Wo bist du und wenn nicht wieso
Bedürfnissen und Sehnsüchten, von seinem Unbewussten, geschenkt. Das Unbewusste sucht den Liebespartner aus. Wenn sich zwei ineinander verliebt haben, dann stehen die Chancen gut, dass sie ihr Verhalten im Lauf der Beziehung so aufeinander abstimmen, dass der Eindruck von Passung oder von genügender Passung erhalten bleibt.
Liebe ist alles andere als ein Zufall. Liebe erscheint den Verliebten zwar als Zufall. Aber dahinter stehen drängende Bedürfnisse, die für die nötige Blindheit sorgen, dafür, dass Störendes so lange ausgeblendet wird, bis genug Bindung vorhanden ist, um das Störende auszuhalten oder irgendwie damit umzugehen.
WIE SICH ALLES ÄNDERT
Im vorigen Abschnitt wurde deutlich, wie sich unschuldige Menschen ineinander verlieben, sich einbilden, dass es passen würde und auf diese Weise nach und nach Passung erreichen. Aber wie sollen dauerhaft suchende Singles, die alles andere als unschuldig sind, vielmehr voller drängender Erwartungen, Sehnsüchte, Enttäuschungen und manchmal Schmerzen, wie sollen sie es schaffen, vergleichbar starke Gefühle aufzubauen? Wie können sie die Urteile des Schnellgerichts aufheben und Ego-Fallen abbauen? Wie können sie den Druck des »Alles sofort finden, ohne zu suchen« auflösen? Woher sollen sie die nötige Portion Blindheit nehmen, die es ihnen ermöglichen würde, über Trennendes hinwegzusehen?
Schließlich passiert das Aussortieren wie von selbst, sobald das Schnellgericht einberufen oder die Ego-Falle aufgestellt ist. Dann übernehmen die Emotionen das Ruder, der suchende Single zieht sich zurück, wendet sich ab, macht dicht, baut eine Mauer auf, lässt die Schotten runter, schlägt zu oder ergreift die Flucht. Solche Emotionen und die damit verbundenen Erfahrungen der Vergangenheit verhindern die Gnade der Blindheit.
Die Frage lautet also: Wenn ein suchender Single nicht mehr über die Gnade der Blindheit verfügt, wenn stattdessen seine Reaktionen emotional bestimmt werden, wie kann er diese Gefühle ändern? Wie kann er seine Urteile revidieren? Wie beeinflusst er seine eigenen Reaktionen? Das sind wichtige Fragen, die ich an einigen Beispielen erläutern möchte.
In Kontakt bleiben
Stellen Sie sich vor, Sie sind verheiratet und Ihr Ehemann kommt mit Lippenstift am Mundwinkel nach Hause. Augenblicklich werden Sie misstrauisch oder ärgerlich oder wütend. Sie gehören zu den offensiven Strategen und stellen ihn sofort zur Rede. Ihr Mann versichert Ihnen nun glaubhaft (er nennt ihnen Zeugen), dass vor ihm auf offener Straße eine Frau zusammengebrochen ist. Er hat sie mit Mund-zu-Mund-Beatmung zurück ins Leben geholt. Sie beruhigen sich etwas, zweifeln aber noch an dieser merkwürdigen Story. Sie rufen im Krankenhaus an und die Geschichte bestätigt sich. Dadurch verändert sich Ihr Gefühl weiter, sie fühlen jetzt sogar eine gewisse Anerkennung für ihn. Aber die Frau könnte jung und schön gewesen sein, und er könnte die Beatmung wie einen Kuss genossen haben. Sie werden wieder unruhig. In den TV-Nachrichten sehen Sie dann das Foto der Dame – es handelt sich um eine 73-jährige Rentnerin. Nun sind Sie voller Bewunderung und Stolz, die Liebe zu Ihrem Mann kehrt zurück. Alle Gefühle haben sich geändert.
Was wäre geschehen, wenn Sie Ihren Mann vor das Schnellgericht gezerrt hätten? Oder wenn Sie ihm mit Ihrer Wut oder Ihren Ängsten eine Ego-Falle gestellt hätten? Ihre Beziehung hätte Schaden genommen. Allein deshalb, weil Sie in Kontakt geblieben sind und sich weiter auf Ihren Mann bezogen haben, ist die Sache gut gegangen. Also nur aus einem einzigen Grund ist Ihre Ehe nicht in eine Krise geraten: weil Sie auf den Menschen gegenüber, Ihren Ehemann, bezogen blieben.
Eine Beziehung herstellen
Wie Bezogenheit alles verändern kann, zeigt ein Beispiel aus einem ganz anderen Zusammenhang: Es handelt sich um eine wahre Begebenheit, die sich vor einiger Zeit in den USA zugetragen hat. Ein gewohnheitsmäßiger Räuber betrat einen Laden und bedrohte die Verkäuferin mit einer Pistole. Die Verkäuferin erschrak natürlich, verwickelte den Räuber aber, um ihn abzulenken, in ein Gespräch über Jesus. Beide stellten fest, den gleichen Pastor zu kennen, und die Verkäuferin fragte den Räuber über sein Leben und seine Familie aus. Schließlich forderte der Mann das Geld aus der Kasse, worauf sie ihm mitteilte, dass ihr das Geld vom Lohn abgezogen würde. »Dann lass ich es«, antwortete der Räuber und ging. Auch in diesem Fall hat die
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