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Wo bitte geht's nach Domodossola

Titel: Wo bitte geht's nach Domodossola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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als erster in den Bus zu drängeln, und keiner begreift, daß das Schlange stehen so seinen Sinn verliert. Die Briten haben dagegen so ihre Probleme mit einigen elementaren Grundsätzen der Eßkultur, was sich vor allem darin äußert, daß sie Hamburgern instinktiv mit Messer und Gabel zu Leibe rücken. Außerdem benutzen viele von ihnen zu meiner fortwährenden Verwunderung ihre Gabel verkehrt herum und balancieren das Essen auf deren Rücken zum Mund. Seit anderthalb Jahrzehnten lebe ich nun in diesem Land, und noch immer muß ich mich in Pubs und Restaurants sehr beherrschen, um nicht auf einen Fremden zuzugehen und ihm zu zeigen, wie man mit diesem Instrument umgeht, ohne daß die Erbsen über den Tisch kullern.
    Deutsche lassen sich durch Humor aus dem Konzept bringen, Schweizer haben keine Ahnung, was Spaß ist, Spanier halten es für ganz und gar nicht lächerlich, um Mitternacht zu Abend zu essen, und Italiener hätten niemals von der Erfindung des Automobils erfahren dürfen.
    Eines der kleinen Wunder auf meiner ersten Europareise war die Entdeckung, wie vielfältig die Welt sein kann, daß man ein und dieselben Dinge auf so verschiedene Weise handhaben kann, wie essen und trinken und ins Kino gehen. Es faszinierte mich, daß sich Europäer auf der einen Seite so ähnlich sein können – sie haben eine gute Allgemeinbildung, fahren kleine Autos, leben in kleinen Häusern inmitten alter Städte, sind Fußballfans, sind relativ wenig materialistisch und im allgemeinen gesetzestreu, haben kühle Hotelzimmer und gemütliche Restaurants und Kneipen – und daß es gleichzeitig unter ihnen so abgrundtiefe und unberechenbare Unterschiede gibt. Ich fand es herrlich, daß ich in Europa nie wußte, woran ich war.
    Und ich genieße es noch immer, nie genau zu wissen, was eigentlich los ist. In meinem Hotel in Oslo, wo ich mich nach meiner Rückkehr aus Hammerfest vier Tage aufhielt, legte mir das Zimmermädchen jeden Morgen etwas mit dem Namen Bio Tex Blå aufs Zimmer. Auf der Packung stand »minipakke for ferie, hybel og weekend«. Wieviele glückliche Stunden habe ich daran herum geschnüffelt, und bis heute weiß ich nicht, ob es nun zum Wäsche waschen gedacht war oder zum Gurgeln oder zum Reinigen der Toilettenschüssel. Ich habe jedenfalls meine Wäsche damit gewaschen – sie wurde strahlend sauber –, aber wo ich auch während der folgenden Tage in Oslo aufkreuzte, immer kam es mir so vor, als würden die Leute hinter meinem Rücken tuscheln: »Mein Gott, stinkt der Mensch nach WC-Reiniger!«
    Wenn ich Freunden in London von meinen Plänen erzählte, durch Europa zu reisen und ein Buch darüber zu schreiben, sagten sie:
    »Oh, dann sprichst du sicher viele Sprachen?«
    »Wieso? Nein«, antwortete ich nicht ohne Stolz, »nur Englisch.«
    Und sie sahen mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. Das ist ja gerade das Schöne an Auslandsreisen, finde ich jedenfalls. Ich will gar nicht verstehen, worüber die Leute reden. Ich wüßte nicht, was mehr kindliches Staunen erregt, als in einem Land zu sein, in dem man sich mit so gut wie nichts auskennt. Auf einmal ist man wieder fünf Jahre alt. Man kann nichts lesen, man hat nur eine sehr vage Vorstellung vom Lauf der Dinge, man kann nicht mal eine Straße überqueren, ohne dabei sein Leben zu riskieren. Das gesamte Dasein wird zu einer Folge interessanter Vermutungen.
    Es macht mir großen Spaß, ausländische Fernsehsendungen zu verfolgen und zu raten, worum es geht. An meinem ersten Abend in Oslo sah ich eine naturwissenschaftliche Sendung, in der zwei Männer, umgeben von den verschiedensten Tieren, in einem Studio standen und sich unterhielten. »Und Sie pflegen tatsächlich mit all diesen Kreaturen sexuelle Beziehungen?« fragte der Moderator gerade, während ihm eine Wühlmaus über den Ärmel krabbelte.
    »Selbstverständlich«, antwortete sein Gast. »Mit den Stachelschweinen muß man natürlich vorsichtig sein, und die Lemminge können sehr neurotisch reagieren, wenn sie glauben, daß man sie nicht mehr liebt. Gelegentlich stürzen sie sich sogar über die Klippen ins Meer. Aber im allgemeinen sind diese Tiere ausgesprochen zärtliche Partner, und der Sex ist einfach nicht von dieser Welt.«
    »Na, das ist doch wunderbar. In der nächsten Woche werden wir uns damit beschäftigen, wie man aus einfachen Haushaltschemikalien aus Ihrem Arzneischrank Halluzinogene herstellt. Aber nun müssen wir uns von Ihnen verabschieden.« Nach einer kurzen

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