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Wo bitte geht's nach Domodossola

Titel: Wo bitte geht's nach Domodossola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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einen nach dem anderen einsammelte und im Aschenbecher deponierte. Danach knabberte ich an meinem Salatblatt und dem trockenen Brötchen und wünschte mich an irgendeinen anderen Ort dieser Welt. Nur noch zweieinhalb Stunden, versuchte ich mich aufzumuntern und warf der alten Dame einen Blick zu, der ihr hoffentlich zu verstehen gab, welch ein Vergnügen, welch ein übergroßes, tiefempfundenes Vergnügen es mir gewesen wäre, sie von ihrem Platz zu zerren und aus dem Fenster zu stoßen.
    Als wir kurz nach sechs in Göteborg ankamen, goß es wie aus Kübeln. Der Regen trommelte auf das Pflaster und strömte in Sturzbächen durch die Rinnsteine. Ich zog mir die Jacke über den Kopf und rannte über den offenen Platz vor dem Bahnhof, wich im letzten Moment einer Straßenbahn aus, umschiffte eine riesige Pfütze, schlängelte mich zwischen geparkten Autos hindurch, stieß mit einer Straßenlaterne und zwei älteren Passanten zusammen (wenn ich einmal renne, dann hält mich nichts mehr auf; dann bilde ich mir ein, ich führe die Chicago Bears zum Sieg) und stolperte atemlos und pitschnaß ins erstbeste Hotel.
    Ich stand in der Empfangshalle und trocknete meine Brille mit dem Zipfel meines Hemdes, während sich um mich herum eine kleine Pfütze bildete. Kaum hatte ich mir die Brille wieder aufgesetzt, war mir klar, daß ich in ein viel zu vornehmes Hotel geraten war. Für einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, mich still und heimlich wieder zu verdrücken, doch dann bemerkte ich, daß der junge Mann an der Rezeption wie ein Reptil jede meiner Bewegungen verfolgte, als hätte er mich in Verdacht, mit einem der Teppiche unterm Arm verschwinden zu wollen. Sofort wurde ich aufmüpfig. Von einem neunzehnjährigen Grünschnabel mit Pickeln im Gesicht und einem AnsteckSchlips am Kragen würde ich mich nicht einschüchtern lassen. Schnurstracks ging ich zur Rezeption und erkundigte mich nach dem Preis eines Einzelzimmers. Er nannte mir einen Betrag, der es erforderlich machen würde, sich mitsamt einer Schubkarre zur Bank zu begeben, wollte man ihn in bar bezahlen.
    »Verstehe«, sagte ich und versuchte, möglichst ungerührt zu klingen.
    »Ich nehme an, das Zimmer hat ein Bad und einen Farbfernseher?«
    »Selbstverständlich.«
    »Und sicher finde ich dort auch eine kostenlose Duschhaube?«
    »Ja, Sir.«
    »Und neben dem Waschbecken steht ein kleines Körbchen mit einer Auswahl von Duschgels und Körperlotionen?«
    »Natürlich, Sir.«
    »Wie sieht’s aus mit Nähzeug und einer Hosenpresse?«
    »Alles da, Sir.«
    »Föhn?«
    »ja, Sir.«
    Nun spielte ich meinen Trumpf aus. »Einwegschuhputzschwamm mit garantiertem Glänzt-ja-wie-neu Effekt?«
    »Selbstverständlich, Sir.«
    Verdammt. Ich hatte damit gerechnet, daß er auf mindestens eine meiner Fragen mit »nein« antworten würde, woraufhin ich in schallendes Gelächter ausgebrochen wäre und ihm kopfschüttelnd den Rücken gekehrt hätte. Aber nun blieb mir nichts anderes übrig, als mich entweder kleinlaut zu verziehen oder das Zimmer zu nehmen. Ich nahm das Zimmer. Das Zimmer war nett, wenn auch nüchtern und klein, mit einer Zwanzigwattbirne in der Leselampe (wann werden die Europäer endlich kapieren, daß zwanzig Watt einfach nicht ausreichen?), einem kleinen Fernseher, einem Radiowecker, einem geräumigen Badezimmer mit Dusche. Als erstes kippte ich die Gels und Lotionen aus dem Badezimmer in meinen Rucksack und packte schließlich auch das Weidenkörbchen ein – na und, warum nicht? Im Anschluß daran machte ich einen Rundgang durchs Zimmer und sammelte die vielen Streichholzheftchen ein und das Briefpapier, eigentlich alles, was nicht niet-und nagelfest war. Dann trieb mich der Hunger in die Stadt hinaus. Es goß in Strömen. Ich marschierte in die Innenstadt, um es mit einem Schaufensterbummel zu versuchen. Mit platschenden Schritten rannte ich von Geschäft zu Geschäft, von einer tropfenden Markise zur nächsten. Es hatte keinen Zweck. Am besten, ich machte mich gleich auf die Suche nach einem Restaurant, nach einem einfachen, normalen Restaurant, aber so etwas schien es nicht zu geben. Ich war völlig durchnäßt und fror. Als ich gerade dachte, mir bliebe nichts anderes übrig, als zum Hotel zurückzugehen und dort zu essen, was immer es gab und was immer es auch kosten möge, kam ich an einer Einkaufspassage vorbei. Ich stürmte hinein und schüttelte mich wie ein Hund. Alle Geschäfte, überwiegend Billigläden à la Woolworth, waren geschlossen,

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