Wo bist du und wenn nicht wieso
– und sie den Wunsch deshalb aufgibt. Denkbar wäre auch, dass sie eine Beziehung zu einem Mann aufbaut, bei dem sich später herausstellt, dass er keine Kinder bekommen kann. Oder etwas anderes ergibt sich, das ihre Sehnsüchte verändert, beispielsweise wenn sie selbst krank würde … oder auf der Karriereleiter weiter nach oben stiege … alles Mögliche kann geschehen, das Leben ist unvorhersehbar. Nur was geschieht, wenn sich Tanja bei enttäuschten Erwartungen weiterhin aus einer Beziehung zurückzieht, das ist vorhersehbar. Sie wird auf der Endstation Sehnsucht landen.
Der Beziehungstrick sagt also nicht: Halte deine Wünsche und Erwartungen zurück oder gib sie auf. Kein suchender Single könnte das. Sie sind da, sie sind im Lauf eines Lebens entstanden und sie spielen eine wichtige Rolle. Aber eine Beziehungsanbahnung funktioniert eben auch nicht, wenn man Partner entsprechend der Checkliste eigener Erwartungen per Schnellurteil aussortiert. Man kann Erwartungen dem Partner gegenüber auch nicht mutwillig durchsetzen, wie das durch die Ego-Falle geschieht. Man kann aber etwas anderes tun: seine Erwartungen, Empfindungen, Eindrücke, Gedanken oder auch Hoffnungen, Ängste und Sehnsüchte vorsichtig in die Mitte legen. Animiert dadurch wird der potenzielle Partner das Gleiche tun. So entsteht eine Bezogenheit, die neue Informationen hervorbringt und alles verändern kann.
Ego-Fallen abbauen
Wie das folgende Beispiel aus meiner Beratungspraxis zeigt, lassen sich durch den Beziehungstrick nicht nur Schnellgerichte auflösen, sondern auch Ego-Fallen abbauen.
Zwischen Brigitte und einem Mann hat es gefunkt. Nach einigen Treffen haben sie eine »wunderschöne« Nacht miteinander verbracht. Am Morgen danach ist die Stimmung am Frühstückstisch etwas verkrampft, beide sind verunsichert und keiner mag so recht sprechen. Aber Brigitte hofft seit Langem, einen einfühlsamen und rücksichtsvollen Mann kennenzulernen, und dieser scheint zu jenen seltenen Exemplaren zu gehören. Doch dann steckt er sich eine Zigarette an und bläst »mir den Rauch mehrmals ins Gesicht«. Brigitte ist irritiert, fällt aber nicht sofort ein Urteil. Sie geht nach Hause und grübelt über die Sache nach. Sie kann sein Verhalten nicht einordnen, aber es passt überhaupt nicht zu ihren Erwartungen. Einfühlsam fand sie das, was er getan hat, nicht, und rücksichtsvoll schon gar nicht. Irgendeine Bedeutung muss es aber haben. Nachdem sie einige Tage gegrübelt und sich mit einigen Freundinnen beraten hat, kommt sie zu dem Schluss, dass sein Verhalten nur eines bedeuten kann: »Er wollte mich loswerden!«
Damit ist die Ego-Falle zugeschnappt, die ja im Abgleichen von Erwartungen mit den Ereignissen und einer darauf beruhenden Reaktion besteht. Brigittes Stolz ist verletzt und der lässt nicht zu, dass sie sich bei ihm meldet und auf seinen Anruf, den sie auf dem Anrufbeantworter findet, antwortet. Nach einigen Wochen trifft sie den Mann zufällig in einer Gaststätte, sie ignorieren beide die Sendepause und landen wieder im Bett. Wieder ist es wunderschön – aber wieder steckt er sich eine Zigarette an, diesmal nicht nach, sondern schon während des Frühstücks. Brigitte ist empört und sich völlig sicher: »Der will nur ins Bett mit mir, danach will er mich loswerden.«
Nach den Gründen suchen
Nach diesem Vorfall ist drei Monate lang Funkstille. In der Beratung erzählt sie den Vorfall, woraufhin ich sie auffordere, den Mann zu kontaktieren und ihn zu befragen. Schließlich nimmt sie sich ein Herz und trifft ihn. Zwar traut sie sich nicht offen zu fragen, ob er sie loswerden wollte, aber sie fragt ihn: »Warum ging das mit uns eigentlich nicht weiter?« Der Mann antwortet: »Du warst ja immer gleich weg.« Brigitte ist schockiert, ihr fehlen die Worte.
Der Vorfall ist in der Tat auf eine Weise schockierend. Brigitte hätte gern weitergemacht, der Mann hätte gern weitergemacht – aber keiner von beiden war in der Lage, in Beziehung zum anderen zu bleiben. Jeder hat eigene Erwartungen enttäuscht gesehen und aufgrund dieser Gefühlslage mit Rückzug reagiert. Dabei wäre es für Brigitte einfach gewesen sich zu vergewissern, indem sie ihn beispielsweise gefragt hätte:
»Bedeutet dein Rauchen eigentlich, dass du mich loswerden willst?«
»Bedeutet dein Rauchen, dass du jetzt (heute Morgen) allein sein willst?«
»Dein Rauchen gibt mir das Gefühl, du willst mich loswerden!«
»Ich weiß nicht recht, wie ich es verstehen soll, dass
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