige Male von Singlefrauen gehört, die dem hier geschilderten Typus entsprechen. Da diese Singles aber nicht aufgefangen werden, stellt sich die Frage, warum gerade derjenige Partner der Richtige sein sollte, der nicht zu haben ist?
    Die beiden Erwartungen geben die Antwort. Stellen wir uns den Vorgang des Aufgefangenwerdens plastisch vor. Damit Kristin aufgefangen werden kann, muss sie sich fallen lassen, und bevor sie aufschlägt, springt der Mann herbei und fängt sie auf. Auch in der zweiten Aussage, »Wann komm er endlich zu mir?«, ist es der Mann, der die Distanz überwindet und zu ihr kommt. Den Richtigen erkennt Kristin also daran, dass er zu ihr kommt, dass er sie erobert, dass er sie auffängt und dass er sie von ihrer quälenden Sehnsucht erlöst. Er muss aktiv werden, und sie muss ihn dazu animieren. Indem er das Ersehnte tut, gibt er ihr ein Gefühl, das Gefühl, es wert zu sein, geliebt zu werden. Vom Richtigen verspricht sie sich ein enormes Selbstwertgefühl, das besonders dadurch an Wert gewinnt, dass der potenzielle Partner intensiv um sie wirbt und für sie sogar eine andere Frau oder seine Familie verlässt. Wie man sieht, muten auch Singles dieses Typs dem Gegenüber eine ganze Menge von ihrem Ego zu.
Andreas und Kristins Checklisten
    Die Partner der beiden Frauen sollen
massiv und ausdauernd um sie werben,
sagen, dass sie die Frau lieben,
schöne Augenblicke bescheren,
die Frau oder die Familie verlassen oder ihren Single-Status aufgeben,
sich fest an sie binden,
kommen und sie vom Warten erlösen,
Selbstwertgefühl geben und dieses aufrechterhalten.
    Bei genauerem Hinsehen wirken die Erwartungen dieses Singletyps gar nicht mehr so harmlos. Vor allem die Punkte 1, 4 und 7 haben es in sich. Um Punkt 1 zu erfüllen, muss ein potenzieller Partner Himmel und Hölle in Bewegung setzen und den Eindruck vermitteln, die Angebetete sei alles, was er vom Leben will. Erst dann erbarmt sie sich, und zwar »obwohl ich wusste, dass er im Grunde nicht der Richtige ist«. Punkt 4 ist auch für Partner, die in unbefriedigenden Beziehungen leben, eine harte Nuss. Oft sind Kinder da oder es bestehen enge Verflechtungen mit dem bisherigen Partner. Und ob jemand ein akzeptables Singledasein verlassen möchte, um sich dauerhaft an Punkt 7 abzuarbeiten, kann in Frage gestellt werden. Genau genommen ist die Erfüllung der in Punkt 7 genannten Erwartung an das Geben eines Selbstwertgefühls und dessen Aufrechterhaltung sogar unmöglich. Man kann niemandem ein Selbstwertgefühl geben. Man kann ihm oder ihr bestenfalls ein Fremdwertgefühl geben, aus dem er oder sie sich dann ein Selbstwertgefühl macht.
Andreas und Kristins Strategie
    Sei’s drum, der Single vom Typ »Suche Partner, dem ich passe« hat diese Erwartungen und möchte sie selbstverständlich erfüllt haben. Damit stellt er seine Ego-Falle auf. Es deutet sich schon an, dass seine Motive ähnlich selbstbezogen sind wie die Motive eines Bestimmers. Allerdings vertraut dieser Single-Typ einer anderen, defensiven Strategie: der Strategie der Anpassung. Seine insgeheime Überzeugung lautet: »Wenn ich tu, was der potenzielle Partner von mir erwartet, wird er mir geben, was ich brauche.« Dazu passt eine weitere Überzeugung, die besagt: »Damit der Richtige bei der Stange bleibt, darfst du ihn weder verärgern noch enttäuschen oder unter Druck setzen.«
    Wozu ist das alles gut? Um des Gefühls willens, liebenswert zu sein. Dafür ist auch Frauke, eine andere Vertreterin dieses Single-Typs bereit, einiges in Kauf zu nehmen. Ihr »Freund« lässt sie seit zwei Jahren zappeln, indem er große Versprechungen macht, die er nicht einhält. Mal ist dessen Ehefrau krank, weshalb er ihr nicht die Trennung zumuten will. Dann sind die Raten vom Haus noch nicht abbezahlt. Ein andermal sind die Kinder noch nicht groß genug … Es gibt immer einen Grund, warum er jetzt noch nicht … aber ganz bestimmt bald … für

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