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Wo bitte geht's nach Domodossola

Titel: Wo bitte geht's nach Domodossola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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auch so ein Stück Scheiße, du blöder, alter Saftarsch!« ließ er den Mann zu dessen großer Überraschung wissen und fügte geheimnisvoll hinzu: »Und ich wette, du wohnst in so einem Scheißnobelhotel!« Ich blieb mit verschränkten Armen stehen und sah zu, wie der Ire die Straße entlang wankte und seinen Schwall von Beschimpfungen nun gegen die Häuser losließ, bis er plötzlich, wie von einem unsichtbaren Seil gezogen, ruckartig links abbog und in einer Seitenstraße verschwand.

    Als ich am Morgen erwachte, fühlte sich mein Kopf an, als hätte man ihn die ganze Nacht an eine dieser Maschinen geschnallt, mit denen man Stoßdämpfer testet. Ich sah auf die Uhr. Es war Viertel vor zehn. Eigentlich wollte ich mit dem Zug um halb elf nach Schweden fahren, aber ich mußte noch packen und die Hotelrechnung bezahlen. Ich ging ins Bad und mühte mich röchelnd mit der morgendlichen Körperpflege ab, lief dann im Zimmer umher und sammelte meine Habseligkeiten ein – eine Socke gehörte an meinen Fuß, ein Stadtplan wurde in den Rucksack gestopft, eine BigMac-Schachtel, von der ich nicht wußte, woher sie kam, wanderte in den Papierkorb. Endlich war alles gepackt. Was ich brauchte, war ein Kaffee, und zwar so dringend, wie Dan Quayle Hilfestellung bei einem IQ-Test braucht. Ich begab mich zum Empfang und kam gerade rechtzeitig, um mich hinter siebenundzwanzig italienischen Besuchern anzustellen, die auf diese interessante italienische Art und Weise alle gleichzeitig ihre Rechnungen bezahlen wollten. In meiner Verfassung war das alles andere als Balsam für die Nerven. Schließlich zogen die Italiener ab, das heißt, sie bewegten sich durch die Empfangshalle, als hätte man sie aneinandergenäht, und versuchten, sich zusammen durch die Drehtür zu zwängen. Ich händigte der jungen Dame an der Rezeption meinen Zimmerschlüssel aus und wartete, während der Computer mindestens eine Minute brummte, als käme er erst jetzt so richtig in Schwung, um dann unvermittelt massenweise Papier auszuspucken. Das Papier wurde in sechzehn Bögen zerteilt. Den schwächsten Ausdruck legte man mir zur Durchsicht vor. Zu meiner Überraschung enthielt die Rechnung Gebühren für diverse Telefongespräche. In der vergangenen Nacht – es schien alles schon so lange her zu sein – hatte ich versucht, zu Hause anzurufen. Doch ich hörte nur eine dänische Ansage vom Band, mit der man mich vermutlich davon in Kenntnis setzen wollte, daß die internationalen Leitungen derzeit besetzt seien oder daß ich mich verwählt hatte oder daß ich mich schlicht und einfach zum Teufel scheren solle. Jedenfalls kam ich nicht durch und gab nach drei Versuchen auf. So wunderte es mich doch sehr, daß man mir drei Telefonate in Rechnung stellte, was ich der Empfangsdame dann auch zu verstehen gab.
    »Ja«, sagte sie, »Sie müssen für jedes Telefongespräch bezahlen, ob Sie verbunden wurden oder nicht.«
    »Aber das ist doch absurd.«
    Sie zuckte die Schultern, als wollte sie sagen: Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.
    »Sie meinen«, begann ich langsam, während jedes Wort in meinem Schädel dröhnte wie ein Paukenschlag, »ich muß für Telefongespräche zahlen, die ich nicht geführt habe?«
    »Ja, so ist es.«
    »Ich habe die zweite Decke nicht benutzt. Muß ich für die auch bezahlen?« Sie sah mich unverwandt an und war sich offensichtlich nicht bewußt, daß sie es mit jemandem zu tun hatte, der sich von einem Moment zum nächsten in einen gewalttätigen Hysteriker verwandeln kann. »Ich habe die Duschhaube nicht benutzt«, fuhr ich fort, »wollen Sie mich dafür auch zur Kasse bitten? Ich habe eins der Seifenstücke und die Hosenpresse nicht benutzt. Das wird mich ein Vermögen kosten, stimmt’s?«
    Die junge Frau sah mich nur weiter ruhig an, wenn auch mit deutlich weniger Wohlwollen als bisher. Scheinbar war sie an derartige Ausbrüche gewöhnt. »Es tut mir leid, wenn Sie diese Gebühren für ungerechtfertigt halten, aber in Kopenhagen ist das so üblich.«
    »Und ich sage Ihnen, das stinkt zum Himmel!« bellte ich, als ich im Spiegel ein ernstlich geistesgestörtes Individuum erblickte – wirres Haar, rotes Gesicht, an allen Gliedern bebend – und im nächsten Augenblick mich selbst erkannte. Ich übergab der Dame meine Kreditkarte, kritzelte eine wilde Unterschrift auf die Quittung und stolzierte erhobenen Hauptes zum Ausgang. Schade, daß ich bei diesem Auftritt keinen Umhang dabei hatte, den ich mir über die Schultern hätte

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