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Wo bitte geht's nach Domodossola

Titel: Wo bitte geht's nach Domodossola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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deren Farbe an ausgeblichene Terrakotta erinnert. Stellenweise fehlte der Putz an den Wänden, und manchmal waren an den Ecken der Häuser ganze Stücke herausgebrochen, als wäre ein Lkw rückwärts dagegen gefahren. Das Ganze hatte etwas vom Charme des Verfallenden. Erstaunlicherweise gab es keinerlei Anzeichen von Wohlstand. Die meisten Fenster waren schmutzig, die Namensschilder und Türklopfer aus Messing waren stumpf, und fast jedes Gebäude brauchte dringend einen neuen Anstrich. So ungefähr stelle ich mir Krakow oder Bratislava vor. Vielleicht lag es nur am Regen, der nun wieder unablässig fiel und sich wie ein Grauschleier über die Stadt legte. Hört es denn in Schweden nie auf zu regnen?
    Mit hochgezogenen Schultern, den Blick auf den Boden gerichtet, ging ich weiter, wich dem Wasser aus, das die abschüssigen, kopfsteingepflasterten Gassen hinunterströmte, und wünschte, ich hätte einen Hut oder einen Schirm oder ein Ticket auf die Bermudas. Fröstelnd setzte ich mich in ein düsteres Café, wo ich mit beiden Händen eine Tasse Kaffee für drei Dollar umklammert hielt und spürte, daß mir eine Erkältung in den Knochen saß. Ich ging ins Hotel zurück, nahm ein heißes Bad, zog mir trockene Sachen an und fühlte mich gleich besser. Den Nachmittag verbrachte ich damit, über dem Stadtplan von Stockholm zu hocken und auf besseres Wetter zu warten. Gegen fünf klarte der Himmel auf. Sofort schlüpfte ich in meine feuchten Treter, um die Straßen zwischen dem Norrmalmstorg, einem Platz in der Nähe des Hotels, und dem Kungsträdgården, einem kleinen, rechtwinkligen Park am Hafen, zu erkunden. Nun sah die Stadt viel freundlicher aus. Es war ein Samstagabend, und in den Straßen tummelten sich gutgelaunte Menschen. Sie trafen sich mit Freunden und bevölkerten die kleinen, über das ganze Viertel verstreuten Restaurants und Bistros. Hungrig wie immer hielt auch ich nach einem geeigneten Lokal Ausschau und entschied mich schließlich für ein Bistro am Norrmalmstorg, das mir das geselligste und beliebteste von allen zu sein schien. Es hieß Matpalatset und war freundlich, überfüllt und herrlich gemütlich, nur das Essen war wahrscheinlich das schlechteste, das ich jemals außerhalb einer Krankenhauskantine gegessen habe – ein gräulicher Salat mit wäßrigen Gurken und Pilzen, die nach altem Zeitungspapier schmeckten, und eine Lasagne, die nicht nur überbacken, sondern regelrecht verbrannt war. Ich staunte still vor mich hin. In jedem anderen Land Europas hätte ein Restaurant mit einer so schlechten Küche längst schließen müssen, doch hier standen die Leute für einen Tisch Schlange. Ich aß den Teller leer, denn erstens war ich hungrig und zweitens würde mich diese Mahlzeit so teuer zu stehen kommen wie ein Wochenende in Brighton. Nach diesem unerquicklichen Akt der Nahrungsaufnahme brach ich zu einem langen Spaziergang auf. Seit es nicht mehr regnete, fand ich entschieden mehr Gefallen an Stockholm. Es ist wirklich eine außergewöhnlich schöne Stadt. Sie verfügt über mehr Quadratmeter Grünfläche pro Kopf als jede andere Stadt Europas und ist von mehr Wasser durchzogen als selbst Venedig. Die Stadt wurde auf vierzehn Inseln erbaut, und in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft befinden sich weitere 25000 Inseln, die fast ausnahmslos mit kleinen Ferienhäusern übersät sind – die Wochenenddomizile der Stadtbevölkerung. Über breite Alleen und kleine Nebenstraßen gelangte ich in den Norden der Innenstadt. Jede Straße war gesäumt von sechsstöckigen Wohnhäusern, allesamt ernste, wuchtige und dennoch irgendwie heimelige Gebäude, und ungefähr drei Viertel aller Fenster waren dunkel. Von Freitagabend bis Sonntagnachmittag muß Stockholm ein Paradies für Einbrecher sein. Früher wollte ich immer in Häusern wie diesen wohnen. Es mußte nicht unbedingt Europa sein – ich wäre auch nach Buenos Aires oder Dar es Salaam gegangen; Hauptsache, ich wohnte mitten in einer großen, fremden Stadt, in der es all die Dinge zu hören, zu riechen und zu sehen gab, die in Iowa unbekannt waren. Auch heute üben diese Viertel noch eine starke Anziehungskraft auf mich aus. Stundenlang kann ich durch ihre Straßen wandern, so wie jetzt. Auf dem Rückweg ins Stadtzentrum stellte ich befriedigt fest, daß Stockholm meinen Erwartungen voll und ganz entsprach. Ich war rundum zufrieden. Nur mein Magen rebellierte.
    Ich kam an dem Kino vorbei, vor dem im März 1986
    Olof Palme erschossen worden war. Der

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