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Wo bitte geht's nach Domodossola

Titel: Wo bitte geht's nach Domodossola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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meine Nase nicht gepaßt, vielleicht hatte sie aber auch ganz richtig vermutet, ich könnte ein Autor von Reisebeschreibungen sein und der Welt verraten, daß das Essen im Hotel Vaduzerhof, Städtlestraße 3 in Vaduz, Liechtenstein, NICHT ZU EMPFEHLEN IST. Wer weiß?

    Zum Frühstück am nächsten Morgen begab ich mich in den Speisesaal des Hotels Engel. Wie in diesem Teil der Welt üblich, servierte man mir Brot, Butter, Aufschnitt und Käse. Zwar hätte ich ein deftigeres Frühstück bevorzugt, da diese Mahlzeit jedoch in der stolzen Hotelrechnung enthalten war, fühlte ich mich verpflichtet, zumindest ein paar Butternäpfe zu leeren und den Käse aufzuessen. Der Kellner schenkte mir Kaffee ein und erkundigte sich, ob ich Orangensaft wünsche.
    »Ja, gern«, sagte ich.
    Es war der absonderlichste Orangensaft, den ich je gesehen habe – eine pfirsichfarbene Flüssigkeit, in der rote Fasern wie Nervenstränge hingen. Sie hatten eine beunruhigende Ähnlichkeit mit den widerlichen roten Fäden, die man manchmal im Eigelb findet. Das Zeug schmeckte auch nicht wie Orangensaft, so daß ich nur zweimal daran nippte und das Glas dann beiseite schob, um mich statt dessen auf meinen Kaffee und die zähe Scheibe Schinken zu konzentrieren, die es zu zerschneiden galt.
    Zwanzig Minuten später stand ich an der Rezeption und nahm die Rechnung entgegen. Während sich die sympathische Dame dort mit meiner Kreditkarte zu schaffen machte, warf ich einen prüfenden Blick auf das Papier und stellte verwundert fest, daß man mir vier Franken für einen Orangensaft berechnete. Vier Franken sind eine Menge Geld.
    »Entschuldigen Sie, aber Sie berechnen mir hier vier Franken für einen Orangensaft.«
    »Haben Sie keinen Orangensaft bestellt?«
    »Doch, aber der Kellner hat mir nicht gesagt, daß ich dafür bezahlen muß. Ich dachte, der Saft gehört zum Frühstück.«
    »Oh, nein, unser Orangensaft ist etwas ganz Besonderes. Er ist frisch gepreßt und –«, sie benutzte ein deutsches Wort, das vermutlich so viel bedeutete wie »voller ekliger roter Fasern«, und fuhr fort – »deshalb kostet er vier Franken.«
    »Das ist ja schön und gut, aber das hätte man mir sagen müssen.«
    »Aber, mein Herr, Sie haben den Saft bestellt, und Sie haben ihn getrunken.«
    »Ich habe ihn nicht getrunken. Er hat wie Entenurin geschmeckt. Außerdem dachte ich, er wäre umsonst.«
    Wir befanden uns in einer ausweglosen Situation. Normalerweise mache ich wegen einer solchen Lappalie keine Szene – ich komme nachts wieder und werfe einen Stein ins Fenster –, aber diesmal war ich entschlossen, mich durchzusetzen, und weigerte mich, den Beleg zu unterschreiben, solange die vier Franken nicht von der Rechnung verschwunden waren – und wenn sie mich deshalb verhaften sollten. Ich gestehe, für einen Moment sah ich mich schon hinter Gittern, und jemand reichte mir mein Abendessen in die Zelle, und als ich das Leinentuch vom Tablett hob, befand sich darunter nichts als ein Glas pfirsichfarbener Orangensaft und eine zähe Scheibe Schinken.
    Schließlich gab sie nach und blieb dabei so liebenswürdig, wie ich es vermutlich nicht verdient hatte. Doch das gezwungen nachsichtige Lächeln, das sie mir bei der Rückgabe der Kreditkarte schenkte, ließ keinen Zweifel, daß für mich im Hotel Engel in Vaduz nie mehr ein Zimmer frei sein würde. Und da man mir auch im Vaduzerhof keine Unterkunft gewähren wollte, war klar, daß dies meine erste und letzte Nacht in Liechtenstein gewesen war.

    Sonntags fuhren keine Busse, so daß mir nichts anderes übrigblieb, als mich zu Fuß auf den Weg zum zehn Kilometer entfernten Buchs zu machen. Aber das störte mich nicht, denn es war ein makelloser Frühlingsmorgen. Im ganzen Tal läuteten die Kirchenglocken, als wäre gerade ein Krieg zu Ende. Ich folgte der Straße ins Nachbardorf Schaan, wo ich in einen Feldweg einbog und hoffte, er würde mich an den Rhein führen. Und so war es auch. Er führte mich direkt auf einen Kiesweg, der nur darauf wartete, mir auf dem letzten Kilometer den Weg am Ufer entlang zu einer Brücke zu weisen, die Liechtenstein mit der Schweiz verbindet. Zum ersten Mal würde ich eine Grenze zu Fuß überqueren. Mitten auf der Brücke hatte man eine Tafel angebracht, die den Verlauf der Grenze markierte. Nirgends war ein Grenzposten zu sehen. Weit und breit keine Menschenseele. Also trat ich einmal über die Grenzlinie und sprang wieder zurück. Und weil es so schön war, hüpfte ich wohl drei-oder

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