Wo bist du und wenn nicht wieso
Möglichkeiten, in einer Begegnung nicht in Beziehung zu sein, sondern sich am eigenen Ego zu orientieren und über oder unter den anderen zu stellen. Es geht in dem Beispiel vorrangig darum, die Aufgabe zu verdeutlichen, Ihr eigenes Drehbuch wird davon natürlich abweichen.
Drehbuch einer Bestimmerin
Einleitung: Wir sitzen im Café und haben zwei gute Stunden miteinander verbracht. Ich frage: »Wann sehen wir uns wieder?«
1. Szene:
Er schweigt und denkt nach. Ich merke, wie ich ungeduldig werde. Ich sage: »Nun sag schon!«
2. Szene:
Er schaut mich etwas verstört an und versucht einen Scherz: »Woher weißt du denn, dass ich dich wiedersehen möchte?« Das soll witzig klingen, macht mich aber noch ungehaltener. Ich denke daran, meine Tasche zu nehmen und aufzustehen. Ich schaue ihn warnend an.
3. Szene:
Er sagt: »Ich habe in dieser und der nächsten Woche wenig Zeit.« Jetzt bekomme ich einen Kloß im Hals, da braut sich was zusammen. Ich denke: »Wenn er keine Zeit für mich hat, soll er es bleiben lassen. Ich lauf dem doch nicht hinterher!« Ich ziehe ein genervtes Gesicht, meine Finger trommeln leicht auf dem Tisch.
4. Szene:
Er sagt ausweichend: »Ich muss in meinen Kalender schauen. Ich ruf dich heute oder morgen an, gib mir deine Telefonnummer.« Jetzt reicht es mir. Das ist ja wohl die Höhe. Der hält mich wohl für dumm!
5. Szene:
Ich stehe auf und sage: »Lass mal stecken, das wird nichts mit uns. Wenn Du jetzt schon keine Zeit hast, wie soll das dann später aussehen?«
Finale:
Ich rausche enttäuscht ab, würdige ihn keines Blickes.
Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass die Geschichte in der Gegenwartsform erzählt ist, außerdem enthält sie die Gedanken und Gefühle des Betroffenen. Das sind wichtige Details, die Sie berücksichtigen sollten. Wenn Ihr Drehbuch fertig ist (es kann ruhig ausführlicher als dieses sein), analysieren Sie es folgendermaßen:
Titel:
Geben Sie dem Film einen Titel.
Star:
Geben Sie dem Hauptdarsteller einen beschreibenden Namen.
Verhalten:
Beschreiben Sie das typische Verhalten des Hauptdarstellers.
Logik:
Beschreiben Sie die Überzeugung des Hauptdarstellers, die es notwendig macht, sich genau so zu verhalten.
Rat:
Geben Sie dem Hauptdarsteller konkrete Hinweise, wie er sich künftig verhalten soll, damit die Begegnung besser abläuft.
Für das obige Beispiel sähe die Analyse etwa folgendermaßen aus:
Titel:
Schon wieder kein Interesse!
Star:
eine Drängende/Misstrauische
Verhalten:
drängen, Druck machen
Logik:
Der meint es nicht ernst, der will mich hinhalten! Frechheit! Das kann ich mir nicht gefallen lassen!
Rat:
Komm runter. Frag nach, wie es für ihn ist. Bleib locker. Sag, dass du dich freuen würdest. Halte Ungewissheit aus. Zeige deine Unsicherheit. Sag ihm, dass du akzeptierst, wenn er dich nicht wiedersehen will, obwohl du es schade fändest. Bedanke dich für die Zeit, die er sich genommen hat.
Vergleichen Sie jetzt Drehbuch und Analyse. Im Drehbuch ist die Hauptdarstellerin auf einem Ego-Trip, in der Analyse wird ihr ans Herz gelegt, in Beziehung zu sein und die Begegnung auszudehnen.
Schauen wir uns noch an, wie das Drehbuch für einen Single aussehen kann, dessen Verhalten am anderen Ende der Ego-Skala angesiedelt ist, nämlich bei der Anpassung.
Drehbuch eines Beschwichtigers
Einleitung:Ich sitze mit dieser super gut aussehenden Frau mittags in einem Café, und sie ist in Eile. Sie sagt: »Ich hab im Moment nicht viel Zeit, aber wir können uns übermorgen um die gleiche Zeit noch einmal sehen.«
1. Szene:
Ich finde das ziemlich blöd, ich hab schon für den heutigen Termin einen halben Urlaubstag nehmen müssen. Sie merkt, dass ich zögere und sagt: »Komm schon, wir machen was ganz Tolles!« Ich fühle mich geschmeichelt und nicke. Ich sage mir: »Ist ja nur ein halber Urlaubstag.«
2. Szene:
Sie fasst mich am Arm und sagt: »Ich hab momentan nicht so viel Zeit, zu viel Stress in der Firma.« Ich denke: »Nicht schon wieder eine, die nur ihren Beruf im Kopf hat!« Ich schaue sie offenbar missbilligend an, denn sie sagt: »Oder hast du ein Problem mit Frauen, die Wert auf ihren Job legen?«
3. Szene:
Ich bekomme einen Schreck und sage: »Nein, ist schon gut, ich komme.« Ich ärgere mich, dass ich umsonst Urlaub genommen habe, trau mich aber nicht, das zu zeigen. Ich denke: »Die kann schließlich jeden haben, den sie will!«
4. Szene:
Sie sagt: »Zahl das mal, ich hab mein Geld im Auto liegen lassen.« Ich runzle die Stirn, finde das
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